Kirchwerder/Curslack. Nach fristloser Kündigung von Karsten Voß fordern Mitglieder-Vertreter der genossenschaftlichen VReG drastische Konsequenzen.

Die fristlose Kündigung von Karsten Voß (59) aus dem Vorstand der Volksbank Raiffeisenbank eG (VReG) sorgt für Unmut bei den Vertretern der Mitglieder der Genossenschaftsbank. Dies wurde bei einem Treffen in Clausens Vierländer Landhaus im Vorfeld der Vertreterversammlung im Juni, bei der ein neuer Aufsichtsrat gewählt wird, deutlich. Mitgliedervertreter Martin Hill kritisiert das Vorgehen des Aufsichtsrates als „weder hanseatisch noch ehrbar“. Die Art der Kündigung „kommt einem Rufmord gleich“, heißt es in einem Schreiben, das unserer Redaktion zugegangen ist. Voß könne sich nach diesem Vorgehen im Landgebiet ja kaum noch blicken lassen, betont der Bergedorfer, der selbst mehr als 30 Jahre lang Mitglied im Vorstand von Volksbanken war.

Das Kreditinstitut hatte sich überraschend von Voß getrennt. Die Mitglieder der Genossenschaftsbank sind Ende Februar per Briefpost über die Entscheidung informiert worden. In einer schriftlichen Mitteilung, die unsere Redaktion auf Anfrage erreicht hat, heißt es, sie sei „das Ergebnis unüberbrückbarer Differenzen zwischen dem Altvorstand und dem Aufsichtsrat“.

VReG: Volksbank feuert bekannten Vorstand Karsten Voß – jetzt wird heftige Kritik laut

Bei der Versammlung in Curslack, zu der rund 50 Menschen – Mitglieder-Vertreter und Mitglieder des Aufsichtsrates – erschienen waren, fand Hill deutliche Worte: Die Vorgehensweise des Aufsichtsrates „ist eine Geschäftsschädigung der Genossenschaft, insbesondere aber der hiesigen Vierländer Volksbank“, für die Voß lange tätig war. Unüberbrückbare Differenzen seien immer überbrückbar, „gegebenenfalls im Rahmen vertraglicher Regelungen“, betont Hill. „Eine Einigung wäre die korrekte Vorgehensweise gewesen“, sagt Hill gegenüber unserer Redaktion.

Sein Eindruck sei, „dass die entscheidenden Mitglieder des Aufsichtsrates bewusst den Ruf von Karsten Voß geschädigt und damit zugleich der Reputation der Vierländer Volksbank geschadet haben“, so der ehemalige Volksbank-Vorstand. Diese Mitglieder hätten sich unverantwortlich und nicht ehrbar verhalten. Ein Aufsichtsrat müsse sich mit dem Vorstand auseinandersetzen, bevor er eine so schwerwiegende Personalentscheidung trifft, sagt Hill. Und falls eine Kündigung unumgänglich sei, müsse diese fristgerecht ausgesprochen werden. „Dann ist der Mitarbeiter vom Dienst freizustellen – und nicht von einem Tag auf den anderen vor die Tür zu setzen. Gerade dann nicht, wenn er sich 40 Jahre lang für Genossenschaftsbanken eingesetzt hat.“ Voß bestätigt auf Nachfrage unserer Redaktion, dass ihm fristlos gekündigt worden sei. Weiter wolle er sich zu dem Sachverhalt vorerst nicht äußern.

VReG: Mitglieder der Genossenschaftsbank sollen Aufsichtsrat die Entlastung verweigern

Hill appeliert an die Vertreter der Mitglieder, dem Aufsichtsrat bei der Vertreterversammlung im Juni die Entlastung zu verweigern und auf kommendes Jahr zu verschieben. Außerdem fordert er die Vertreter auf, die zur Wiederwahl vorgeschlagenen Kandidaten des Aufsichtsrates abzuwählen, „denn diese haben durch Tun oder Unterlassung an diesem Trauerspiel mitgewirkt, dem Ruf eines Menschen böswillig geschadet und dem Ansehen der Bank Schaden zugeführt“.

Er frage sich, ob die im Aufsichtsrat vertretenen Mitarbeiter der VReG die Personalentscheidung mit vertreten haben, so Hill. Dies sei bei dem Treffen in Clausens Vierländer Landhaus nicht deutlich geworden. Wohl aber, dass Voß keine goldenen oder silbernen Löffel geklaut habe, betont Hill. „Anscheinend hat er sich strafrechtlich nichts zuschulden kommen lassen. Mein Eindruck ist, dass es zwischenmenschliche Differenzen gegeben haben muss.“

Mitglieder-Vertreterin sagt: „Karsten Voß war das Gesicht der Vierländer Volksbank“

Anja Deiters, Unternehmerin aus Curslack und Mitglieder-Vertreterin der Genossenschaftsbank, bestätigt Hills Eindruck, dass nahezu alle anwesenden Vertreter Hills Kritik zustimmten. „Sie haben ihm laut applaudiert, einige haben auch selbst das Wort ergriffen“, sagt Anja Deiters. Sie sei ebenfalls von der Vorgehensweise enttäuscht: „Karsten Voß war das Gesicht der Vierländer Volksbank. Er vertrat seit jeher den genossenschaftlichen Grundgedanken. Außerdem brachte er seinen Mitarbeitern und Kunden eine wertschätzende Grundhaltung entgegen. Diese Art der Kündigung wird seinen Leistungen nicht gerecht.“

Die Gründe für die fristlose Kündigung seien den Mitglieder-Vertretern nicht bekannt, betonen sowohl Hill als auch Anja Deiters. Deshalb seien sie bei der Versammlung auch kein Thema gewesen. Es sei lediglich um die Form der Kündigung gegangen.

Dem Vorstand gehören nach einer großen Fusion nur noch drei statt neun Mitglieder an

Voß wurde im Jahr 2003 Vorstand der damaligen Vierländer Volksbank. Die ist nach mehreren Fusionen zum 1. Januar 2021 in der VReG aufgegangen. Das neu entstandene Kreditinstitut mit mehr als 500 Mitarbeitern vereint sieben ehemals selbstständig agierende genossenschaftliche Regionalbanken. Voß verantwortete als Vorstandsmitglied zuletzt die Region Hamburg.

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Nach der großen Fusion vor drei Jahren gehörten dem VReG-Vorstand noch neun Mitglieder an. Deren Zahl ist nach Voß‘ Ausscheiden nun auf drei geschrumpft: Markus Baumann, Stephan Schack und Stefan Lohmeier. Lohmeier, als Vorstand bisher für den Bereich Stormarn verantwortlich, übernimmt Karsten Voß‘ Aufgaben zusätzlich. Dass ein Bankenvorstand nach mehreren Fusionen derart verschlankt werde, sei nicht nur nicht ungewöhnlich, betont Niels Bonn aus dem Aufsichtsrat: „Das ist auch notwendig, denn so einen großen Vorstand kann sich so ein Unternehmen gar nicht leisten.“ Zumal nicht alle bisherigen Vorstände, die zuvor kleinere Häuser geleitet haben, das notwendige Know-how für die Leitung einer großen Bank hätten, sagt der Bergedorfer Diplomkaufmann.

Begründung knapp gehalten, „um keine dreckige Wäsche in der Öffentlichkeit zu waschen“

Inhaltlich wollte Bonn sich nicht äußern. Schließlich handle es sich um eine Gremiumsentscheidung, und er sei nicht der Sprecher des Gremiums. Ob der Vorgang fair abgelaufen sei, sei eine Frage der „subjektiven Wahrnehmung“. Die Begründung für die Trennung von Voß sei bewusst knapp gehalten gewesen, „um keine dreckige Wäsche in der Öffentlichkeit zu waschen“, aber sie „trifft den Kern“. Der Aufsichtsratsvorsitzende und -sprecher Jan Bustorff, ein Messebauunternehmer aus Trittau, war am 19. März für unsere Redaktion nicht erreichbar. Philipp Maschmann, Sprecher des Unternehmens, will sich ebenfalls nicht äußern. Er verweist auf die Vertraulichkeit der internen Veranstaltung.

Mit Voß‘ Kollegen, die aus dem Vorstand ausgeschieden sind, habe es keine Streitigkeiten gegeben, teilt Bonn mit. Sie hätten Leitungsfunktionen in der zweiten Reihe übernommen, seien altersmäßig regulär ausgeschieden oder hätten sich für Altersteilzeit entschieden.