Hamburg. Umfrage bei Bille-Bad und Betreiber anderer Schwimmbecken zeigt alarmierende Ergebnisse. Warum die Problemlösung so schwierig ist.

Vor einem Jahr alarmierte eine Statistik die Bergedorfer Politik. Nur 40 Prozent der Kinder im Bezirk konnten nach der vierten Klasse schwimmen. Dabei sollen die Schüler eigentlich genau das während der Grundschulzeit lernen. Die Defizite wurden auch auf die Corona-Pandemie geschoben, doch es war auch klar: Es fehlt an Kapazitäten in geeigneten Lehrschwimmbecken im Bezirk. Die Verwaltung nahm daher Kontakt mit möglichen Anbietern auf, um zu prüfen, ob das Angebot ausgeweitet werden könne. Die Rückmeldungen sind enttäuschend.

Im Ausschuss für Sport und Bildung legte der Bezirk den Fraktionen das Ergebnis der Umfrage vor. Das BG Klinikum Hamburg, die Praxis-Klinik Bergedorf, das be.Fit Studio im TSG-Sportforum, das Begegnungszentrum im Park und das Bille-Bad waren kontaktiert worden. Die Antwort auf die Frage „Gibt es in Ihren Häusern zusätzliche Kapazitäten?“ lautete fast durchgehend „Nein“. Lediglich das Bille-Bad vermeldete, dass zusätzlicher Platz freigeschaufelt werden könnte. Jedoch nur unter Einschränkungen.

In Bergedorfs Schwimmbecken ist kaum Platz für zusätzlichen Unterricht

In der Stellungnahme des Schwimmbads betonen die Verantwortlichen: „Die Antworten bedeuten nicht, dass das Bad insgesamt an seinen Kapazitätsgrenzen wäre.“ Die für den Kinderschwimmunterricht geeigneten Randbahnen in der Halle und das Lehrschwimmbecken seien jedoch zu sinnvollen Uhrzeiten bereits mit Kindern belegt, die dort das Schwimmen erlernen. „Eine Ausweitung wäre nur zulasten der allgemeinen öffentlichen Nutzung und zu dafür weniger gut geeigneten Zeiten möglich“, heißt es in der Antwort. Derzeit finden im Bille-Bad Schulschwimmen, Kurse des Bäderlands und Angebote von Vereinen statt.

Die Praxis-Klinik Bergedorf meldet, dass ihr Schwimmbecken grundsätzlich eher nicht für den Unterricht geeignet sei, da es nur 1,40 Meter tief und elf mal vier Meter groß ist. Bisher wird das Bad nur für therapeutische Zwecke genutzt. Falls der Unterricht in einem so kleinen und flachen Becken möglich sei, könnte man über eine Nutzung durch eine begrenzte Anzahl an Personen an Wochenenden nachdenken. An Werktagen ist das Becken aber ausgelastet.

TSG Bergedorf hat Schwimmlehrer, aber keine freien Zeiten mehr

Der Pool des Begegnungszentrums im Park wird bereits von der Schwimmschule SWYM an jedem Wochenende genutzt. Ansonsten sei das Becken aber durch Schwimmgruppen für Senioren ausgebucht. Im BG Klinikum ist die Schwimmschule Hanse-Plansch beheimatet, dort findet mehrfach pro Woche Unterricht in verschiedenen Leistungsstufen statt. „Weitere Angebote würden zu einer Reduktion der Therapie für Patienten führen“, wird in der Stellungnahme betont.

Die TSG Bergedorf veranstaltet im Sportforum derzeit 25 Schwimmkurse. Außerdem werde das Bad stundenweise an Kitas und Schulen vermietet. Eine Ausweitung hält der Verein nicht für möglich: „Andere Angebote, die im Bad stattfinden, können nicht weiter eingeschränkt werden.“ Die TSG könnte allerdings zusätzliches Lehrpersonal zur Verfügung stellen, wenn an anderer Stelle zusätzliche Wasserflächen aufgetan werden. Dabei seien auch Kooperationen mit Schulen oder Kitas möglich.

CDU fordert Schwimmbad-Neubau unabhängig von Oberbillwerder

Die TSG gibt in ihrer Stellungnahme zusätzlich zu bedenken, dass es vor allem für Kinder aus einkommensschwachen Familien schwer sei, einen Schwimmkursus zu buchen. In den Sommerferien bot der Verein zuletzt für diese Kinder in Zusammenarbeit mit dem Hamburger Schwimmverband ermäßigte Kurse an.

Jan Vlamynck (Grüne), Vorsitzender des Ausschusses für Sport und Bildung, kommentiert die Ergebnisse ernüchtert: „Wir haben da ein Problem. Es gibt einfach nicht genug Becken.“ Langfristig soll aus der Sicht des Grünenpolitikers das geplante Schwimmbad im neuen Stadtteil Oberbillwerder schaffen. CDU-Politiker Lars Dietrich hält diese Perspektive für wenig befriedigend – unabhängig davon, dass seine Fraktion den Bau des Mammutprojekts ablehnt.

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„Oberbillwerder kommt nicht vor 2028“, betont er. Zu lange, angesichts der bereits jetzt bestehenden Probleme. Zudem sollen in dem neuen Viertel 15.000 Menschen wohnen, deren Kinder ebenfalls Schwimmunterricht benötigen. Dabei schiebe Bergedorf jetzt schon einen Stau an Kindern vor sich her, die während der Corona-Pandemie nicht schwimmen gelernt haben. „Die aktuellen Jahrgänge müssen wir ja auch betreuen“, sagt der Christdemokrat. Für ihn ist das Ergebnis der Nachforschungen der Verwaltung der Beweis: Bergedorf braucht möglichst schnell ein neues Schwimmbad. Dietrich: „Es gibt dafür freie Flächen in Neuallermöhe.“