Zollenspieker. Familien, alte und junge Menschen testen die Art der Fortbewegung vier Wochen lang. Warum sie bei dem Projekt zur Mobilität mitmachen.
Das Reallabor Elbfiets hat 225 Menschen in Bergedorf neugierig gemacht. Sie sind im Alter zwischen 18 und 70 Jahren und haben sich beim Bezirksamt Bergedorf beworben, das Lastenfahrrad mit E-Antrieb eine Weile ordentlich auszutesten.
In drei Phasen von jeweils vier Wochen wird fünf Personen oder Familien jeweils ein Fahrrad der Marke Bakfiets, das ist holländisch und bedeutet Lastenrad, überlassen. Am Wochenende wurden die Lastenräder nun auf dem Schulgelände der Grundschule Zollenspieker den ersten Testern und Testerinnen übergeben.
Mobilität per E-Lastenrad: Vier- und Marschländer testen
Bezirksamtssprecher Lennert Hellmessen: „Erste Bedingung an dem Projekt teilzunehmen, war der Wohnort. Alle Tester müssen in den Vier- und Marschlanden wohnen. Außerdem die Motivation. Wir wollten sehen, ob sich die Bürger Gedanken gemacht haben. Bewertet wurde das natürlich nicht.“
Mobilitätsmanagerin Annika Hanke: „Die Auswahl, welche 15 Personen die Räder testen dürfen, war relativ schwer. Wir hatten junge Familien und ältere Paare, aber auch Imker und Hundebesitzer unter den Bewerbern. Nach der Vorauswahl laut unserem Katalog mussten wir die Tester auslosen. Wir möchten mit dem Reallabor Elbfiets feststellen, wie groß das Potenzial des Lastenrades ist, das Auto zu ersetzen.“ Hannes Leitner von Velo 54, der die Räder zur Verfügung stellen durfte, berichtet: „Die Elbfiets wiegen etwa 38 Kilogramm, sind 2,70 Meter lang und haben laut Hersteller eine Ladekapazität von 100 kg zuzüglich der fahrenden Person.“
Bezirksamtsleiterin Cornelia Schmidt-Hoffmann begleitete die Übergabe an die ersten fünf Nutzer des Lastenrades und betonte: „Das Radfahren ist nur ein Baustein, selbstverständlich wird es für weniger mobile Bürger weitere Aktionen zum Klimaschutz in Bergedorf geben. So wird beispielsweise eine engere Taktung des Öffentlichen Nahverkehrs insbesondere im ländlichen Raum angestrebt.“
Familie Utes will den Wechsel vom Auto zum Fahrrad testen
Und dann wurden die Lastenräder mit E-Antrieb erstmals erprobt. Hannes Leitner wies ausführlich in die Handhabung der Räder ein, beantwortete alle Fragen. Radverkehrskoordinatorin Birgitt Redemann und Annika Hanke erläuterten den Versicherungsschutz. Und wenn das Rad gar nicht mehr will: Es gibt einen Abschleppservice und eine rund um die Uhr erreichbare Notfallnummer.
Norbert Utes (62) aus Kirchwerder gehört zu den erfolgreichen Bewerbern. Er darf gemeinsam mit seinem Sohn Oliver Utes und seiner Tochter Simone Herzog das Gefährt erproben. „Wir werden das Elbfiets zum Abholen unserer insgesamt sieben Enkelkinder im Alter von einem bis elf Jahren nutzen, aber natürlich auch für die Freizeit. Und ich werde schauen, ob ich damit die 20 Kilometer zu meiner Arbeit fahren werde“, sagt Norbert Utes.
Ehefrau Adina Utes (64): „Bisher haben wir die Kinder immer mit dem Auto abgeholt. Das wird sich jetzt ändern.“ Ob ein Umstieg vom Auto auf das Fahrrad kommen wird, darüber hat sich die Familie noch keine Meinung gebildet. „Wir sind gespannt, wie sich das alles anfühlen wird. Schließlich fahren wir auch sonst sehr viel mit dem Fahrrad“, so Norbert Utes. E-Bikes haben sie bereits zu Hause und überlegen, ob ein Anhänger dafür sinnvoll sei.
Ehepaar hat schon über die Abschaffung eines Autos diskutiert
Mareike (33) und Jonas Zeipelt (30) mit den Kindern Noah (eineinhalb) und Liah (5) aus Ochsenwerder gehören zu den testenden jungen Familien. Die kleine Liah kann bereits alleine Fahrrad fahren: „Ohne Stützräder“, wie sie stolz hervorhob. Mareike Zeipelt: „Wir haben Fahrräder ohne Motor und zwei Autos in der Familie. Ich werde während der Testphase das Lastenrad täglich etwa 20 Kilometer einsetzen, für den Arbeitsweg und auch für die Freizeit.“ Die Eheleute haben bereits die Abschaffung eines Autos diskutiert, jedoch Bedenken, wenn sie an das schlechte und rutschige Wetter im Winter denken. Mareike Zeipelt: „Die Kosten für ein Lastenrad liegen zwischen 5000 und 6000 Euro etwa, vielleicht wird es bei uns ein Pedelec, ein Anhänger ist bereits vorhanden.“
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Auch das Ehepaar Heike und Gerhard Deutschmann aus Curslack wird in der nächsten Phase das Lastenrad testen. Hannes Leitner erklärte der bereits pedelecerfahrenen Heike Deutschmann (68) Besonderheiten des Lastenrades. Nach einer ersten Probefahrt auf dem Schulgelände berichtet sie: „Etwas ungewohnt ist das schon, da ich das vordere Rad gar nicht sehen kann.“ Ehemann Gerhard fährt bislang ein herkömmliches Fahrrad, beide sind gespannt auf die Testphase.
Bewertungsbögen geben Aufschluss darüber, was klappt und was nicht
Annika Hanke: „Während der vierwöchigen Testphase erhalten die Teilnehmer jeweils nach zwei und vier Wochen Evaluationsbögen, ähnlich dem Bewerbungsbogen, in denen sie alle positiven und negativen Erfahrungen sowie Anregungen notieren können. Was klappt, wo sind Verbesserungen möglich, auch die Kilometerzahl wird abgefragt. Wir werten die Bögen am Ende der drei Testphasen aus.“