Bergedorf. Straßensperrungen wegen eines Radrennens legen weite Teile des Bezirks Bergedorf lahm – und behindern die Ruderregatta.
Wenn am Sonntag, 2. Juni, 2500 Triathleten beim Radrennen des Ironman in den Vier- und Marschlanden und auch in Bergedorf-Stadt unterwegs sind, werden etliche Straßen für den Autoverkehr zwischen 6.45 und 16.45 Uhr gesperrt sein. Bergedorf werde einen ganzen Tag lang lahmgelegt, kritisierten die Mitglieder des Regionalausschusses in der letzten Sitzung vor der Bezirkswahl am 9. Juni. Sie konfrontierten Jan-Hendrik Gante von der Ironman Germany GmbH, der als Referent geladen war, mit ihrer Kritik.
Gante, bei dem Unternehmen für die Streckenplanung verantwortlich, erläuterte den Politikern und den Besuchern, darunter von den Sperrungen betroffene Gastronomen, die allgemeinen Abläufe der Planung. „Der Streckenentwurf ist immer ein Kompromiss“, sagte er. Selten habe es eine so große Anpassung der Radrennstrecke gegeben wie jetzt. Nach einem dramatischen Unfall im vergangenen Jahr, bei dem auf dem Spadenländer Hauptdeich ein Kameramotorrad mit einem entgegenkommenden Triathleten frontal kollidierte und der Krad-Fahrer starb, musste die Strecke verändert werden, um Begegnungsverkehr am Deich zu vermeiden. Aus Sicherheitsgründen werde auch die Zahl der Begleitmotorräder stark reduziert.
Politiker wollen den Ironman am liebsten aus dem Landgebiet verbannen
Die Politiker zählten zahlreiche Probleme auf, die die Streckensperrungen mit sich bringe: „Menschen, die an der Strecke wohnen, kommen nicht weg. Landwirte kommen nicht auf ihre Felder, und Gärtner können ihre Ware nicht zum Großmarkt bringen. Wie sollen Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehren bei einem Einsatz mit ihren privaten Pkw das Feuerwehrhaus erreichen? Wie kommt ein Klempner zum Notdienst?“, fragte Jörg Froh (CDU) und fügte hinzu: „Für Gewerbetreibende ist das ein reines Fiasko.“ Gante versuchte zu beschwichtigen: „Wir sind mit der Feuerwehr in Kontakt. Da werden wohl entsprechende Vorkehrungen getroffen.“ Man könne es allerdings nicht jedem recht machen, betonte der Ironman-Vertreter. „Anwohner müssen ihr Auto im Zweifelsfall vor dem Rennen weiter weg parken und dann eine längere Strecke zu Fuß gehen, um dahin zu kommen.“ Feuerwehrleute, so Polizistin Christine Höxtermann, müssten „schon eher an der Wache sein“.
Die Hamburg Port Authority (HPA) habe es abgelehnt, den Hafen für die Radfahrer freizugeben – weil dort auch sonntags gearbeitet wird. Gern hätte Ironman Germany auch die Autobahn 25 als Radrennstrecke genutzt, doch dies habe die Autobahn GmbH abgelehnt. „Dabei würde diese Variante niemanden in den Vier- und Marschlanden einschränken“, sagte Froh. So, wie die Strecke nun verlaufe, habe sie „keinen Mehrwert, denn es können ja aufgrund der Sperrungen kaum Besucher ins Landgebiet kommen“, meinte Froh. Christine Höxtermann erläuterte, dass es „abgestimmte Konzepte der Autobahn GmbH“ gebe, die sogar Autobahnen in Niedersachsen einschließen würden. Und: „Wenn Autobahnsperrungen für Sportveranstaltungen erlaubt werden, was ist dann mit im Grundgesetz verankerten Versammlungen?“ Deshalb habe das Unternehmen eine Grundsatzentscheidung getroffen. Froh gab sich mit der Begründung nicht zufrieden: „Für die Harley-Days werden auch Autobahnabschnitte gesperrt.“
Stundenlang keine Straßenquerungen für Autofahrer möglich
Zwar soll das Queren der Hauptstraßen Süderquerweg und Neuengammer Hausdeich mit Autos grundsätzlich an bestimmten Stellen möglich sein, doch mit langen Wartezeiten sei zu rechnen, betonte Gante. Vor allem am späten Vormittag und am frühen Nachmittag seien aber auch dort „für drei, vier Stunden so gut wie keine Querungen möglich“, weil dann der Großteil der Athleten dort unterwegs sei.
Besonders empört zeigten sich die Mitglieder des Regionalausschusses darüber, dass bei der Planung des Ironman die Internationale Juniorenregatta auf der Dove-Elbe in Allermöhe komplett übersehen wurde. Rund 3000 Rudersportler werden das Wettkampfgelände stundenlang nicht über Allermöher Deich/Moorfleeter Deich erreichen und verlassen können. Vor allem Autos mit Bootsanhängern dürften nachmittags kaum das Gelände am Allermöher Deich 36 verlassen können. Ein Vertreter des ausrichtenden Hamburger Landesruderverbandes hatte seinem Ärger in der Öffentlichen Fragestunde vor der Sitzung Luft gemacht: „Wir sind dann dort mit 3000 Sportlern eingesperrt, darunter 150 ehrenamtlich Helfer.“
„Wir werden fallen gelassen und müssen Scherben aufkehren, die wir nicht produziert haben“
Der Verbandsvertreter sagte, dass er nicht nachvollziehen könne, wie man so eine Veranstaltung, die es seit 40 Jahren gibt und die jährlich zur gleichen Zeit über die Bühne gehe, vergessen könne: „Wir werden fallen gelassen und müssen Scherben aufkehren, die wir nicht produziert haben.“ Stets werde das Ehrenamt gelobt und seine wichtige Bedeutung betont, „dann muss man aber auch jetzt zu den Ehrenamtlichen halten“. Zumal, ergänzte Jörg Froh, die Regatta bereits 2023 angemeldet worden war. Karsten Schütt (FDP) betonte, dass Millionen Euro in das Leistungszentrum der Ruderer investiert wurden, damit eben solche Wettbewerbe ausgetragen werden können.
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Sowohl die Ironman Hamburg GmbH als auch ihr Vertragspartner, die Stadt Hamburg, habe die Ruderer bei der Planung nicht auf dem Zettel gehabt, berichtete Gante. Der von den Ruderern unterbreitete Vorschlag, die Strecke nicht über den Allermöher Deich zu führen, sondern durch das nahe gelegene Gewerbegebiet Allermöhe, wurde von den Verkehrsbehörden der Polizei abgelegt: Dort sei es zu gefährlich, weil dort auch sonntags Lkw unterwegs seien, betonte Polizistin Christine Höxtermann.
Politiker einig: Für die Streckenplanung des Ironman 2025 muss man sich rechtzeitig zusammensetzen
Harald Martens (SPD), der nach mehr als 30 Jahren im Regionalausschuss (früher: Ortsausschuss) seine letzte reguläre Sitzung bestritt, bezeichnete es als „ambitioniert, so einen großen Teil Bergedorfs lahmzulegen“. Die Frage von Karsten Schütt nach Entschädigungen etwa für die Verdienstausfälle von Gastronomen sei „an die Stadt Hamburg zu richten“, die das Spektakel auf öffentlichen Flächen ja ermögliche, meinte Gante.
Um Interessenkonflikte wie nun mit den Ruderern und andere Ärgernisse im kommenden Jahr zu vermeiden, sollten die Bergedorfer Politiker und die Ironman Hamburg GmbH sich frühzeitig – bevor die Streckenplanung steht – austauschen, meinte Bezirksamtsleiterin Cornelia Schmidt-Hoffmann, die ausnahmsweise der Sitzung beiwohnte. „Wenn wir eine bessere Vorsorge treffen, ist das besser für sie und für uns“, sagte Heinz Jarchow (SPD) an Gante gerichtet. „Wir tagen jeden Monat.“ Es sei „nicht mehr hinnehmbar, dass der Bezirk bei der Planung komplett außen vor ist“, betonte Martens.
„Dass wir diesen Wettewerb unter solchen Bedingungen dann hier nicht mehr haben wollen“
Ernst Heilmann (Die Linke) wurde nach eineinhalbstündiger Diskussion noch deutlicher: „Das Ergebnis der Planungen ist ein Desaster. Sie haben einen maximalen Output an Belästigungen geschaffen.“ An seine Ausschusskollegen appellierte er: „Es handelt sich beim Ironman um ein Unternehmen, das mit Hamburg einen Vertrag geschlossen hat. Wir sollten deshalb nicht um irgendwelche Beteiligungsmöglichkeiten bitten, sondern sagen, dass wir diesen Wettbewerb unter solchen Bedingungen dann hier nicht mehr haben wollen.“ Schließlich habe man die Interessen der Bevölkerung zu vertreten, „dafür wurden wir gewählt“. Gante wies auf eine E-Mail-Adresse hin, die für Fragen und Anregungen genutzt werden könne: traffic@ironman.com.