Bergedorf. Bezirksamt Bergedorf hatte fünf Elbfiets in den Vier- und Marschlanden testen lassen. Nun sind die Ergebnisse ausgewertet.
Wie wird ein Lastenrad in den Vier- und Marschlanden genutzt? Welche Strecken werden damit in der Alltagsmobilität zurückgelegt? Und könnte es sogar eine Alternative zum Auto sein? Das durften in diesem Jahr 15 Haushalte testen. Im sogenannten Reallabor stellte das Bezirksamt Bergedorf dafür fünf Elbfiets zur Verfügung, die von den Testpersonen jeweils einen Monat lang genutzt werden konnten.
Und der Test war ein „echter Erfolg“, wie Cornelia Schmidt-Hoffmann nun bilanziert. Die Bewohnerinnen und Bewohner der Vier- und Marschlande hätten großes Interesse gezeigt, sich an dem Reallabor zu beteiligen und damit einen direkten Beitrag für den Klimaschutz geleistet, freut sich die Bezirksamtsleiterin. Und das sei schließlich essenziell für das Gelingen des Projekts gewesen.
Erfolgreicher Lastenrad-Test mit dem „Elbfiets“
Insgesamt hatten sich 224 Haushalte um eine Teilnahme beworben. „Wir hatten also die Qual der Wahl“, stellt Bergedorfs Radverkehrskoordinatorin Birgitt Redemann fest. Neben den persönlichen Motiven spielte bei der Auswahl der Testpersonen auch das Alter und die Haushaltsgröße eine Rolle, damit sowohl die Erfahrungen von jungen Familien mit Kindern unter acht Jahren als auch Nutzer im Alter über 50 Jahre, bei denen der Transport von Kindern nicht im Fokus stand, in den Test einfließen konnten. Die finale Wahl der Probanden fand per Auslosung statt.
Die Vier- und Marschlande in den Fokus zu stellen sei eine gute Idee gewesen, stellt Cornelia Schmidt-Hoffmann fest. Schließlich gebe es dort nach wie vor ein großes Mobilitätsproblem: Um die weiten Strecken zu bewältigen, bleibe meist nur das Auto, wenn Busse nur gelegentlich fahren und es On-Demand-Angebote nach wie vor nicht gibt. „Es gibt noch viel zu tun, um die Infrastruktur zu verbessern“, weiß die Bezirksamtsleiterin. Die individuellen Erfahrungen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer leisteten einen wertvollen Beitrag dazu, stellt Cornelia Schmidt-Hoffmann fest.
In zwölf Wochen insgesamt 3270 Kilometer gefahren
Alle Haushalte, die an dem Test teilgenommen haben, haben mindestens ein Auto auf dem Hof stehen. Mehr als zwei Drittel haben sogar mehr als einen Pkw, wertet Birgitt Redemann aus. Signifikant sei auch die geringe Nutzung von Bus und Bahn: „Nur 13 Prozent nutzen den öffentlichen Verkehr an mehr als drei Tagen im Monat“, so Birgitt Redemann. Und selbst wenn alle ein Fahrrad haben, stand die Nutzung vor dem Test nicht hoch im Kurs: „Radfahren zeigt eine geringe Bedeutung. Mehr als jeder vierte Nutzer fährt maximal einmal im Monat oder gar nicht Fahrrad“, analysiert die Radverkehrskoordinatorin.
Das änderte sich im Reallabor aber schlagartig: Fast die Hälfte aller Probanden fuhr häufiger als geplant, auch wenn die Länge der Strecken unter den persönlichen Erwartungen zurückblieb, bilanziert Redemann. Fast 70 Prozent aller Wege hatten eine Länge bis fünf Kilometer. Zu 80 Prozent habe das Lastenrad Fahrten mit dem Auto (motorisierter Individualverkehr) ersetzt. Insgesamt wurden in den zwölf Testwochen 3270 Kilometer mit den fünf Rädern zurückgelegt. Das individuelle Nutzungsverhalten sei allerdings sehr inhomogen gewesen. „Die Ursachen hierfür zu ergründen, wird auch Teil der Studie sein“, erklärt Birgitt Redemann.
Lastenrad-Test: Bergedorf als Vorbild für andere Bezirke
Während ökologische und sportliche Aspekte die Testpersonen motiviert hätten, mit dem Elbfiets zu fahren, waren die Unhandlichkeit und auch die damit verbundene Unsicherheit im Straßenverkehr der stärkste Treiber für eine reduzierte Nutzung des Lastenrades, hat Bergedorfs Radverkehrskoordinatorin ausgewertet. Auch logistische Probleme, wie die Schwierigkeit einen Stellplatz zu finden oder auch die Einkäufe zu verstauen, seien kritisiert worden.
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Langfristig habe die Aktion einen Effekt in 13 von 15 Haushalten gehabt, stellt Birgitt Redemann fest. Fünf Haushalte hätten erklärt, ein Lastenrad erwerben und in die tägliche Alltagsmobilität integrieren zu wollen. Einer der fünf Kaufinteressierten beabsichtige sogar die Abschaffung eines Autos. Weitere acht Haushalte wollen zwar kein Lastenrad kaufen, würden aber Interesse bekunden an der temporären Nutzung eines Lastenrades wie durch Leasing oder auch Verleihsysteme.
Mit dem Reallabor war Bergedorf Vorreiter und auch Vorbild: Weitere Bezirke hätten bereits Interesse bekundet, ebenso ein Reallabor durchführen und die dafür angeschafften E-Lastenräder nutzen zu wollen, bilanziert Birgitt Redemann.