Bergedorf. Die Schauspielerin eröffnet mit ihrem berührenden Ein-Personen-Stück die Bergedorfer Musiktage. Es wird vielen aus der Seele sprechen.
Höchste Konzentration, gepaart mit totaler Präsenz, damit der Faden nicht eine Sekunde lang verloren geht. Denn bei Textaussetzern hilft ihr niemand weiter. Doch bei Gilla Cremer, die am Sonntag, 17. März, die Bergedorfer Musiktage 2024 im Lichtwarktheater im Körberhaus auf durchaus ungewöhnliche Weise eröffnen wird, muss sich niemand sorgen. Die Vollblut-Schauspielerin ist die Attraktion schlichtweg in dem Ein-Personen-Theaterstück „Die Dinge meiner Eltern“ von und mit ihr – zu einem Thema, das möglicherweise auf alle Gäste des Abends einmal zukommen wird.
Ja, ganz recht, tatsächlich ein Theaterstück zum Auftakt der Musiktage – ohne jegliche Musikeinlage. Das hinterfragt Gilla Cremer nicht großartig, ist aber voller Vorfreude im Hinblick auf die Premiere auf Bergedorfs neuer und den modernsten Ansprüchen genügenden Bühne. Den Stadtteil kennt Cremer dagegen schon, ist in der Vergangenheit häufiger im Haus im Park aufgetreten. Das Lichtwarktheater ist übrigens in der Geschichte der Bergedorfer Musiktage auch das erste Mal Spielort eines Auftaktprogramms.
Gilla Cremer kommt mit „Die Dinge meiner Eltern“ ins Lichtwarktheater
Mit „Die Dinge meiner Eltern – Was vom Leben übrig bleibt“ spielt Gilla Cremer ein sehr ernstes wie auch alltägliches Thema. Als einzige von insgesamt vier Töchtern obliegt es ihr in der Rolle der Agnes, den Hausstand ihrer verstorbenen Eltern aufzulösen. Dabei trifft sie auf viel Liebgewonnenes: Gegenstände, Gerüche, Geschichten. Beim Berühren von Kleidungsstücken, beim Durchkramen der Umzugskisten, kommen Erinnerungen, mitunter viele Gefühle hoch. Die sind schön, manchmal auch ein bisschen unangenehm. „Nimm den Ellbogen hoch am Tisch.“ Das alte Geschirr und die Ermahnungen des alten Herren wegen der Tischmanieren.
Es ist nicht einfach nur Behalten, Wegschmeißen, Verkaufen oder Verschenken. Vor Agnes liegt der Wust aus 60 Jahren des Lebens von Mutter und Vater – und auch der Großteil der eigenen Kindheit, ihrer Schwestern, ein ganzes Familiendasein. „Man stolpert über sein eigenes Leben“, sagt Gilla Cremer. Ist das nun die Rolle oder etwa aus ihrem eigenen Privatleben? Die Schauspielerin antwortet darauf mit einem eindeutigen „Jein“. Denn die gebürtige Rheinländerin hat bewusst eine andere Geschichte gestrickt als die rund um ihr Elternhaus in Königswinter, auch in fremden Biografien recherchiert, Interviews geführt, Bücher gewälzt, als Regisseur für den Stoff Dominik Günther gewonnen.
Gilla Cremer: „Das Stück ist sehr, sehr heiter, versöhnlich und ohne Angst“
Damit wir uns da recht verstehen: Eine an sich traurige Geschichte in der Kulisse von Umzugskartons, einer Stehlampe und einem staubigen Teppich wird keineswegs im Trauer-Modus gespielt: „Das Stück ist sehr, sehr heiter, versöhnlich und ohne Angst vor dem Tod“, charakterisiert Gilla Cremer. Und das Thema sei doch unisono interessant: „Es finden sich alle Generationen darin wieder, auch gerade jüngere Leute.“
Dass sich die Cremer mal verhaspelt, ist eher nicht zu erwarten: „Das gehört doch seit 40 Jahren zu meinem Beruf. Es ist jeden Abend eine tolle Herausforderung. Ich muss immer wissen, was ich da tue“, beschreibt die Künstlerin ihre Kunst. Letzteres ist nur zu wahr, denn Cramer hat keine Souffleuse, die einspringen könnte. Gespielt habe sie früher in ihrer Karriere auch in größeren Gruppen. Doch Gilla Cremer sagt ohne jedwede Koketterie: „Irgendwann ist man in einem Alter, wo man nicht mehr in Ensembles aufgenommen wird.“
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Die 67-Jährige hat definitiv Power, Disziplin und sehr großen Unterhaltungswert. „Die Dinge meiner Eltern“ feierte am 4. Februar 2014 seine Uraufführung und ist eines von zahlreichen Ein-Person-Stücken, die Gilla Cremer in loser Folge abwechselnd spielt. Der Musiktage-Auftakt beginnt am 17. März um 19 Uhr. Tickets sind für 30 bis 35 Euro im bz-Shop im CCB sowie im Netz unter www.bergedorfer-musiktage.de zu bekommen.