Tatenberg. Die Umweltbehörde will das Bauwerk für Meerforelle und Co. überwindbar machen. Wann der Testbetrieb starten soll.
Um Fischen den Weg von der Elbe bis in die obere Bille und zurück zu ermöglichen, soll das Deichsiel Tatenberg zur Schleuse für Aale und andere Arten werden. Bisher war an der Stelle für die meisten Fische Endstation, schafften es nur wenige Tiere durch die benachbarte Schleuse. „Jedes Querbauwerk an Flüssen führt dazu, dass weniger Fische durchkommen“, erklärt Dr. Michaela Meyns, die in der Umweltbehörde als Koordinatorin zuständig ist für die Einhaltung der Wasserrahmenrichtlinie.
Diese sieht vor, dass ein Wanderkorridor für Fische hergestellt werden soll, der an mindestens 285 Tagen im Jahr, bei Tag und auch bei Nacht, genutzt werden kann, erklärt Michaela Meyns. Querbauwerke wie die Krapphofschleuse zwischen Dove-Elbe und Schleusengraben oder das Serrahnwehr zwischen Serrahn und Bille können bereits mittels der Kurfürstenschosse und der Fischtreppe überwunden werden. „Doch in Tatenberg wird der Eingang in das gesamte System blockiert“, stellt Dr. Michaela Meyns fest.
Bukea macht Tatenberger Deichsiel zur Fischschleuse
Um das zu ändern, seien verschiedene Optionen in Tatenberg geprüft worden. Um dort aber weder Biotope und geschützte Arten zu gefährden, den Schiffsverkehr zu stören oder gar den Hochwasserschutz einzuschränken, habe man sich für eine Fischschleuse als „minimal invasivste Variante“ entschieden, erklärt Sebastian Stoll vom Ingenieurbüro Dr. Lehners + Wittworf. Die Umweltbehörde hofft, dass dann vor allem Arten wie beispielsweise Neunauge und Meerforelle in Dove-Elbe und obere Bille gelangen und die Populationen stabilisiert werden.
Über den Begriff Schleuse könne man sich zunächst wundern, meint Sebastian Stoll. Tatsächlich sei der Begriff aber gar nicht verkehrt, weil ähnlich wie Schiffe in der benachbarten Schleuse die Fische durch das Deichsiel geschleust werden sollen. Von den insgesamt drei Sielzügen des Deichsiels werden im Regelbetrieb nur zwei benutzt und eine zur Reserve vorgehalten, erklärt Stoll.
Vor allem Meerforelle und auch Neunauge sollen geschleust werden
Sie soll durch die Steuerung der Anlage zur Fischschleuse umfunktioniert werden. Dabei werden die Schützen (Schieber zur Regelung des Wasserdurchflusses) etwa alle 10 Minuten verändert, hoch- und runtergelassen, sodass sowohl strömungsliebende als auch bodenwandernde und mit der Tide driftende Fische und Larven durch die entstandenen Bewegungen des Wassers durch das Bauwerk „geschleust“ werden.
Dafür sind bestimmte Wasserstände in der Dove-Elbe und Norderelbe notwendig, vor allem bei Sturmfluten müssen Fische in jedem Fall warten – da bleiben Deichsiel und Schleuse geschlossen. „Der Hochwasserschutz hat weiterhin oberste Priorität“, betonen die Planer. Um zu testen, ob alles so funktioniert wie in Modellen errechnet, soll bald ein knapp vierwöchiger Testbetrieb starten. Vom 7. August bis 1. September soll überprüft werden, ob die hydraulische Simulation auch in der Realität funktioniert und Steuerungsparameter gegebenenfalls optimiert werden können.
Wasserstand und Wasserqualität sollen sich nicht verändern
Wird die Wasserqualität der Dove-Elbe nicht leiden, wenn mit der Fischschleusung ständig dreckiges Wasser aus der Norderelbe eingetragen wird? Und werde der Hochwasserschutz auch wirklich nicht beeinträchtigt?, fragte Karsten Schütt (FDP) im Regionalausschuss kritisch nach. Die Wasserstände und Abflüsse sollen in der Zeit der Testphase ebenso überprüft werden wie die Wasserqualität, kündigt die Bukea an. Die Wasserchemie der Dove-Elbe, an deren Ufer Werften ebenso beheimatet sind wie landwirtschaftliche Betriebe, sei allerdings ähnlich wie in der Norderelbe, erklärte Stefanie Schäfermeyer-Gomm von der Umweltbehörde.
Und auch in Sachen Wasserstände möchte Sebastian Stoll beruhigen: Kleine Abweichungen seien während des Testbetriebs möglich, sollen aber nicht die Regel sein, so der Ingenieur. Während einer Tide würden etwa 100.000 Kubikmeter Wasser zwischen Norder- und Dove-Elbe hin- und her bewegt. Das sei marginal und würde etwa zwei Prozent des Volumens der Dove-Elbe bis zur Krapphofschleuse entsprechen. „Ich glaube nicht mal, dass das die Regattastrecke erreicht“, so der Ingenieur.
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Ende 2021 hatte es an dem Deichsiel schon einmal einen Probelauf in Sachen Fischschleuse in Tatenberg gegeben, wonach sich viele besorgte Anrainer, die sich über das plötzlich eingeleitete Wasser wunderten, bei Lokalpolitik und Bezirksamt gemeldet hatten. Am Vorgehen der Umweltbehörde wurde danach vielerorts Kritik laut, denn die Maßnahme, die im Auftrag der Bukea durchgeführt wurde, war zuvor in keinem politischen Ausschuss vorgestellt, noch war die Bergedorfer Bezirksverwaltung darüber im Vorfeld informiert worden.