Bergedorf. „Laut werden gegen die Feinde unserer Demokratie“ heißt es bei einer Kundgebung am Sonnabend. Wer zur Teilnahme aufruft.

Es ist ein Angebot an alle Menschen im Großraum Bergedorf, ein buntes Zeichen zu setzen gegen die AfD und das Abdriften der politischen Debatte in Hass, Ausgrenzung und nationale Parolen: „Bergedorf gemeinsam für Demokratie“ heißt es am Sonnabend, 2. März, wenn sich von 14 bis 16 Uhr ein Demonstrationszug vom Bahnhof durch Bergedorfs Innenstadt und zurück bewegt.

Die Organisatoren um den DGB, die Jusos und die Omas gegen rechts hoffen zusammen mit den rund 20 weiteren Bergedorfer Unterstützern auf „deutlich mehr als Tausend Teilnehmer“, sagt Sprecher Bernhard Nette (DGB/Kulturhaus SerrahnEins). Dass das keine überzogene Erwartung ist, meint auch Verena Dittrich, die mit ihrem Omas-gegen-rechts-Button auch im Alltag unterwegs ist: „Da gibt es viel Zustimmung für unsere Aktionen, aber eben leider oft auch frustrierte Kommentare, dass man gegen die AfD und die neuen Rechten ja doch nichts machen könne.“

„Wir wollen zeigen, dass die Parolen der Demokratiefeinde nicht verfangen – und dass wir viele sind“

Genau das ist an diesem Sonnabend in Bergedorf anders, unterstreicht Hannah Arthur von Bergedorfs Jusos: „Wir wollen zeigen, dass die Parolen der Demokratiefeinde von rechts außen hier nicht verfangen – und dass wir viele sind, sehr viele.“ Für die 21-Jährige ist klar: „Wir müssen laut werden gegen die Feinde unserer Demokratie, die Gegner unserer Freiheit und Vielfalt, die nichts anderes können, als bloß Schuldige zu suchen statt Lösungen zu finden, wenn es Probleme gibt.“

Die Route des Demonstrationszugs „Bergedorf gemeinsam für Demokratie“ führt vom Bahnhof durch die City und Bergedorf-Süd sowie vom Mohnhof über die B5 wieder zurück zum Bahnhof.
Die Route des Demonstrationszugs „Bergedorf gemeinsam für Demokratie“ führt vom Bahnhof durch die City und Bergedorf-Süd sowie vom Mohnhof über die B5 wieder zurück zum Bahnhof. © bgz | Bergedorfer Bündnis gegen rechts

Dass einfache Antworten auf komplexe Entwicklungen wie die aktuelle Wirtschaftsflaute, den anhaltenden Flüchtlingsstrom oder den Krieg in der Ukraine selbst bei etlichen Gewerkschaftsmitgliedern auf Gegenliebe stoßen, weiß auch Bergedorfs DGB-Chef Ernst Heilmann genau: „Wir dürfen die Zukunftsängste der Menschen in einer schwierigen Weltlage nicht unterschätzen. Aber gerade jetzt sind einfache Antworten nichts anderes als ein Lockmittel, um schließlich eine Lawine auszulösen, die uns unsere gesellschaftliche Solidarität kostet – und damit letztlich nicht nur die Menschenwürde, sondern auch unsere Freiheit und Demokratie kosten kann.“

Viel Zustimmung zur Teilnahme an der Bergedorfer Demo in den Sozialen Medien

Hannah Arthur sieht da ganz besonders die jungen Menschen in Gefahr: „Meine Generation bewegt sich heute hauptsächlich in den sozialen Medien“, was die Informationen vor allem über die politische Wirklichkeit nicht gerade verlässlich mache. „Ich merke aber, dass die Entwicklung der letzten Monate vom Ukrainekrieg über den Hamas-Überfall auf Israel bis zum Potsdamer Treffen der AfD bei vielen den Wunsch nach verlässlichen Quellen und Erklärungen entstehen ließ.“

Dass nun auch auf Plattformen wie Meta oder X für die Demonstration „Bergedorf gemeinsam für Demokratie“ geworben wird, kommt dort gut an, berichtet Hannah Arthur: „Es gibt viel Zustimmung zum Aufruf, an diesem Sonnabend Farbe gegen rechte Sprüche zu zeigen.“ Das bemerkt auch Verena Dittlich von den „Omas“, wobei die 68-Jährige und ihre Mitstreiterinnen eher nicht in den sozialen Medien unterwegs sind: „Ich hoffe, immer mehr Menschen merken, dass die vielen Probleme unserer Gegenwart angepackt werden müssen. Einfach aus Angst gegen alles zu sein, öffnet die Türen für autoritäre Angebote von rechts außen.“

„Erschreckende Parallelen zum Abdriften der Weimarer Republik in den Nationalsozialismus“

„Die Frage ist doch, was wir bereit sind, für unsere freie, demokratische und offene Gesellschaft zu tun“, sagt Bernhard Nette (77), der sich als pensionierter Geschichtslehrer und Buchautor intensiv mit der Nazizeit in Bergedorf auseinandergesetzt hat. „Wer sich die rechten Kräfte von heute und ihren wachsenden Zuspruch anschaut, erkennt erschreckend viele Parallelen zum schrecklichen Ende der Weimarer Republik und ihrem Abdriften in den Nationalsozialismus vor 90 Jahren.“

Dass Bergedorf heute ganz anders aufgestellt ist und vor allem eine vielfältige Gesellschaft hat, zeigt auch die Rednerliste der Demonstration: Bevor sich der Zug auf den Weg macht, sprechen zum Auftakt ab 14 Uhr auf den Treffpunkt Bahnhofsplatz Lohbrügge (Johann-Meyer-Straße) Partrick Kühl von den Grünen, ein Mitglied der alevitischen Kulturgemeinde und Hamburgs DGB-Chefin Tanja Chawla. Anschließend setzt sich die Demonstration in Bewegung, zieht über den Herzog-Carl-Friedrich-Platz und die Alte Holstenstraße an der Kirche St. Petri und Pauli vorbei entlang der Vierlandenstraße nach Bergedorf-Süd.

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Der Gründerstadtteil wird auf der Rektor-Ritter-Straße und der Hassestraße bis zum Mohnhof durchquert. Von dort geht es auf der Bergedorfer Straße/B5 zurück bis zum Bahnhof, wo auf jetzt auf der Bergedorfer Seite an etwa 15.30 Uhr die Abschlusskundgebung folgt. Die Moderation übernimmt wie bei Auftakt Paul Veit (Jusos). Hier sprechen unter anderem Ulf von Krenski (Vize-Bezirksamtschef), Turalie Koré (Jusos), Verena Dittrich (Omas gegen rechts), Dr. Christel Oldenburg (SPD) und Pastor Andreas Baldenius (St. Petri und Pauli).

Offen ist bisher, ob dieser ersten Bergedorfer Demonstration für die Demokratie in den kommenden Wochen weitere folgen werden. Bereits organisiert ist eine Diskussion zu Rassismus, Juden- und Muslimen-Hass am Dienstag, 5. März, im Kulturhaus SerrahEins am Bergedorfer Hafen. Ab 19 Uhr sprechen hier die jüdische Studentin Shelly Meyer und der muslimische Lehrer Hédi Bouden über ihre Erfahrungen im Alltag.