Bergedorf. Am 18. August geben Bergedorfs musikalische Legenden ein letztes Konzert im White Cube. Über die Geschichte der Band.
Irgendwann muss es dann auch mal gut sein. Muss das Rampensau-Dasein ein Ende haben. Vor allem, wenn ein Bandmitglied bereits über 80 Jahre alt ist. Ein letztes Mal wollen es die Feels, Bergedorfs Kultband aus den 1970er-Jahren, wissen: mit ihrem Abschlusskonzert am Freitag, 18. August, im White Cube (Kurt-A.-Körber-Chaussee 73, Beginn 20.30 Uhr).
Der Ursprung der heute fünf- und ursprünglich vierköpfigen Bergedorfer Band ist legendär, oft erzählt, aber immer wieder hörenswert. Nach und nach formiert sich in den 1960er-Jahren die Truppe um Karl-Heinz „Duddi“ Rohde (Keyboard), Klaus Schubert (Gitarre, Saxophon, Songwriter), Helmut Sellke (Drums) und Jörn Besten (Bass) – zusammen heißt das dann ab dem Gründungsdatum 5. Februar 1969 Feels.
Feels verabschieden sich in Bergedorf: Welcher Song ihre Konzerte oft eröffnete
An der Brookkehre etablieren die vier Musiker einen Lagerschuppen namens „easy“ auf einem Schrottplatz-Idyll. Der Club erlangt ähnlichen Kultstatus wie die Band selbst. Die managt die Geschicke des maximal 100 Quadratmeter großen Treffpunkts selbst mit Tresen, WC und Beleuchtung, spielt mehrmals die Woche Konzerte für maximal 80 Gäste – mehr passen nicht rein. „Jede Generation hat ihre Musik und ihre speziellen Orte“, sagt Klaus Schubert über die Magie dieser Zeit.
Die produktivste Zeit des Quintetts, also die Hochzeit, sind die Jahre 1970 bis 1975. Zuerst spielen Schubert, Duddi und Co. Stücke von den Beatles und den Stones nach, entwickeln dann aber ihren eigenen Stil, ihr eigenes Selbstbewusstsein, ihre unwechselbaren Melange aus Blues, Rock und Jazz,. Letzteres ist die eigentliche Basis des damaligen Quartetts. Die Titel lauten „Bug’s blues“, „I get high“, „Sergeant Bomp Proof“, „Won’t you come home baby“, „Duddis goes to Jazz“ oder „Who’s Ramsey“, der Opener bei vielen Konzerten.
Eine eigene Veröffentlichung als LP entsteht dabei nicht, wohl aber 50 selbst geschriebene Stücken. „Es war damals nicht die Zeit dafür“, erklärt Tastendrücker Rohde, der sich daran erinnern kann, dass die Band damals einem Manager einer bedeutenden Plattenfirma ein Tonband mitgab. Rohde: „Das haben wir nie wieder gesehen.“ Geld muss also anders verdient werden: Alle sechs bis acht Wochen zieht es die Feels nach Hamburg hinein. Im immer gut gefüllten Logo an der Grindelallee klingelt die Kasse, wenn die vier Jazz-Rocker aus Bergedorf kommen, um ihren eigenen Musikclub finanziell aufrecht zu halten.
Nach sechs Jahren intensiver Musikleidenschaft gehen die Herren Schubert, Sellke, Rohde und Westen getrennte Wege, treten ins reguläre Berufsleben ein, gründen Familien, beenden Studien, gründen Architekturbüros oder bauen Wintergärten. „Meine heutige Frau, die damals hinter dem Tresen stand, meinte, wir müssten das Experiment mit der Musik nun mal beenden. Wir wollten doch auch mal eine Familie gründen“, erzählt „Duddi“ Rohde.
Legendärer Konzertabend an der Serrahnstraße: Platz für 100, aber 300 kommen
Das easy wird an die linke Szene Bergedorfs übergeben. Joern Moeller, damals gerade 21 Jahrealt, übernimmt 1977 als letzter Betreiber den Club, bevor er 1978 endgültig schließen muss, weil der Mietvertrag ausläuft. Heute steht auf dem einstigen Schuppen-Areal ein Bürogebäude. Und Moeller ist der Macher des White Cube.
„Wir Bandmitglieder haben aber immer Kontakt zueinander gehalten“, berichtet Klaus Schubert. Und nachdem Beruf- und Familienleben in Einklang gebracht sind, wird ab und an zusammen eine musikalische Session eingelegt. Und dabei bleibt es nicht: Von 2003 an werden auch Revival-Konzerte gespielt, vorzugsweise im SerrahnEins oder im White Cube. Die Resonanz der Fans sei „überwältigend“ gewesen, vor allem ein Gig im Kulturhaus an der Serrahnstraße ist in Erinnerung geblieben. Tickets seien für 100 Leute verkauft worden, aber an jenem Abend wollten 300 Fans die Bergedorfer Kultband sehen, drängten sich draußen und drinnen.
Neue Besetzung zu fünft – und wirklich der finale Gig?
Ab dem Jahr 2007 verstärkt „Duddis“ Sohn Hauke Rohde (heute 45 Jahre alt) die Truppe. „Der hat schon durch seinen Vater alle Feels-Songs in frühester Kindheit mitbekommen“, sagt Klaus Schubert. Doch 2017 schien schon einmal ein Punkt erreicht, wo die reiferen Herren überlegten, nicht mehr aufzutreten. Schlagzeuger Sellke starb nach langer Krankheit, Bassist Westen wollte nicht mehr mitmachen. Doch da sprang Joern Moeller, Schlagzeug-Schüler von Sellke, ein.
„Schon zu Zeiten des easy war Helmut Sellke Vorbild für Joern. Es war für ihn klar, dass es ein Abschiedskonzert der Feels für ihn geben muss.“ Am besten in dem von ihm betriebenen White Cube, weil das noch am ehesten die Atmosphäre des easy einfängt. Und noch besser zum 50-jährigen Bestehen der Combo am 5. Februar 2019.
- Bergedorf wächst – aber langsamer als jeder andere Bezirk
- Kritik: Karstadt-Nachfolger nimmt Außengastronomie die Sonne
- Endlich wieder Musik im Bergedorfer White Cube
Joern Möller bringt mit Jörg Ibendorf (beide 66) noch einen neuen Bassisten mit, sodass die Feels zusammen mit Hauke Rohde und den Gründungsmitgliedern Klaus Schubert (78) und Duddi Rohe (81) auf Quintettstärke anwachsen. In dieser Besetzung soll nun also ein letztes Mal im White Cube abgerockt werden. Gespielt wird das kostenlose Tribute-Konzert mit Hutkasse und etwa 20 eigenen Stücken am 18. August. Aber wird es wirklich das allerletzte sein? „Duddi“ Rohde lässt mal das kleine Hintertürchen offen: „Wir wissen es noch nicht definitiv. In meinem Alter strengt mich das Musik machen noch nicht an.“