Lohbrügge. Schulbau Hamburg will sparen: kein Architektenwettbewerb und bloß ein normales Hamburger Klassenhaus. Bergedorfs Politik ist sauer.

Eilig, billig und nicht gerade mit viel Herz geplant – das Urteil der Bergedorfer Politik über das neue Bille-Gymnasium an der Billwerder Straße fiel alles andere als positiv aus. „Ich bin erschrocken, wie weit hier an den Bedürfnissen moderner Bildung vorbei geplant wird“, machte Maria Westberg (Linke) ihrem Ärger im jüngsten Stadtentwicklungsausschuss der Bezirksversammlung Luft. Zuvor hatte Schulbau Hamburg erstmals konkrete Pläne für die Neubauten auf dem Areal der ehemaligen Förderschule Billwerder Straße vorgestellt, deren Vorarbeiten längst angelaufen sind.

Tatsächlich rieben sich die Fachpolitiker bei der Präsentation die Augen. Denn statt den bisher genannten 17 Millionen Euro sollen die Baukosten jetzt bei unter zehn Millionen Euro liegen. Damit das gelingt, wurde auf ein Wettbewerbsverfahren mit mehreren Architektenbüros verzichtet. Zudem bleiben Bezirksamt und Oberbaudirektor bei der Feinabstimmung etwa der Fassaden und bei der Innenaufteilung weitgehend außen vor. Und es gibt für den Unterricht der knapp 750 Schüler hier neben einer Zwei-Feld-Sporthalle und dem Empfangsgebäude mit Mensa, Aula, Verwaltung und Fachräumen bloß ein herkömmliches Hamburger Klassenhaus.

Neues Bille-Gymnasium erntet viel Kritik: „Das wird ein Neubau für die Bildung von gestern“

Viel Sparpotenzial, das Bergedorfs Politik aber so gar nicht schmecken mag: „Die Gebäude sehen aus, wie auf dem Reißbrett für beliebige Standorte geplant“, stellte Liesing Lühr (Grüne) fest. „Ich kann nicht erkennen, wie so eine eigene Identität für diesen Schulstandort geschaffen werden kann.“ Und Kollegin Maria Westberg erinnerte an die umfangreichen Pläne der designierten Rektorin Marion Zirkel-Maas, die hier mit Freiarbeitsflächen, Marktplätzen und Lern-Nischen individuell angepasste Pädagogik für jeden Schüler ermöglichen will: „Was hier aber geplant wird, ist ein Neubau für die Bildung von gestern mit Frontalunterricht in großen Klassenzimmern“, so Westberg.

Lob kam einzig von Dr. Reinhold Reumann (Grüne), wenn auch nur für die Einbindung des Bille-Gymnasiums in seine Umgebung. Denn über einen zweiten, rückwärtigen Eingang ist es für radfahrende Schüler auch über den nahen Bille-Wanderweg gut zu erreichen. Genau das scheint auch Schulbau Hamburg entdeckt zu haben, weshalb rund um die geplante Sporthalle 430 Fahrradstellplätze geplant werden – „allerdings leider ohne Überdachung, was angesichts des Hamburger Schmuddelwetters eigentlich eine wichtige Investition wäre“, kam dann doch auch Kritik von Reinhold Reumann.

Schulbau Hamburg verteidigt seine Planung für das Bille-Gymnasium

Schulplaner Marco Gärtner mühte sich dennoch nach Kräften, der breiten Kritik Paroli zu bieten. So erklärte er, dass auch in einem eigentlich standardisierten Hamburger Klassenhaus flexible Lernräume geschaffen werden könnten. Zudem sei das vorgesehene Hauptgebäude, das sich vom künftigen „Willkommensplatz“ am schmalen Zugang von der Billwerder Straße weit ins Schulgelände ziehe, sehr vielseitig geplant. Unter anderem könnten hier in der Aula und dem angrenzenden Musikraum sogar zwei Veranstaltungen parallel laufen.

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Und auch sonst bietet das künftige Bille-Gymnasium vor allem in seinen grünen Außenbereichen manche Besonderheit, vor allem beiderseits des Klassenhauses, das den südlichen Abschluss des Schulareals zu den Kleingärten am Bille-Wanderweg bildet: Östlich ist ein Klassenzimmer unter freiem Himmel geplant, westlich verschiedene Sportanlagen, die nach Schulschluss auch der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen. Zudem ist alles, einschließlich der Halle, auch wieder für den Vereinssport vorgesehen.

Ob die breite Kritik zu Änderungen in der Planung führen wird, blieb im Stadtentwicklungsausschuss offen. Beschließen konnten die Politiker lediglich, regelmäßig über den Fortgang des Projekts informiert zu werden. Im Gegensatz zum Bille-Gymnasium gibt es für die beiden anderen Schulneubauten im Bezirk Bergedorf übrigens Architektenwettbewerbe. Dafür sind die Stadtteilschule Leuschnerstraße mit 50 Millionen Euro und die Grundschule Sander Damm mit 12,5 Millionen Euro aber auch teurer. Viel Zeit für Plan-Änderungen an der Billwerder Straße gibt es ohnehin nicht mehr: Der Hochbau soll hier schon Anfang 2025 beginnen, der Schulbetrieb kaum 20 Monate später im August 2026.