Hamburg. Fraktionen der Bezirksversammlung sind sich einig. Doch ob Bergedorf den Zuschlag am Ende erhält, hängt auch von der Bundespolitik ab.

Neuer Anlauf für den Aufbau eines Integrierten Notfallzentrums (INZ) am Bergedorfer Bethesda-Krankenhaus. Die Bezirksversammlung stimmte am Donnerstag geschlossen für einen entsprechenden Antrag von SPD, Grünen und Linken – jetzt soll sich die Hamburger Sozialbehörde für die Ergänzung der Notaufnahme an der Bergedorfer Klinik einsetzen.

2018 hatte sich die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg (KV) noch entschieden, die Portalpraxis für den Hamburger Osten nicht im Bezirk, sondern im St.-Adolph-Stift in Reinbek aufzubauen. Außerhalb der Öffnungszeiten befindet sich die Anlaufstelle für Patienten von Bergedorfer Ärzten seitdem im Kreis Stormarn. Im März dieses Jahres verkündete die KV jedoch, sich aus dem Standort Reinbek zurückzuziehen. Die Karten für die Notfallversorgung werden also neu gemischt und die Bergedorfer Fraktionen wollen die Chance nutzen.

Bergedorfer Bethesda-Krankenhaus soll Notfallzentrum erhalten

In einem Integrierten Notfallzentrum teilen sich eine Notaufnahme und eine Notfallpraxis für weniger akute, ambulant zu behandelnde Fälle einen Empfangstresen. Patienten können je nach Schwere der Erkrankung sofort an die richtige Stelle verwiesen werden, die Notaufnahme kann sich auf Patienten konzentrieren, die stationär versorgt werden müssen. „Das ist eine gute Lösung, die auch Entlastung für die Rettungsdienste und die Notrufnummern bedeuten wird“, begründete CDU-Fraktionschef Julian Emrich die Zustimmung seiner Fraktion für den Antrag der Bergedorfer Koalition.

Dass die KV Hamburg die Portalpraxis für den Hamburger Osten jenseits der Stadtgrenzen in Reinbek ansiedelte, war 2018 in Bergedorf auf viel Unverständnis gestoßen. „Reinbek ist als Standort nicht schlecht – für die Reinbeker“, betonte Linken-Politiker Lutz Jobs jetzt in der Bezirksversammlung. Die Erfahrung hätte aber gezeigt, dass die Bergedorfer den Weg nach Reinbek nicht zurücklegen wollen. Die Folge: In der Notaufnahme des Bethesda-Krankenhauses laufen jährlich weiterhin 30.000 Notfälle auf. „Ein erheblicher Teil davon braucht nur ambulante Versorgung“, bestätigte Bethesda-Sprecher Matthias Gerwin.

KV Hamburg gibt Portalpraxis in Reinbek auf

Das Bethesda-Krankenhaus steht hinter dem Vorstoß der Bezirksversammlung. „Wir hätten sehr gern ein Integriertes Notfallzentrum“, sagte Sprecher Gerwin. Das Krankenhaus sehe sich als natürlichen Partner der Sozialbehörde für die Notfallversorgung der Menschen im Hamburger Osten. Der Standort Reinbek sei dagegen nicht gut mit dem ÖPNV zu erreichen und werde auch deswegen von den Menschen nicht angenommen, betonte SPD-Politikerin Simone Gündüz in der Bezirksversammlung.

Tatsächlich zieht sich die KV Hamburg auch deswegen zum 31. Dezember 2024 aus der Portalpraxis in Reinbek zurück, weil die Auslastung zu gering ist. Derzeit werden laut einem Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg dort im Schnitt etwa 240 Patienten in der Woche versorgt. Der Ausstieg der KV Hamburg muss allerdings nicht automatisch das Aus für die Portalpraxis in Reinbek bedeuten. Deren Zukunft ist aber ungewiss – genau wie die Erfolgschancen des Bergedorfer Vorstoßes für ein INZ.

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Dazu möchte sich die KV Hamburg nämlich zurzeit noch nicht äußern. Der Grund dafür dürfte in der Bundespolitik liegen. Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) möchte die Notfallversorgung in Deutschland reformieren. Das Konzept der Integrierten Notfallzentren wird zwar auch ein wichtiger Bestandteil des neuen Gesetzes sein. Details zur angepeilten Versorgungsdichte oder zur Finanzierung wird es aber erst mit dem fertigen Gesetz geben. Noch liegt nicht einmal der Referentenentwurf vor, in Kraft treten soll das Gesetz laut Bundesgesundheitsministerium im Januar 2025.