Hamburg. Etwa 30 Besucher beim Infoabend zur zweiten Wohnunterkunft Brookkehre. Kritik gab es wenig. Welche Fragen sie beschäftigt haben.

Äußerten die Anwohner und Anlieger vor der Errichtung der Wohnunterkunft Brookkehre I viele Sorgen und Befürchtungen, bleibt massive Kritik diesmal, vor dem Bezug der Unterkunft Brookkehre II (324 Betten) in der direkten Nachbarschaft des bestehenden Containerdorfes (440 Betten), aus. Bei einem Info-Abend in der Hasse-Aula, zu dem sich knapp 30 Besucher einfanden, ging es vor allem darum, ob für die Asyl- und Schutzsuchenden ausreichend gesorgt wird.

Noch in diesem Monat sollen die Bauarbeiten beendet und alle Wohncontainer aufgestellt werden. Der Einzug der ersten Asyl- und Schutzsuchenden, darunter können grundsätzlich auch obdachlose Deutsche sein, ist für August geplant. Die Menschen leben in Dreizimmer-Wohncontainern. In jedem Zimmer stehen zwei Betten. Zwei Personen stehen 15 Quadratmeter plus Küche und Bad zur Verfügung. „Alle Container sind in gleicher Bauweise gefertigt, weil die Herstellung dadurch günstiger ist“, sagte Malte Stehr von der Stabsstelle Flüchtlinge und übergreifende Aufgaben

Wohnunterkunft Brookkehre II: Sorgen um das Wohlergehen der Geflüchteten

Bezirksamtsleiterin Cornelia Schmidt-Hoffmann betonte, dass neue Bewohner von bereits bestehenden sozialen Angeboten profitieren könnten und die Angebote für zwei Unterkünfte an einem Standort gebündelt würden. Bei Fragen, Sorten und Nöten könnten sich Anwohner jederzeit ans Bezirksamt wenden.

Für Geflüchtete werden händeringend Unterkünfte gesucht. Stehr nannte aktuelle Zahlen für Hamburg: Bisher seien in diesem Jahr 9479 Asyl- und Schutzsuchende registriert worden. 2022 waren es 53.965 und im Jahr zuvor 8548. „Es gibt abnehmende Zuzugszahlen aus der Ukraine“, sagte Stehr.

Aus der Vogelperspektive: Die alte Unterkunft links (in blau) und das Gelände, auf der die neue Wohnunterkunft entsteht (rot markiert). Oben, nördlich der Unterkünfte, liegt die Straße Brookkehre.
Aus der Vogelperspektive: Die alte Unterkunft links (in blau) und das Gelände, auf der die neue Wohnunterkunft entsteht (rot markiert). Oben, nördlich der Unterkünfte, liegt die Straße Brookkehre. © HA Grafik, HA Infografik, F. Hasse | Knobloch, Till/Frank Hasse

Hamburg braucht 10.000 weitere Unterbringungsplätze

Die Zahlen bei den Geflüchteten aus anderen Ländern seien hingegen konstant. Das Niveau sei auch jetzt wesentlich höher als vor Beginn des Ukraine-Krieges. Dieses Jahr müssten mindestens 10.000 neue Unterbringungsplätze generiert werden. Es sei noch unklar, wer im August in die neue Unterkunft einzieht, sagte Imme Stoffers von fördern & wohnen.

In den vergangenen Monaten seien Geflüchtete vor allem aus Ländern wie Afghanistan, Syrien, Ghana, Russland und der Ukraine nach Hamburg gekommen. Ein „ausdrücklicher Ukraine-Standort“ werde die neue Unterkunft nicht, verriet Imme Stoffers. In der Brookkehre I betrage der Anteil obdachloser Deutscher rund ein Drittel, sagte sie. Das Zusammenleben zwischen ihnen und den Geflüchteten gestalte sich „nicht allzu problematisch“.

„Bei Fragen, Sorten und Nöten können Sie sich jederzeit an uns wenden“: Bezirksamtsleiterin Cornelia Schmidt-Hoffmann bei ihren Ausführungen in der Hasse-Aula.
„Bei Fragen, Sorten und Nöten können Sie sich jederzeit an uns wenden“: Bezirksamtsleiterin Cornelia Schmidt-Hoffmann bei ihren Ausführungen in der Hasse-Aula. © Heyen

Warum Bergedorf und nicht Blankenese?

„Blankenese ist auch hübsch. Warum wird die Unterkunft in Bergedorf gebaut?“, wollte eine Besucherin wissen. Die Unterbringung sei eine gesamtstädtische Kraftanstrengung und relativ ausgeglichen auf die Bezirke verteilt, entgegneten die Fachleute. Man sei interessiert daran, keine Gettos zu schaffen. In Bergedorf sei man sogar „einen Tick unter dem, was wir laut Verteilungsschlüssel aufnehmen müssen“, sagte die Bezirksamtsleiterin. Die Situation sei „ganz anders als 2015“.

Neubau Flüchtlingsunterkunft / Wohnunterkunft Brookkehre II.
Neubau Flüchtlingsunterkunft / Wohnunterkunft Brookkehre II. © Ella Pamperin | Ella Pamperin

„Wer bleibt, dem wurde das Asylrecht zugesprochen“, sagte Stehr nachdem zuvor nach Wirtschaftsflüchtlingen gefragt worden war. „Dann müsse die entsprechende Infrastruktur geschaffen werden, muss es auch genug Ärzte geben“, rief eine Frau aus dem Publikum. Eine andere Frau wollte wissen, ob Flüchtlinge besonders traumatisiert seien. Ob die Kinder und Frauen genug geschützt seien, lautete eine andere Frage. Ob es ausreichend Dolmetscher und welche flankierenden Maßnahmen es gebe? Alles sei geregelt und für alle werde ausreichend gesorgt, konnten die Fachleute die Besucher beruhigen.

Geflüchtete Kinder und Jugendliche werden schnell eingeschult

Susanne Danke von der Schulbehörde berichtete, dass seit März 2022 rund 8000 Kinder und Jugendliche mit Flüchtlingsstatus an Hamburger Schulen aufgenommen worden seien. „Das Ziel ist ein Schulplatz innerhalb von vier Wochen – und das erreichen wir auch.“ Die jungen Menschen würden in internationalen Vorbereitungsklassen (IVK) aufgenommen und spätestens nach einem Jahr in Regelklassen wechseln.

In Bergedorf gebe es elf Schulen mit IVK, darunter fünf Grundschulen. Mirjam Hartmann, im Bergedorfer Bezirksamt zuständig für die Integration und Migration von Geflüchteten, verriet, dass in der jüngeren Vergangenheit 1,1 Millionen Euro für 24 soziale Projekte für Geflüchtete in Bergedorf investiert worden sind.

Menschen, die sich in den Unterkünften ehrenamtlich engagieren wollen, sind willkommen. Ihre Ansprechpartnerin ist Lisa Winkler von fördern & wohnen. Weitere Infos per Mausklick auf foerdernundwohnen.de/engagieren.

Baugenehmigung darf zweimal verlängert werden

Die „begrenzte Baugenehmigung“ für die „Brookkehre II“ endet am 3. Mai 2027, genau wie die – inzwischen verlängerte – Genehmigung für die erste Unterkunft. Stehr: „Die Baugenehmigung darf zweimal verlängert werden.“ In knapp vier Jahren solle ein „Kassensturz“ gemacht und auf die dann aktuelle Flüchtlingssituation geschaut werden.

Warum der Infoabend erst jetzt sei, wo die Unterkunft bereits aufgebaut wird, wollte ein Besucher wissen. „Das ist der Sache abträglich, Gerüchte machen die Runde.“ Cornelia Schmidt-Hoffmann gab ihm recht und entschuldigte sich dafür.

Es soll ein Kennenlern-Fest geben, zu dem die Menschen aus der Nachbarschaft eingeladen werden, verriet Immer Stoffers, „aber vielleicht erst im Frühling“.