Hamburg. In nunmehr zehn Jahren wurden 1500 Gegenstände repariert, konnten zwei Container voller Elektroschrott vermieden werden.

„Nach nur einer Minute läuft das Pendel nicht mehr“, klagt eine 81-Jährige, die eine Uhr ihrer Großeltern unterm Arm trägt. Schulterzucken auch bei Gunnar Mentzel (43): „Mein Wecker macht keinen Mucks mehr.“ Hinter ihm steht ein Mann mit einem TV-Lautsprecher, dessen Schalter kaputt ist. Der nächste bringt eine elektrische Zahnbürste mit: „Mal sehen, ob der Akku noch zu retten ist.“

Genau vor zehn Jahren wurde das Bergedorfer Repair-Café gegründet – und noch immer verlassen die meisten Gäste zufrieden das Team, das inzwischen 1500 Gegenstände reparieren konnte und somit ungefähr zwei Container voller Elektroschrott vermieden hat. Dafür gab es 2019 sogar eine Auszeichnung für das Repair-Café: das „Bergedorfer Klimazeichen“.

Zehn Jahre Repair-Café in Bergedorf

„Meist kommen 20 bis 25 Gäste“, sagt Gründerin Karin Preising, die das nicht-kommerzielle Treffen in den ersten sechs Jahren am Harders Kamp in Lohbrügge organisierte. „Aber als unsere zwölf Reparateure dort zu Corona-Zeiten Masken tragen sollten, sind wir zur TSG an den Bult umgezogen.“ Inzwischen hat das Team größere Räume gefunden und trifft sich alle zwei Monate sonntags im Haus im Park am Gräpelweg 8.

Eine goldene 10 zum Geburtstag: Mit Karin Preising (r.) ist auch Eva-Maria Busch seit zehn Jahren dabei: „Ich bin für den Service zuständig und koche Kaffee.“
Eine goldene 10 zum Geburtstag: Mit Karin Preising (r.) ist auch Eva-Maria Busch seit zehn Jahren dabei: „Ich bin für den Service zuständig und koche Kaffee.“ © bgz | Anne Strickstrock

In einem Korb schleppt Ingrid Öehmann ihr Mini-Bike mit, das sie einst vor der Tochter geschenkt bekam: „Damit soll ich meine Knie trainieren, aber es lässt sich nicht mehr gut treten“, klagt die 88-Jährige einem Elektrotechniker. Der 44-Jährige greift flugs zum Schraubendreher und schaut nach, ob im Gerät kein Stecker wackelt. Denn manchmal würden die Hersteller sogar extra Fehler einbauen, damit die Haltbarkeit schnell endet: „KB steht dann drauf, für Kurzzeitbetrieb. Bei einem Mixer mit KB5 muss man ihn also nach fünf Minuten abkühlen lassen, damit keine Drähte überhitzen oder die günstigen Plastik-Zahnräder aus China zerbrechen.“

„Ich mache alles außer Computer“

Von Anfang an ist Gert Philippsen dabei, ein gelernter Maschinenbauer. „Ich bin Generalist, habe schon Staubsauger und Nähmaschinen repariert, Toaster, Kaffeemühlen und Stehlampen“, erzählt der 83-jährige Wentorfer. Als Funkamateur scheut er keine technischen Probleme – „bloß Computer kann ich nicht“.

„Plötzlich funktioniert es wieder“: Alexander Bösecke (42) kann eine zufriedene Ingrid Öehmann mit ihrem Radio verabschieden.
„Plötzlich funktioniert es wieder“: Alexander Bösecke (42) kann eine zufriedene Ingrid Öehmann mit ihrem Radio verabschieden. © bgz | Anne Strickstrock

Dafür gibt es aber ja Alexander Bösecke im Team, ein Software-Entwickler, der auch abseits der Tastatur gern Lösungen findet: „Hier kann ich auch richtig was mit den Händen tun und dabei helfen, Ressourcen zu schonen“, freut sich der 42-Jährige, der nunmehr zum dritten Mal seine Dienste anbietet: „Das macht Spaß, ich mache gern Dinge heil. Und ich kann was dazulernen, wenn hier jahrzehntelange Berufserfahrung zusammenkommt“.

So habe er eben schon Notebooks auseinandergeschraubt und einen Föhn mit gebrochenem Kabel wieder fit bekommen. Irgendwelche Fähigkeiten habe doch jeder Mensch, ist er überzeugt – auch von Berufs wegen: „Ich programmiere die Software für den Berufsnavigator, den wir in Hamburgs Schulen vorstellen. So lassen sich persönliche Stärken herausfinden, und jeder Schüler bekommt von uns zehn Berufsvorschläge.“

Manchmal ist eine Schraube locker

Den Beruf des Bauingenieurs hatte Manfred Grzybowski gewählt und jahrelang bei der Neuen Heimat gearbeitet, danach in der behördlichen Bauaufsicht. „Ich tüftle und montiere furchtbar gern, auch im Reinbeker und Wentorfer Repair-Café“, sagt der 80-Jährige stolz. Kürzlich habe er mal etwas mehr Geduld gebraucht und einen defekten Wasserkocher mit nach Hause genommen: „Schließlich fand ich dann eine lockere Schraube im Zwischengehäuse.“

Man habe schon ihren Föhn gelötet und eine Nähmaschine repariert. Diesmal kam Ilona Brüdigam mit einem schweigenden Radio. „Jetzt aber funktioniert es aber plötzlich wieder. Wenn auch noch die CD-Schublade klemmt, so bin ich doch sehr zufrieden.“

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Manchmal aber sei es schon eine Hilfe, „wenn man ganz sicher weiß, dass man das Gerät wegschmeißen kann“, sagt Karin Preising, die zum nächsten Repair-Café am 11. Februar einlädt, wieder zwischen 15 und 18 Uhr am Gräpelweg: „Wir sind kein Verein, jeder kann mitmachen und Gutes tun.“