Bergedorf. Kreatives aus Opal, Jade und Serpentinit: Bildhauer aus Simbabwe präsentieren 80 Shona-Skulpturen – plus die Geschichten dahinter.
Was macht die afrikanische Prinzessin in dem 700 Quadratmeter großen Garten am Möörkenweg 35? Und woher kommen die „Flower Lady“ und das „Dancing girl“? Auf jeden Fall hinterlassen sie schwerwiegende Eindrücke. Denn sie wiegen locker bis zu 100 Kilogramm und tummeln sich im lauschigen Privatgarten von Angelika Meißner direkt an der Bille. Und der ist bis zum 15. November jetzt täglich 24 Stunden für jedermann zugänglich. Wer an einem Wochenende vorbeikommt, trifft zwischen 15 und 18 Uhr auch den Bildhauer Innocent Wasarirevu. Der Künstler aus Simbabwe erklärt gern die Geschichte der Shona-Skulpturen.
„Der Stein an sich birgt schon ein Kunstwerk, sobald man mit ihm in den Dialog tritt und gedanklich in eine Idee eintaucht“, sagt der 51-Jährige, der keine Planskizze braucht, sondern seine Kreativität allein mit Hammer, Meißel und Sandpapier zum Ausdruck bringt. „Wir arbeiten in Simbabwe nur mit den Händen und brauchen keine Maschinen“, betont der Mann, der zur Ethnie der Shona zählt, wie die Mehrheit der christlichen Bevölkerung in der ehemals englischen Kolonie Rhodesien.
Ausstellung: Künstler aus Simbabwe zeigen die Kunst ihrer Heimat an der Bille
„Es gibt bei uns viele Künstler, die an die Touristen verkaufen. Denn 95 Prozent der Bevölkerung sind arbeitslos, haben keinen richtigen Job“, erklärt Innocent Wasarirevu aus Harare. Auch aus politischen Gründen wanderte der Sohn eines Polizisten 2016 mit seiner Familie nach Deutschland aus. Heute lebt er mit Frau und vier Kindern in Geesthacht. Hauptberuflich ist er als Fahrer beim Hamburger Behinderten-Transportdienst „Fliegende Rollis“ unterwegs, aber an den Wochenenden widmet er sich ganz der afrikanischen Kunst: „Die Künstler werden vorab bezahlt, und ich und versuche, die Werke hier zu verkaufen.“ Wobei die Preise je nach Größe zwischen 25 und 3000 Euro liegen.
Zum Material zählen Opal und Kobalt, ein Stein namens Leopard-Rock, Butter Jade und der Spring Stone. Letzterer ist ein besonders harter, dunkler Serpentinit-Stein, der in der Region Tengenenge vorkommt und recht oft für Shona-Skulpturen verwendet wird. Den Namen Spring Stone sollen die Künstler ihm gegeben haben, weil das Material so fest und dicht ist, dass der Meißel erst einmal zurückspringt, wenn man den Stein schlagen will.
Wegen der enthaltenen Mineralien sei es verboten, die Rohlinge zu exportieren, erklärt der Steinmetz: „Deshalb kann ich selbst hier nur beim Vertrieb helfen oder auch mal mit warmem Holzwachs polieren.“ Jedenfalls hübsch sehen die gut 80 Exponate im Garten aus, manche bis zu zwei Meter hoch.
„Schon am vergangenen Wochenende war hier eine Menge los, kamen viele Waldspaziergänger vorbei“, freut sich Angelika Meißner, die den Künstler kennenlernte, als er im Jahr 2000 bei der Expo in Hannover ausstellte. Bis dato hatte sie von Simbabwe sehr wenig Ahnung, gibt sie lachend zu: „Ich habe Alt-Orientalistik studiert und Studienreisen durch die arabische Welt geleitet“, sagt die Mutter zweier erwachsener Söhne.
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Jedenfalls ist sie herzlich gern Gastgeberin für die „African Queen“ oder „Big Mama“ in ihrem Garten, auch eine schüchterne Lady aus weißem Opal ist dabei. Wer wissen möchte, wie die „Weisheit“ künstlerisch umgesetzt wurde oder gar der Titel „Du hörst mir nie zu, Mama“, kommt einfach mal in den nächsten sechs Wochen vorbei. Denn wer Shona-Skulpturen kennenlernen möchte, muss nicht extra das Museum of Modern Art in New York besuchen oder das Musée Rodin in Paris.