Hamburg. Zum 150. Jubiläum der Bergedorfer Zeitung: Anglerverein setzt 14.000 Jungfische aus. Umweltbehörde und viele Spender unterstützen.
Sie rostet fröhlich vor sich hin, das soll sie auch: Die „Anmutung eines historischen Industriebaus“ soll die Bergedorfer Fischtreppe haben, die vor zehn Jahren erst gebaut wurde. Die Kosten von rund 1,6 Millionen Euro haben sich Hamburgs Umweltbehörde und die EU geteilt, um die Wasserrahmenrichtlinie umzusetzen. Ein erstes Monitoring hatte ergeben, dass tatsächlich viele Fische es hervorragend schaffen, die 95 Meter lange Fischtreppe zu passieren und dabei einen Höhenunterschied von gut 1,70 Metern zwischen Hafenbecken und Schlossteich zu überwinden.
Doch jetzt sollen die Aale, Zander, Brassen, Bachforellen und Rotaugen exotischen Zuwachs bekommen: Der Bergedorfer Anglerverein wird Meerforellen und in Kooperation mit unserer Zeitung sogar Atlantischen Lachs in Bille und Schleusengraben aussetzen: „Wir planen die Wiederansiedlung mit einjährigen Jungfischen, die von hier in die Nordsee wandern und nach vier bis sechs Jahren zurückkehren“, sagt Vize-Vorsitzender Jens Kiesel über das Naturprojekt, das Teil unserer Aktionen zum 150. Jubiläum der Bergedorfer Zeitung in 2024 sein wird.
Naturprojekt ist Teil der Aktionen zum 150. Jubiläum der Bergedorfer Zeitung
Ab sofort werden wir regelmäßig über die Vorbereitungen der Angler berichten, die dabei eng mit der Umweltbehörde zusammenarbeiten. Abschließende Gespräche sind für Mitte Dezember geplant, wobei schon jetzt Geld gesammelt wird. Neben einem Zuschuss unserer Zeitung kann jeder Bergedorfer einen kleinen Teil zur Rückkehr der Lachse und Meerforellen nach Bergedorf beitragen: Die Pfandautomaten der Netto-Märkte an der Straße Heidhorst in Boberg und an der Mendelstraße in Lohbrügge sind bis Ende dieses Jahres so eingestellt, dass bei der Auswahl „Spende“ alles Geld an den Bergedorfer Anglerverein fließt.
„Lachse und Meerforellen waren hier zuvor mal heimisch in der Bille, hatten aber keine Möglichkeit aufzusteigen. Schon vor vier Jahren haben wir mit der Umweltbehörde mal 30.000 bis 40.000 Fische ausgesetzt, aber die ziehen ja zurück in ihr Geburtsgewässer in Nordeuropa. Deshalb wollen wir diesmal deutsche Tiere nehmen“, erklärt Kiesel: Etwa 12.000 Meerforellen würde er gern nahe Neumünster kaufen, dazu 2000 Lachse von Hartwig Hahn, der seit mehr als 40 Jahren als „Lachsvater“ in Schleswig-Holstein gilt und zuletzt sogar für sein Zucht-Engagement das Bundesverdienstkreuz bekam.
Auch Reiher, Kormorane und Raubtische sind scharf auf den Lachs
Bis ein solcher Bestand jedoch wieder befischbar ist, müssten schon vier bis fünf Jahre vergehen, weiß Kiesel: „Da braucht es halt schon ein Mindestmaß. Was nicht ganz einfach ist, denn Reiher und Kormorane, Hechte und Zander fressen auch Lachse, wenn sie für sie die richtige Größe haben.“ Und in der Bille gebe es schließlich auch Barsche, die zu den Raubfischen zählen.
Dennoch wolle man das Projekt durchziehen, um die Tiere wieder anzusiedeln. Dafür müssen jedoch etwa 65.000 Euro eingeplant werden, allein 5000 Euro gibt der Verein dazu. Die im Bezirksamt beantragten Sondermittel in Höhe von 30.000 Euro wurden abgelehnt, doch immerhin habe die Fischereibehörde ihre Unterstützung erteilt, ebenso Hamburgs Umweltbehörde: Mitte Dezember soll es an die Detailplanung gehen, bestätigt Behördensprecherin Renate Pinzke und kündigt zudem baldige Bestandszahlen an: „An den Gewässern Obere Bille und Schleusengraben wurde in diesem Jahr das routinemäßige Fischmonitoring im Zuge der Umsetzung der EG-Wasserrahmensichtlinie durchgeführt. Sowie der Abschlussbericht fertiggestellt ist, wird dieser der Öffentlichkeit zugänglich sein.“
Bergedorfer Anglerverein hat 1000 Mitglieder, darunter gut 100 Jugendliche
Die Angelei, so viel steht jedenfalls fest, wird immer beliebter: Immerhin 1000 Mitglieder zählt der Verein, darunter gut 100 Jugendliche und etwa 30 Frauen, die auf ihrer Anlage an der Heinrich-Osterath-Straße ihre Ruten auswerfen, an Teichen und Flüssen. Bei den Pachtgewässern sind genaue Regeln einzuhalten: „Die obere Grenze unserer Pachtstrecke Bille ist die Landesgrenze bei der Marienburg. Abwärts endet die Pachtung oberhalb der Schleuse Alte Holstenstraße.“ Die Strecke von der Bootsvermietung am Schillerufer bis abwärts zur Schleuse Alte Holstenstraße darf indes nur vom Boot aus beangelt werden, zudem nicht von den Brücken.
Auch die beiden bis zu 1,5 Meter tiefen Brauereiteiche werden beangelt, ebenso der Neue Schleusengraben (ab 50 Meter oberhalb der Krapphofschleuse), der Schleusengraben selbst (ab 50 Meter oberhalb der Brücke Kurfürstendeich) und das Bergedorfer Hafenbecken. Dazu muss man wissen, dass es einen regen Gewässerpflegedienst gibt: An etwa 25 Tagen im Jahr arbeiten stets 25 Mitglieder jeweils fünf Stunden an den Gewässern. „Seit der Gründung des BAV im Jahr 1954 wurden somit weit über 200.000 Stunden ehrenamtlicher Arbeit abgeleistet“, heißt es stolz auf der Homepage.
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Fischeier könnten in Kinderplanschbecken erbrütet werden
Was die Wiederansiedlung von Lachsen und Meerforellen angeht, so hat Verein noch andere Zukunftsideen: „Man könnte deren Eier ja auch hier vor Ort in Bergedorf brüten, vielleicht in einem Kinderplanschbecken, durch das man Wasser fließen lässt“, überlegt Jens Kiesel. Dafür wolle er demnächst mal die Wasserwerke am Möörkenweg ansprechen.