Hamburg. Planungsbüros haben sich Dove- und Gose-Elbe, Bille und Schleusengraben genauer angeschaut und Maßnahmen erarbeitet. Was geplant ist.
Die Stiftung Lebensraum Elbe will Hamburgs Gewässernetz fit für die Zukunft machen – und möchte dabei auch die Wünsche und Ideen der Hamburger berücksichtigen. Die Stiftung möchte wissen, wie sie welche Gewässer und deren Ufer nutzen, wo sie Probleme sehen und welche Maßnahmen zur ökologischen Aufwertung die Hamburger favorisieren. Nach einer Online-Umfrage im Spätsommer/Herbst 2022 gab es vor rund einem Jahr die ersten Dialogworkshops, in denen die Stiftung Vorschläge und Interessen von betroffenen Institutionen, Firmen, Vereinen und Verbänden abfragte und einen direkten Dialog auch mit den beauftragten Planungsbüros ermöglichte.
Jetzt liegen die Ideen für künftige Maßnahmen vor – und auch sie sollen nun vorgestellt und diskutiert werden. In Bergedorf wird am Donnerstag, 7. März, im Körberhaus diskutiert. Die Projekt-Verantwortlichen interessiert nun in vier für ganz Hamburg geplanten Workshops zu erfahren, welche Verbesserungen sich die Hamburger für ihre Gewässer vorstellen können.
Stiftung Lebensraum Elbe: Ideen zur Verbesserung der Hamburger Gewässer
Vier von der Stiftung beauftragte Planungsbüros haben den Auftrag, für insgesamt 38 Gewässer in Hamburg mit ihren Uferbereichen Pflege- und Entwicklungspläne zu erarbeiten. Dafür haben sie jetzt weit über 1000 Maßnahmen vorgeschlagen. Drei Mitarbeiter der Stiftung, allesamt Fließgewässer-Experten, arbeiten daran, sie zu sichten und einzuordnen, um sie in den kommenden Tagen und Wochen den Bezirksämtern und den betroffenen Nutzergruppen vorstellen zu können.
In diesem Jahr erarbeitet die Stiftung erst einmal Pläne. Die eigentliche Maßnahmenumsetzung erfolgt mittelfristig – dann sollen die Bürger vor Ort konkret informiert und in die Umsetzung eingebunden werden. Die Stiftung wisse genau, dass der Wassersport, insbesondere auf der Allermöher Regattastrecke, nicht beeinträchtigt werden dürfe, ebenso wenig die Berufsschifffahrt, betont Dr. Elisabeth Klocke, Vorstand der Stiftung Lebensraum Elbe.
Millionenprojekt „Hamburg, deine Flussnatur“ ist auf 13 Jahre angelegt
Das von der Stiftung betreute Projekt „Hamburg, deine Flussnatur“ ist auf 13 Jahre angelegt. Nach aktuellem Stand sollen dafür 27 Millionen Euro bereitgestellt werden. Ziel ist, den Biotopverbund der Hansestadt zu stärken: „Die Biotope sind schlecht oder gar nicht miteinander verbunden“, sagt Elisabeth Klocke.
Die Wasser-Land-Verbindungen sollen verbessert werden, damit Tiere Hürden überwinden und Pflanzen sich ansiedeln können. „Wir wollen den Tieren ermöglichen, zwischen Wasser und Land zu wechseln“, sagt Elisabeth Klocke. „Aber auch die Menschen sollen nicht zu kurz kommen. Die Planung zielt bewusst darauf ab, die Gewässer wieder erlebbarer und auch einfach schöner zu machen.“
Hamburgs Gewässer werden auf vielfältige Weise strapaziert: Dichte Bebauung, die Folgen des Klimawandels, aber auch die zunehmende Freizeitnutzung machen Bächen, Flüssen und Kanälen zu schaffen. „Ohnehin besteht Handlungsbedarf zur Aufwertung der Hamburger Gewässer und ihrer Ufer – schon durch den allgemeinen Rückgang der Biodiversität“, sagt die in Lohbrügge lebende Wissenschaftlerin.
Neue Rückzugsräume für Fischotter und Eisvogel schaffen
So seien etwa die Ufer von Dove- und Gose-Elbe zu einem großen Teil befestigt: „Steine wurden oft auch dort aufgetragen, wo sie nie notwendig waren. Ein Fluss hat nicht überall die Tendenz, sich auszubreiten. Wir vergeben uns etwas – ohne Not.“ Befestigte Ufer würden beispielsweise dem in beiden Gewässern vorkommenden Fischotter schaden: Er brauche natürliche Uferkanten und zusammenhängende Wanderkorridore, um Rückzugsräume erreichen zu können.
Auch der Eisvogel, den die Lohbrüggerin manchmal in ihrem Stadtteil beobachtet, brauche Uferabbrüche, um dort seine Brutröhren bauen zu können. Der Verlauf der Gewässer werde nicht verändert, betont die studierte Chemikerin: „Ihre Stabilität bleibt erhalten.“
Möglich ist das Einbringen von bewachsenen, schwimmenden Inseln
Steine sollen, dort, wo es möglich ist und wo es besonders viel Sinn hat, vom Ufer entfernt werden. Im kleinen Maße sollen auch Grundstücke erworben werden, um dort Ufer abzustufen und kleine Buchten zu bauen. Es sei auch das Befestigen von Baumstämmen im Wasser angedacht – parallel zu den Uferkanten. So würden vielfältige Strömungsgeschwindigkeiten erzeugt, die für manche Tiere und Pflanzen existenziell seien. „Fische finden dort ein Versteck, Vögel einen Platz zum Jagen. Insgesamt führen solche Maßnahmen zu mehr Vielfalt.“
Überlegt wird auch das Einbringen von bewachsenen, schwimmenden Inseln. Die Pflanzen darauf bilden Lebensräume über und unter Wasser. Unter Wasser bilden ihre Wurzeln wertvolle Versteckmöglichkeiten etwa für Fische. Solche Maßnahmen bieten sich etwa am Schleusengraben an: „Er wurde komplett künstlich angelegt und hat deshalb total gerade, steile Ufer.“
Biologische Vielfalt steigert auch die Lebensqualität der Menschen
Auch die Mittlere Bille bei Billwerder und ein Stück der Oberen Bille bei Lohbrügge werden nun genau betrachtet. Bis zum Einfluss in die Elbe verläuft die Bille in Rothenburgsort und am Berliner Tor in Kanälen mit Ufern aus Beton und Stein. Auch hier ist das Einbringen von schwimmenden Inseln denkbar, ebenso wie kleine, am Grund befestigte Betonhindernisse als Strömungslenker. „Biologische Vielfalt ist zu einem Qualitätsmerkmal geworden: Natur steigert die Lebensqualität der Menschen“, sagt Karsten Borggräfe, der das Großprojekt leitet.
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Das Vorhaben sei in zwei Teile untergliedert: Bis 2024 würden konkrete Maßnahmen geplant. Anschließend, zwischen 2025 und 2034, sollen sie umgesetzt werden. Die Stiftung, von der die Idee zu dem Großprojekt stammt, plant und tritt anschließend als Bauherrin auf. „Wir starten Ausschreibungen, vergeben Aufträge und sind vor Ort.“
Der Bund finanziert die Renaturierung der Gewässer zu 75 Prozent
Das Geld für die Renaturierung der Gewässerkorridore stamme zu 75 Prozent vom Bund, zu fünf Prozent von der Hamburger Umweltbehörde und zu 20 Prozent aus dem Stiftungsvermögen, das rund 40 Millionen Euro beträgt, von denen 21 Millionen Euro eingefroren seien, um von den Zinsen zu profitieren.
Zusätzlich zu dem Naturschutzgroßprojekt arbeiten Elisabeth Klocke und ihr Team an vielen weiteren Vorhaben. „Darüber hinaus fördern wir finanziell Projekte von anderen Institutionen“, sagt die Chefin.
Workshop zu Bergedorfs Gewässern am 7. März im Körberhaus
Bei dem Workshop in Bergedorf geht es um Dove- und Gose-Elbe, Bille und Schleusengraben – andere Gewässertypen als die Kanäle in der Innenstadt, betont Elisabeth Klocke. Bergedorfs Fließgewässer seien naturnäher und weniger vom Freizeitsport in Anspruch genommen.
Der Workshop am 7. März im Körberhaus ist von 9.30 bis 14 Uhr. Neben betroffenen Verbänden, Vereinen und weiteren Institutionen, die schriftlich eingeladen werden, sind interessierte Bürger ebenfalls willkommen. Sie müssen vor Besuch des Workshops per E-Mail Kontakt aufnehmen und bekommen dann eine Einladung. Die Plätze sind begrenzt. E-Mail-Kontakt: hamburgdeineflussnatur@stiftunglebensraumelbe.de.