Hamburg. Drei Gastronomen scheiterten damit, ein Lokal im Sander Dickkopp zu etablieren – jetzt nimmt der Besitzer die Sache selbst in die Hand.
Seit Sommer 2016 klirrten keine Gläser mehr in den Gastro-Räumen des Sander Dickkopps, floss kein Bier durch den Zapfhahn. Jetzt soll das Leben in den historischen Lohbrügger Wasserturm zurückkehren, mit einem neuen Konzept. Ab 1. Februar können die unteren Etagen des Sander Dickkopps für Partys und Veranstaltungen gemietet werden. Besitzer Jörn Schmidt ist derzeit noch mit den letzten Arbeiten beschäftigt, um die 120 Quadratmeter auf zwei Etagen für Gäste fit zu machen – und hat dabei nicht nur Feierwütige im Sinn.
Seit Jahresbeginn vermarkten Schmidt und sein Geschäftspartner Tobias Ludt den Dickkopp als Event-Location. „Wir haben schon circa zehn Anfragen und vier feste Buchungen“, sagt Ludt erfreut. Mit diesem Andrang hatten die Betreiber nicht gerechnet. Bis zu 80 Personen sollen im Turm feiern können. Eine Musikanlage sowie eine Bar mit Geschirr und Kühlschränken stehen zur Verfügung, Getränke bringen die Gäste selbst mit.
Der Sander Dickkopp kann ab Februar für Veranstaltungen gemietet werden
Die Endreinigung können die Mieter selbst übernehmen oder gegen eine zusätzliche Gebühr von den Verwaltern des Wasserturms erledigen lassen. Als Zielgruppe peilen Schmidt und Ludt neben Party-Gastgebern auch Kulturschaffende oder Geschäftsleute an.
Derzeit bemüht sich das Team des Dickkopps um eine Schanklizenz für die wärmeren Monate, bis dahin soll auch der Außenbereich auf Vordermann gebracht werden. Dann planen die Betreiber eigene Veranstaltungen vor Ort. „Wir wollen alle deutschen Spiele der Fußballeuropameisterschaft im Innen- und Außenbereich übertragen“, sagt Luth. Im Mai soll es außerdem einen Flohmarkt am Wasserturm geben.
Die dauerhafte Vermietung an Gastronomen haben Schmidt und Ludt dagegen nach drei gescheiterten Versuchen vorerst abgeschrieben. Nachdem die Betreiber eines englischen Pubs im Sander Dickkopp 2012 nach nicht einmal vier Monaten aufgeben mussten, folgte im Januar 2013 Mehmet Sürmen, der eine Cocktailbar in dem historischen Gemäuer einrichtete – und damit auch nur ein knappes Jahr durchhielt. Ab April 2014 setzte dann ein Paar auf bodenständige Gastronomie. Im Juli 2016 mussten die beiden die Segel streichen.
Im Wasserturm sollen auch Büroräume entstehen
„Die Gastronomen haben alle nicht verstanden, dass das hier eigentlich eine reine Sommerlocation ist“, sagt Ludt. Um die Wintermonate, in denen sich wenig Kneipengäste in die Gegend verlaufen, zu überbrücken, müsse man mit viel Einsatz und vielen Veranstaltungen im Sommer ein finanzielles Polster aufbauen. Geklappt hat es bei allen drei Anläufen offenbar nicht. „Obwohl die Mietkosten nicht besonders hoch waren“, wie Tobias Ludt betont.
Die Büroräume im oberen Teil des Turms werden zur Zeit von den beiden Betreibern selbst genutzt. „Wir haben aber noch drei Arbeitsplätze zu vergeben, die für Start-ups oder Jungunternehmer geeignet wären“, berichtet Ludt. Die Schreibtische stehen im dritten Stock. Von dort führt eine Wendeltreppe weiter empor, in den Teil des Turms, in dem sich früher der Wassertank befand. Sobald diese Räume fertig renoviert sind, sollen sie als Aufenthaltsbereich für die Büronutzer dienen – inklusive Zugang zur Dachterrasse mit spektakulärem 360-Grad-Panoramablick.
Sander Dickkopp wurde 1907 gebaut
2016 hatte der damalige AfD-Politiker Ludwig Flocken sein Büro als Bürgerschaftsabgeordneter im Wasserturm bezogen und auch den Gastro-Bereich für Veranstaltungen gemietet. Flocken war zu diesem Zeitpunkt bereits aus der Fraktion ausgeschlossen worden und musste später auch die Partei verlassen. In der Bürgerschaft kassierte er einen Rauswurf, als er den Islam und Muslime mit drastischen Worten beschimpfte.
Der ehemalige Abgeordnete ist mittlerweile aus dem Sander Dickkopp ausgezogen. Politik soll in Zukunft keine Rolle mehr in dem geschichtsträchtigen Wasserturm spielen, betont Jörn Schmidt.
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Der Sander Dickkopp wurde 1907 in einem historisierenden Baustil errichtet. Das 350 Kubikmeter fassende Reservoir im namensgebenden Turmkopf versorgte die Wohngebiete im heutigen Lohbrügge mit Wasser. Von Beginn an befand sich aber auch Gastronomie im Turm, der Sander Dickkopp war ein beliebtes Ausflugsziel in der Region. Die Einführung moderner Pumptechnik bedeutete, dass er ab 1972 nicht mehr für seine ursprüngliche Aufgabe gebraucht wurde.
Die Wasserwerke verkauften den Turm daraufhin an die Stadt Hamburg, die das Gebäude zunächst verpachtete. Nach mehreren Besitzerwechseln erwarb Jörn Schmidt das Lohbrügger Wahrzeichen schließlich im Jahr 2011 – inklusive der fälligen Sanierungen investierte der 51-Jährige bis heute mehr als eine Million Euro.