Bergedorf. In unserer Serie zu den Bezirkswahlen sollen die Spitzenkandidaten fünf Gründe nennen, ihre Partei zu wählen. Heute: Katja Kramer.

Bei den letzten Bezirkswahlen im Mai 2019 erzielten Bergedorfs Sozialdemokraten (SPD) mit 26,4 Prozent der Wählerstimmen kein überragendes, unter allen Fraktionen jedoch das stärkste Ergebnis und konnten aus dieser Position heraus die Ampelkoalition mit FDP und Grünen bilden. Vor fünf Jahren agierte die jetzige Bergedorfer SPD-Fraktionsvorsitzende Katja Kramer noch in der Rolle einer Stellvertreterin, da Paul Klescz die Genossen anführte.

Das änderte sich Ende 2020, als Kramer die Chefrolle übernahm. Die 33-Jährige ist nun bei den anstehenden Bezirkswahlen erstmalig Spitzenkandidatin ihrer Partei. Klar, dass Kramer in der Regierungsverantwortung bleiben möchte – in unserer Wahlserie nennt sie die fünf wichtigsten Gründe, warum die Bergedorfer ihre Partei wählen sollten.

Bezirkswahlen 2024: SPD möchte in Innenstädten mehr Grün und verschiedene Einkaufsorte

1. Bergedorfs Sozialdemokraten fahren einen doppelten Ansatz in der Wohnungsbaupolitik: Das Zauberwort für Katja Kramer lautet zum einen „Nachverdichtung“ dort, wo es möglich ist. Solche Orte gebe es genug, etwa am Beensroaredder, Wiesnerrring, Gördelerstraße, Max-Eichholz-Ring oder Lindwurm. „Nachverdichten wäre durch das Aufstocken von Gebäuden um ein bis zwei Stockwerke denkbar. Oder durch den Wegfall von nicht genutzten Parkplätzen.“ Diese Lösungen müssten „kurz- bis mittelfristig“ umgesetzt werden, weil es genau jetzt an Bergedorf interessierte Bauinvestoren gebe. Ein weiterer Vorteil: Bei der Nachverdichtung braucht es nicht erst wieder den Aufbau einer sozialen Infrastruktur mit Ärzten, Einkaufsläden, Kitas, Schulen und weiterem im Umfeld. Diese Angebote sind bereits größtenteils existent. Auch die Nachnutzung des Körber-Geländes, wenn die Hauni in den Innovationspark umgesiedelt ist, und der HAW an der Lohbrügger Kirchstraße müssten wohnungsbautechnisch betrachtet werden.

Anders steht die Sache bei Oberbillwerder: Beim 15.000-Einwohner-Stadtteil lautet das Ziel für Kramer, „möglichst schnell einen B-Plan-Beschluss“ zu erreichen. Realisiert werden könnte Oberbillwerder um das Jahr 2040 herum, sagt Bergedorfs SPD-Chefin voraus. Und die soziale Infrastruktur? „Das ist der große Vorteil bei Wohnraum auf dem Ackerland, dass Investoren dazu gezwungen werden, diese gleich mitzudenken“, so Katja Kramer.

Entsiegelung von Publikumsplätzen durch Mini-Wälder

2. Nicht nur nachverdichten, sondern verbessern sollte die Maxime bei Bergedorfs weiter kränkelnder Innenstadt lauten. Worauf es ankomme? Shoppingmöglichkeiten erhalten und gleichzeitig auch Aufenthaltsqualität erzeugen. Katja Kramer spricht hier gar von der „Entsiegelung“ von Flächen, einer gesteuerten „Begrünung“ von Publikumsplätzen. „Wir müssen Innenstadt neu denken. Das muss ja nicht immer hochaufwendig, aber definitiv grüner sein.“ Ein Lieblingsprojekt ihrer Partei sind „tiny forests“, also kleine Stadtwälder, die aus Sicht von Katja Kramer sehr gut denkbar wären an Orten wie an der Kirche St. Petri und Pauli, dem Bahnhofsvorplatz am Weidenbaumsweg oder am Sander Markt.

Bei allem darf aber nicht vergessen werden: Bergedorf braucht auch gute Einkaufsläden, ein variables, wertiges Einkaufsangebot. Muss das aber immer im Stadtkern sein? Kramer fordert auch hier ein Umdenken und einen Wettbewerb zwischen den Standorten, der sie am Ende stärker macht: „Wenn eine Einkaufsmeile in Oberbillwerder Konkurrenz für Bergedorf wird, dann haben wir alles richtig gemacht.“

Lokale Gesundheitszentren für die Zukunft sichern

3. Die medizinische Versorgung ist für Bergedorfs Sozialdemokraten essenziell wichtig. Ganz oben auf der Agenda: die langfristige Sicherstellung der Finanzierung von Stadtteil-Gesundheitszentren. Als Prototypen nennt Kramer für ein „übergreifendes, aber niedrigschwelliges Versorgungsangebot“ das Lohbrügger Gesundheitszentrum am Herzog-Carl-Friedrich-Platz, das nach Meinung der SPD unbedingt beibehalten werden müsse.

Weiterer wichtiger Punkt ist die Attraktivitätssteigerung des Bezirks für niedergelassene Ärzte. Kramer stellt sich dabei vor, mit der KV Hamburg und den Mitgliedern des Zulassungsausschuss „direkt in die Ärzteschaft hineinzuhorchen“, was Bergedorf benötigt, um attraktiv dazustehen. Aus Gesprächen mit diesen weiß Kramer, „dass wir im Bezirk nicht genug Privatpatienten haben“.

Viele Sportanlagen sind sanierungsbedürftig

4. In Sachen Verkehrspolitik hat sich Bergedorfs SPD auf ein zentrales Ziel eingeschworen: „Wir wollen die U-Bahn“, sagt Katja Kramer, „und wir sind auch sicher, dass sie kommen wird.“ Ihre Zuversicht nimmt „KK“ aus der Konzeptstudie 2014 zur Verlängerung der Linie U2. „An diesem Punkt werden wir als SPD nicht nachlassen“, sagt sie in dem Bewusstsein, dass ein solcher Ausbau mindestens zehn bis 15 Jahre in der Realisierung erfordert.

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Ansatzpunkt für dieses politische Verkehrsziel ist, die geplante S-Bahnanbindung aus Neuallermöhe nach Oberbillwerder zu entlasten. Boberg Dorfanger, Mendelstraße/Korachstraße, Reinbeker Redder/Binnenfeldredder bis zum Lohbrügger Markt – das könnte die U2-Linienführung nach SPD-Vorstellung sein, die dann bis zum Bergedorfer Bahnhof 20.000 Pendler täglich befördern soll. Und noch eine Option wäre damit verbunden: „Die U-Bahn kann auch nach Schleswig-Holstein verlängert werden“, spricht Katja Kramer eine Aufstockung des öffentlichen Nahverkehrs nach Geesthacht und Aumühle an.

5. Auch ein Großteil der Sportstätten im Bezirk hat schon bessere Zeiten gesehen. Egal, ob VfL Lohbrügge, SV Nettelnburg/Allermöhe, SC Vier- und Marschlande oder ETSV Hamburg: Katendeich, Zollenspieker, Binnenfeldredder „benötigen eine zeitgemäße Infrastruktur“, weiß Bergedorfs SPD-Fraktionschefin und meint damit gar nicht so sehr die Sportanlagen, sondern eher die dazugehörenden Gebäude. Es fehlten an Duschen, Umkleiden, manchmal auch Parkplätzen.