Hamburg. Wenn es nach der Politik geht, sollen dort im nächsten Sommer die ersten Camper haltmachen. Aber ob der Zeitplan zu halten ist?
Verreisen im eigenen Wohnzimmer – das war bei vielen Deutschen schon lange vor der Corona-Pandemie eine beliebte Art, den Urlaub zu verbringen. Laut dem Statistik-Portal „Statista“ ist hierzulande bereits seit dem Jahr 2009 ein stetiges Wachstum des Wohnmobilbestands zu verzeichnen. Als dann aber zur Eindämmung der Pandemie Hotels und Ferienwohnungen geschlossen bleiben mussten, gab es einen riesigen Andrang auf Wohnmobile.
Die Neuzulassungen stiegen 2020 im Vergleich zum Vorjahr um über 40 Prozent und die Nachfrage ist ungebrochen: Der Bestand an Wohnmobilen stieg im Jahr 2022 auf rund 767.325 – ein neuer Rekord. Auch in Bergedorf wurde längst erkannt, wie viel touristisches Potenzial in dem Bereich liegt: Doch bislang gibt es im Bezirk für Wohnmobile kaum eine Möglichkeit, einen Stellplatz zu finden.
Am Parkplatz am Eichbaumsee könnten bis zu zehn Wohnmobile stehen
In Ausschüssen der Bezirksversammlung wurden in den vergangenen Jahren immer wieder Anträge von unterschiedlichen Fraktionen auf den Weg gebracht, um Stellplätze zu schaffen – bislang ohne Erfolg. Das könnte sich nun ändern: Idyllisch gelegen in der Natur in unmittelbarer Nähe zum Eichbaumsee soll ein Stellplatz am Parkplatz 2 (P2) am Moorfleeter Deich entstehen. Dafür haben sich die Mitglieder des Fachausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verbraucherschutz einstimmig ausgesprochen, nachdem die finale Entscheidung vor der Sommerpause noch vertagt worden war.
Nachdem die Verwaltung im Juni mitgeteilt hatte, dass Wohnmobilstellplätze etwa neben dem Bike-Port am Tatenberger Deich, neben dem Autohaus Krüll am Sander Damm oder auf einer AKN-Fläche am Neuen Weg aus verschiedenen Gründen nicht möglich sind, war außer der Fläche am Eichbaumsee-Parkplatz zuletzt nur noch der Frascatiplatz im Rennen. Auch weil dieser ohnehin als Parkplatz und Veranstaltungsort bereits vielseitig begehrt ist, unterstützt die Politik nun den Vorschlag der Verwaltung, die Fläche in Allermöhe als Wohnmobilstellplatz einzurichten. Das Bezirksamt wird nun gebeten, die hierfür nötigen Mittel einzuwerben.
Herrichtung der Fläche könnte bis zu 400.000 Euro kosten
Auf bis zu 400.000 Euro wurde die Summe geschätzt, die gebraucht wird, um die heutige Rasenfläche, die an die Abfahrt zum Parkplatz anschließt, in einen Stellplatz für etwa acht bis zehn Fahrzeuge herzurichten. Auch eine notwendige Infrastruktur mit Strom- und Wasserabschluss, eventuell auch WLAN und eine Möglichkeit zur Fäkalienentsorgung, könnten geschaffen werden. Radwege, touristische Ausflugsziele und Gastronomie liegen in der Nähe.
Wer dabei allerdings an einen zweiwöchigen Urlaub am Seeufer denkt, ist an der falschen Adresse: Vorgesehen ist eine kurze Nutzung von etwa ein bis drei Tagen, etwa wenn Camper auf der Durchreise sind oder für einen Kurztrip die Stadt ansteuern. Eine längerfristige Nutzung oder Dauernutzung ist nicht vorgesehen.
Gärtnerei in Ochsenwerder ist Teil eines besonderen Reiseführers
Wenn es nach der Politik geht, kann es jetzt gar nicht schnell genug gehen: Am besten sollen dort schon im nächsten Sommer die ersten Camper haltmachen. Einen genauen Zeitplan gibt es allerdings nicht, muss zunächst das notwendige Geld zur Verfügung stehen und auch ein Pächter gefunden werden, der den Platz betreiben und unterhalten möchte. Denn das Bezirksamt selbst hat keine Ambitionen, diese Aufgabe zu übernehmen. Einen möglichen Interessenten hatte es im Sommer aber bereits gegeben, wie Baudezernent Lars Rosinski im Juni berichtete.
Bis dahin müssen Camper, die gern eine Nacht in den Vier- und Marschlanden verbringen möchten, Stellflächen privater Anbieter ansteuern. Wie etwa die Gärtnerei von Axel Sannmann am Ochsenwerder Elbdeich 195, die seit vergangenem Jahr im Stellplatzführer „Landvergnügen – Der andere Stellplatzführer“ gelistet ist – als einzige Adresse in Hamburg. Direkt im ersten Jahr wurde das Angebot schon gut angenommen, machten mehr als 80 Fahrzeuge aus Deutschland, der Schweiz oder Dänemark auf dem Hof halt, resümiert Kristof Sannmann, Sohn des Gärtnerei-Chefs.
Wassererlebnis-Karte für Bergedorf führt Stellplätze für Wohnmobile auf
In ganz Deutschland gibt es 1400 landwirtschaftliche Betriebe, die Wohnmobilreisende für eine Nacht auf ihrem Hof empfangen. Die Camper stehen dort kostenfrei, sind aber dazu angehalten, den Hof durch den Kauf der hofeigenen Erzeugnisse zu unterstützen. Axel Sannmann bietet den Campern einen Stromanschluss, für dessen Nutzung allerdings eine Pauschale bezahlt werden muss. Zudem hat die Gärtnerei, die in unmittelbarer Nähe zum Hohendeicher See liegt, auch SUPs und Fahrräder im Verleih.
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Weitere Wohnmobilstellplätze sind nach vorheriger Anmeldung auf dem Erlebnisbauernhof Burmester am Moorfleeter Deich 373 oder auf dem Gelände der Werft Allermöhe am Allermöher Deich 412 zu finden. Eine Übersicht über die Adressen ist in der Karte „Wassererlebnis“ zu finden, die in diesem Jahr in der ersten Auflage von der Tourismus-Sparte des Vereins „Wirtschaft und Stadtmarketing für die Region Bergedorf“ (WSB) herausgegeben worden ist.