Bergedorf. Bergedorfer Steuerberater empfiehlt radikales Vorgehen, „vorsorglich und fristgerecht“. Was die Behörde dazu zu sagen hat.

  • Die Finanzbehörden schicken die sogenannten Grundsteuerwertbescheide heraus
  • Ein Steuerberater wird jetzt deutlich und rät Einspruch dagegen einzulegen

Es ist ein unscheinbares Formblatt, das alle Grundeigentümer in diesen Wochen erreicht – doch sein Inhalt kann Vorbote einer teuren Zukunft sein: Die Finanzbehörden verschicken die sogenannten Grundsteuerwertbescheide, auf deren Basis ab 2025 die Grundsteuer neu berechnet wird. Hintergrund: Das Bundesverfassungsgericht hatte geurteilt, dass die deutschlandweit bisher gängige, auf Einheitswerten von 1964 oder gar 1935 fußende Methode novelliert werden muss.

Wie hoch die neue Steuer im Einzelfall genau sein wird, steht zwar erst mit der Umstellung zum Jahr 2025 fest. Doch handelt es sich dann nur noch um die geldwerte Umrechnung der jetzt mitgeteilten Werte von Wohnfläche, Grundstücksgröße und einigen wenigen weiteren Zahlen. Wer Einspruch einlegen will, muss das deshalb schon heute tun – und zwar ganz schnell: Nur einen Monat nach Erhalt des Grundsteuerwertbescheides ist die Widerspruchsfrist abgelaufen.

Grundsteuer: „Jeder Eigentümer sollte Einspruch einlegen“

„Es wird Verlierer und Gewinner geben“, ist sich Niels Bonn sicher. Der Inhaber der Bergedorfer Steuerberater- und Wirtschaftsprüferkanzlei Bonn & Partner traut den Aussagen etwa von Hamburgs Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) nicht, dass das neue Modell gerecht sei und niemanden stärker belasten werde als bisher. Bonn rät deshalb jedem Grundeigentümer „vorsorglich und fristgerecht“ Einspruch einzulegen – auch wenn alle Angaben korrekt sind, also dem entsprechen, was der Grundeigentümer mit Frist bis Ende Januar 2023 online hatte beim Finanzamt einreichen müssen.

Steuerberater Niels Bonn.
Steuerberater Niels Bonn. © Birte Keller | Birte Keller

Was Niels Bonn verwundert: „Nachdem Hamburgs Finanzbehörde schon rund 30 Prozent der Grundsteuerwertbescheide verschickt hat, stockt das jetzt plötzlich.“ Er hält es für denkbar, dass die Flut der Einsprüche die Behördenleitung überrascht hat – oder dass sie einen Fehler in ihren Bescheiden entdeckte: „Ich jedenfalls finde es überraschend, dass trotz der zu erwartenden Klagen keines der Schreiben den Zusatz ,unter Vorbehalt der Nachprüfung’ enthält. Dann hätte jeder Grundeigentümer von Gerichtsentscheidungen profitiert, ohne selbst Einspruch einlegen zu müssen.“

Verband Haus und Grund sieht Hamburgs neue Grundsteuerberechnung als vorbildlich

Oliver Kuhlmann, Vorsitzender des 2100 Mitglieder starken Bergedorfer Grundeigentümervereins, glaubt dagegen nicht an eine Taktik der Behörde: „Wir haben eine sehr starke Nachfrage nach Beratung in Sachen neue Grundsteuer und damit einen recht guten Einblick in die verschickten Grundsteuerwertbescheide. Es zeigt sich, dass die Hamburger Finanzbehörde jede einzelne Angabe genau so in den Bescheid übernommen hat, wie sie vom Eigentümer gemacht wurde.“

Grundsteuer- „Einsprüche gegen die Bescheide ruhen lassen!“

Gerade mit Blick auf Hamburg sehen die großen Interessenvertretungen wie der Verband Haus und Grund deshalb keinen Grund für einen vorsorglichen Widerspruch – auch weil die Hansestadt etwa im Unterschied zu Schleswig-Holstein für die Berechnung der Grundsteuer ein Wohnlagenmodell einführt. Damit werden die absehbar weiter steigenden Bodenwerte nämlich nicht automatisch zu einer stetig steigenden Grundsteuer führen.

Einspruchsquote liegt in Hamburg bisher nur bei 7,9 Prozent

Das unterstreicht auf Nachfrage unserer Redaktion auch die Hamburger Finanzbehörde: „Das etwa in Schleswig-Holstein verwendete sogenannte Bundesmodell ist ein wertabhängiges Modell, das einerseits deutlich mehr Angaben der Grundeigentümer benötigt, andererseits alle sieben Jahre eine neue Hauptfeststellung erfordert.“ So werde es „gegebenenfalls zu einem starken Anstieg der Grundsteuerbelastung führen“.

Von einem Ausbremsen beim Verschicken der Grundsteuerwertbescheide, wie es Niels Bonn vermutet, ist in den Antworten der Hamburger Finanzbehörde auf die Fragen unserer Redaktion nichts zu lesen. Demnach gibt es bei gut 143.000 bereits verschickten Bescheiden aktuell nur 11.241 Einsprüche, was einer Quote von 7,9 Prozent entspricht: „Der Großteil davon betrifft schlichte Änderungsanträge, wie etwa die Korrektur der in der Erklärung angegebenen Wohnfläche.“

Auf die konkrete Festlegung der Höhe der künftigen Grundsteuer muss allerdings noch rund eineinhalb Jahre gewartet werden: „Die neuen Grundsteuermessbescheide und die Grundsteuerbescheide werden wir voraussichtlich zum Ende des Jahres 2024 verschicken“, schreibt Imme Mäder, Sprecherin der Hamburger Finanzbehörde.