Bergedorf. Jungtiere sind geschlüpft, kommen aber erst im April. Aktion von Anglerverein und Umweltbehörde zum Jubiläum der Bergedorfer Zeitung.
Es verzögert sich etwas mit Bergedorfs Meerforellen-Invasion: Statt wie zunächst geplant schon im März können die 100.000 Jungfische nun voraussichtlich erst Mitte April in der Bille oberhalb des Bergedorfers Wehrs ausgesetzt werden. „Wir müssen den Tieren noch mehr Zeit lassen. Sie brauchen noch einige Wochen beim Züchter in Garstedt bei Winsen, bevor sie bei uns ausgesetzt werden können“, sagt Jens Kiesel vom Bergedorfer Anglerverein.
Finanziert von der Hamburger Umweltbehörde und präsentiert von der Bergedorfer Zeitung anlässlich unseres 150-jährigen Jubiläums in diesem Jahr, sollen die Tiere den Beweis antreten, dass der Wasserweg von Bergedorf in die Nordsee für Fische keine Einbahnstraße mehr ist. „Wir hoffen, dass möglichst viele in drei bis vier Jahren zum Laichen zu uns in die Obere Bille zurückkehren“, hat Kiesel dabei aber weniger das Anglerglück als die Renaturierung im Blick. Denn bisher ist unklar, ob das Ziel der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie hier erreicht wird: Sind die Tatenberger Schleuse und die Fischtreppe im Serrahn für aufsteigende Tiere tatsächlich passierbar?
100.000 Meerforellen für Bergedorf wandern erstmal in die Nordsee
Das wird der Anglerverein im Auftrag der Behörde überwachen, indem er zu bestimmten Zeiten im Herbst den in Bergedorfs Fischtreppe installierten Fangkorb regelmäßig kontrolliert. Doch bevor das ansteht, müssen sich die Jungfische aus Garstedt erstmal in Bergedorf heimisch fühlen. „Und das gelingt nur, wenn sie hier ihre erste Nahrung in Form von Plankton oder Mückenlarven aufnehmen“, sagt Jens Kiesel. „Sie sind in den Becken beim Züchter zwar schon geschlüpft, aber sie leben noch vom Inhalt ihres Dottersacks, nehmen also keine fremde Nahrung auf.“
Das wird sich voraussichtlich erst über Ostern ändern. Anschließend kommen die kaum einen Zentimeter kleinen Tiere per Lkw in speziellen Wasserbehältern nach Bergedorf, um hier in den kleinen Nebenflüssen der Bille oberhalb des Schlossteichs ausgesetzt zu werden, darunter unter anderem der Bornmühlenbach, der aus dem Grünen Zentrum Lohbrügge kommt. Dort sind die Jungtiere vor Fressfeinden wie Barschen oder Hechten deutlich besser geschützt, als in der Bille selbst.
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In diesen Gewässern und anschließend in der Bille selbst bleiben die Meerforellen für etwa ein Jahr, bis sie 10 bis 15 Zentimeter lang und damit groß genug für die Reise in die Nordsee sind. „Auch da lauern etliche Gefahren, nicht zuletzt die vielen Geräusche und Strömungen im Hamburger Hafen“, weiß Jens Kiesel. Entsprechend hoch sind die natürlichen Verluste: Anglerverein und Umweltbehörde rechnen mit einer Rückkehrer-Quote, die „mit Glück“ bei 0,1 Prozent liegt.
Das wären bei selbst bei der stattlichen Zahl von 100.000 Jungtieren nur 100 erwachsene Meerforellen. Anders als Lachse steben sie aber nicht nach dem Ablaichen: „Meerforellen könne zehn oder sogar zwölf Jahre alt werden“, sagt Jens Kiesel. „Und bei der zweiten oder dritten Reise ist ihre Überlebenschance als ausgewachsene, erfahrene Fische natürlich deutlich größer.“