Hamburg. Vor 25 Jahren haben Denkmalschützer den Abriss der Sternwarte verhindert. Das wird gefeiert – auch an sonst versteckten Plätzen.
Es klingt unglaublich: Mitte der 90er-Jahre wäre Bergedorfs Sternwarte beinahe abgerissen worden – oder als nobles Wohnquartier in den Händen von Investoren gelandet. So lautete jedenfalls der Plan der Hamburger Wirtschaftsbehörde – mit Einverständnis der Universität, die ihre Astrophysiker von Bergedorf nach Hamburg holen und die Teleskope in einem noch zu gründenden naturwissenschaftlichen Museum unterbringen wollte.
Zum Glück kam alles anders. Und das lag an einem kleinen Kreis engagierter Denkmalschützer, der sich vor 25 Jahren zum „Förderverein Hamburger Sternwarte“ zusammenschloss. Sein Jubiläum und die sagenhafte Geschichte der Rettung des 1906 bis 1912 gebauten größten Observatoriums Europas wird am Mittwoch, 21. Juni, nun kräftig gefeiert.
25 Jahre Förderverein Sternwarte: Großes Sommerfest und kleiner Festakt zum Jubiläum
Ab 16 Uhr steigt auf dem Gelände, in den Kuppeln und vielen sonst gewöhnlich versteckten Schätzen des Observatoriums am Gojenbergsweg 112 ein großes Sommerfest. Für 20 Uhr ist ein kleiner Festakt geplant mit anschließendem Vortrag zur Geschichte des Fördervereins und der Zukunft der Sternwarte, auf der bis heute die Astrophysiker der Hamburger Universität forschen – und die sogar aussichtsreicher Kandidat für den Titel „Weltkulturerbe“ ist.
Referieren wird Prof. Dr. Gudrun Wolfschmidt, Vorsitzende des Fördervereins und Sternwarten-Retterin der ersten Stunde. Sie erinnert sich noch gut an die Schock-Nachricht, die sie als frisch berufene Professorin des Instituts der Geschichte der Naturwissenschaften an der Uni Hamburg 1997 erreichte: „Die Stadt hatte es geschafft, ausgerechnet die Sternwarte nicht unter Denkmalschutz zu stellen, obwohl sie baulich, wissenschaftlich und historisch einen herausragenden Rang hat.“
Verkauf der Sternwarte war im Hamburger Senat schon beschlossene Sache
Die Gründe für dieses „Versäumnis“ kannte Dr. Agnes Seemann, die seit 1993 als Mitarbeiterin der Kulturbehörde Bergedorfs Denkmaltopographie erarbeitet hatte: Der Verkauf des Ensembles samt seinem malerischen Park auf dem Gojenberg war eigentlich schon beschlossene Sache. Da war für Denkmalschutz kein Platz mehr.
Doch Agnes Seemann ließ sich von den Plänen der übermächtigen Wirtschaftsbehörde nicht beeindrucken. Die junge Denkmalschützerin trug die Sternwarte 1996 in die Hamburger Denkmalliste ein, was im Senat gar nicht gut ankam. Schließlich hatte man doch fest mit einem zweistelligen Millionen-Betrag zur Sanierung des klammen Haushalts gerechnet.
Förderverein schafft es, die Öffentlichkeit für die Sternwarte zu begeistern
Auch wenn angeblich schon an ihrem Stuhl gesägt wurde, machte Agnes Seemann weiter, schmiedete mit Gudrun Wolfschmidt und einem kleinen Kreis Gleichgesinnter eine schlagkräftige Truppe. Als die 1998 zum „Förderverein Hamburger Sternwarte“ wurde, waren damit endgültig alle Verkaufspläne vom Tisch – auch weil es gelang, die Begeisterung für die Sternwarte mit Tagen der offenen Tür, regelmäßigen Führungen, Vorträgen, Beobachtungsabenden und jährlich Zehntausenden Besuchern weit in die Bevölkerung zu tragen.
Gleichzeitig ging es im Denkmalschutz voran: Nach dem Eintrag in Hamburgs Liste wurde die Sternwarte 2008 in Berlin zum „Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung“ gekürt. Und 2012 folgte der Anlauf, gleich auch Weltkulturerbe zu werden. Doch bevor dieser Antrag bei der Unesco in Paris landete, macht die Kultusministerkonferenz den Bergedorfern einen Strich durch die Rechnung. Sie verwehrte einen Platz in der noch bis 2025 laufenden deutschen Vorschlagsliste.
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Neuer Vorstoß für den Titel Weltkulturerbe
Mittlerweile hat Hamburg aber einen neuen Vorstoß gestartet und will die Sternwarte jetzt auf die nächste Liste bringen, also einen Kandidaten-Platz ab 2026 ergattern. Vorher muss wieder die Kultusministerkonferenz entscheiden. Sie hat das Thema jetzt im Oktober auf der Tagesordnung.
Wer den Geburtstag des Fördervereins mitfeiern will, braucht keinen Eintritt zu zahlen. Auch alle Besichtigungen sind frei, wobei Spenden für die Arbeit des Vereins natürlich willkommen sind. Wer von einem Blick in den Himmel träumt, kann mit den Amateurastronomen im Park die Sonne ins Visier nehmen – oder durch die riesigen Teleskope in den Kuppeln mit etwas Glück die Venus studieren. Geöffnet sind auch das Sternwarten-Museum über den legendären Optiker Bernhard Schmidt († 1935) und die Ausstellung „Weltbild im Wandel“ über Nikolaus Kopernikus († 1543), der das Bild von der Erde als Zentrum des Universums widerlegte.