Bergedorf. Sogar Alfred Biolek war begeistert: Veronika Vogelsang blickt auf ihr Wirken als Werberin – und gibt jetzt eins ihrer „Babys“ ab.
Dieser Aufkleber hat Anfang der 90er-Jahre in ganz Deutschland für Aufsehen gesorgt: „Ruf‘ mich an!“ klebten sich damals immer mehr Autofahrer auf ihren Wagen. Wer so die attraktive Frau oder den sympathischen Mann im Auto nebenan kennenlernen wollte, wählte einfach die auf dem ovalen Sticker mit zwei Herzen und Amors Pfeil angegebene Telefonnummer der Bergedorfer Marketing-Expertin Veronika Vogelsang und nannte ihr das Nummernschild der attraktiven Begegnung.
War das bei Vogelsangs Partnervermittlung „Single meets Single“ registriert, stand einem Treffen nichts mehr im Wege. Die geniale Idee begeisterte sogar Alfred Biolek, den Kult-Talkmaster der frühen 90er – und er lud die Bergedorferin in seine Live-Show „Bio‘s Bahnhof“. Dort saß sie dann zum Thema „Single wider Willen“ neben Stars wie Inge Meisel und Désirée Nick. „Es wurde sogar die Fax-Nummer von ,Single meets Single‘ eingeblendet“, erinnert sich Veronika Vogelsang heute. „Das war aber nur auf den ersten Blick eine gute Idee.“
Alle Männer wollen die „kleine Blondine“ aus der Biolek-Show retten
Als die alleinerziehende Mutter eines kleinen Jungen damals ins winzige Büro in ihrer kleinen Wohnung in Neuallermöhe zurückkehrte, hatte das Endlos-Papier ihres Fax-Gerätes den ganzen Raum geflutet. „Das waren Tausende Zuschriften aus ganz Europa. Allerdings wollen fast alle nicht etwa Mitglieder meiner Partnervermittlung werden, sondern mit mir zusammenkommen. Denn Biolek hatte mich als kleines Blondchen mit Kind in Szene gesetzt, das einen starken Mann an seiner Seite braucht. Später tauchten sogar noch einige Männer bei mir zu Hause auf.“
Vogelsang zog die Konsequenzen und machte „Single meets Single“ dicht. Dabei wirkt es heute wie ein Vorbild für die vielen Online-Partnervermittlungen. Nur war es seiner Zeit voraus: Es musste auf das Fax als Mittel zur anonymen Kommunikation setzen, weil das Internet in seiner heutigen Form noch auf sich warten ließ.
Bergedorfs City Partner wollen die Marketing-Expertin aus dem Fernsehen ins Sachsentor holen
Doch der Auftritt sollte auch positive Folgen haben für die studierte Marketing-Expertin, die ihr Handwerk Anfang der 70er-Jahre zunächst als Schau-Werbegestalterin beim Textilkaufhaus Penndorf im Sachsentor von der Pike auf gelernt hatte: „Nach der Sendung nahm die Bergedorfer Werbegemeinschaft City-Partner Kontakt zu mir auf.“ Die wollten die Fußgängerzone mit frischen Ideen neu beleben und hatten dafür 1995 den Posten eines City-Managers geschaffen.
„Weil ich es bis in die Sendung von Alfred Biolek geschafft hatte, trauten sie mir offenbar wie keinem anderen zu, dieses damals völlig neue Arbeitsfeld der Innenstadt-Entwicklung zu einem Aushängeschild Bergedorfs zu machen“, erinnert sich Vogelsang. Und die City Partner sollten Recht behalten: Neben etlichen Aktionen wie dem „Bärgedorfer Teddy-Treffen“ oder der Kür einer „Rosenkönigin“ als Bergedorfer Markenbotschafterin, organisierte Veronika Vogelsang im Sommer 1997 den ersten verkaufsoffenen Sonntag von ganz Hamburg – natürlich nur in Bergedorf.
Hamburgs erster verkaufsoffener Sonntag – 1997 natürlich in Bergedorfs
Was damals für einige Verstimmung bei der Handelskammer sorgte, wurde anschließend zum Vorbild für die ganze Stadt. „Wir hatten es in Bergedorf einfach am schnellsten geschafft, die für die Öffnung gesetzlich vorgeschriebene Großveranstaltung auf die Beine zu stellen“, erinnert sich die Managerin an das Konzept, alles um das Radrennen Cyclassics zu organisieren.
Bis heute sind darauf gut 100 offene Sonntage gefolgt, fast immer organisiert von Veronika Vogelsang. Auch wenn die City Partner längst mit der Wirtschaftlichen Vereinigung Bergedorf zum WSB („Wirtschaft und Stadtmarketing für die Region Bergedorf“) verschmolzen sind – das Begleitprogramm trug immer ihre Handschrift. Egal ob es um Sport, Kulinarisches aus Italien, den beliebten Erntemarkt oder zuletzt wieder die Erweiterung des Martinsmarktes von St. Petri und Pauli auf die ganze Innenstadt ging.
Nach ohne Organisation der offenen Sonntage endlich mehr Zeit für Lieblingsprojekte
Mit dem kommenden Jahreswechsel zieht sich Veronika Vogelsang nun aus diesem Bereich zurück: „Es ist sehr viel Arbeit, die vielen Akteure von den Geschäftsleuten über die Einkaufszentren bis zu den Vereinen und Ausstellern des Begleitprogramms jedes Mal wieder unter einen Hut zu bekommen“, sagt Veronika Vogelsang, die diesen Schritt dem WSB schon vor zwei Jahren angekündigt hat. „Ich habe so langsam das Rentenalter erreicht und möchte gern mehr Zeit für meine Lieblingsprojekte haben.“
Konkret sind das neben der Pressearbeit für den Weihnachtsmarkt am Schloss vor allem die Flohmärkte im Marktkauf-Center: „Second Emma“ für Frauen sowie der für Baby- und Kinder-Ausstattung. Zudem liebäugelt sie damit, die Ü-40-Tanznächte wieder aufleben zu lassen, die sie bis kurz vor Corona unter anderem im einstigen Commundo-Hotel in Nettelnburg organisiert hat.
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Dass die auch etwas vom Flair der einstigen Kontaktbörse „Single meets Single“ trugen, ist Veronika Vogelsang natürlich klar: „Gebaggert wird immer. Da gibt es keine Altersgrenze“, sagt sie, die selbst als Single lebt. „Menschen zusammenzubringen und dabei einfach ein gutes Gefühl zu vermitteln, das zieht sich nun mal durch mein ganzes berufliches Leben.“
Einzig Projekte nur für Männer bekamen von ihr den Laufpass. Denn ganz im Gegensatz zu ihrer Erfolgsmarke „Second Emma“ hat ihr Flohmarkt „nur für Männer“ gefloppt: „Sowas lebt von der Mund-zu-Mund-Propaganda. Erzähle ich davon einer Frau, wissen es nach zehn Minuten mindestens zehn weitere Frauen. Aber erzähle ich es einem Mann, hat der das nach zwei Minuten schon wieder vergessen.“