Hamburg. Bergedorf-Bille fordert per Post horrende Vorauszahlungen. Bewohner protestieren dagegen – „ein riesengroßer Fehler“.

Schock bei zahlreichen Mietern in Bergedorf: Bei Hunderten trudelten in den vergangenen Tagen Briefe der Baugenossenschaft Bergedorf-Bille ein, die absurd hohe Heizkostenerhöhungen ankündigten. Jetzt ist klar: Der Bille eG ist „ein riesengroßer Fehler passiert“, erklärt Vorstandsmitglied Marko Lohmann: „Die Berechnungen sind inhaltlich falsch, die geforderten Vorauszahlungen viel zu hoch. Das Ergebnis kann nicht stimmen.“

Noch heute werden Schreiben mit einer Richtigstellung an die Mieter verschickt, verspricht er am Freitag gegenüber unserer Redaktion. Laut Lohmann ist nicht klar, wie es überhaupt zu dem Irrtum kommen konnte. Aber jeder neue Wert werde jetzt „fünffach überprüft“. Glücklicherweise seien noch keine Beträge von den Konten der Mieter abgebucht worden: „Es tut uns einfach tierisch leid.“

Bergedorf-Bille: Heizkosten sollten um das Siebenfache steigen

Die irrtümlich angekündigten Abschlagszahlungen führten zuvor zu erhitzten Debatten unter vielen Mietern – auch bei jenen, die nun von der Baugenossenschaft Bergedorf-Bille Post bekamen: „Bis November habe ich noch 54 Euro Abschlag an Heizkosten gezahlt. Mit der Abrechnung Anfang November wurden es dann 124 Euro. Und jetzt ab 1. April soll ich 372 Euro an Abschlagszahlungen monatlich leisten. Das ist fast das Siebenfache“, ärgerte sich Ronald Sawatzki.

Dabei sei er weder über seinen Kilowatt-Verbrauch an Fernwärme aus dem Heizwerk Mümmelsmannsberg informiert worden noch über die Einrechnung der Preisbremse, so der 67-Jährige: „Das alles basiert nur auf der Vermutung einer Preissteigerung, also nur auf einem Verdacht. Ich bin aber doch nicht der zinslose Geldgeber für Energieunternehmen“, erboste sich Fotograf Sawatzki, dessen Billstedter Nachbarin Dimitra Christoforidis ähnlich sauer war. „Das ist ein Unding, da macht es sich die Bille ein bisschen zu einfach.“

Mieter der Bergedorf-Bille reagieren verzweifelt

Ein Anruf bei der Bergedorf-Bille habe sie indes überrascht: „Es hieß, man müsse diese Vorauszahlung ja nicht leisten, könne dies mit einem Dreizeiler kundtun. Also zahlt man zunächst nur so viel, wie man will, und akzeptiert dann lieber mit der nächsten Abrechnung eine Nachzahlung“, erfuhr Ronald Sawatzki.

Auch auf Facebook tauschten sich Mitglieder der Baugenossenschaft über die Kostenerhöhung aus. Für eine 58 Quadratmeter große Wohnung beliefen sich die Heizkosten stets auf 51 Euro, jetzt seien es 221 Euro mehr, schreibt jemand.

Andere berichteten, sie hätten etwa an der Perelsstraße in Lohbrügge bereits im August drei- bis vierstellig nachzahlen müssen. „Wieso sollen wir jetzt das Vierfache verbrauchen, ich verstehe das nicht“, schreibt eine Frau, die eine Erhöhung von 495 auf 680 Euro als „böses Erwachen“ bezeichnete. „Wo soll man das denn noch hernehmen?“, fragte eine Mieterin verzweifelt.

Verbraucherzentrale rät: Höhe der Abschläge genau prüfen

Obwohl jetzt klar ist, dass es sich bei den Berechnungen der Baugenossenschaft Bergedorf-Bille um einen Fehler handelt, müssen sich Mieter, die Fernwärme beziehen, laut Vorstand Marko Lohmann trotzdem auf Erhöhungen gefasst machen. Es sei schon jetzt klar, dass die bisherigen Heizkostenvorauszahlungen nicht ausreichen: „Es wird definitiv Erhöhungen geben“, so Lohmann. Diese seien aber je nach Versorger unterschiedlich hoch.

Die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein rät Mietern, die Angaben zur neuen Abschlagshöhe genau zu überprüfen. Mit dem Energiepreis-Rechner auf der Website der VZSH kann kontrolliert werden, wie hoch der Abschlag jetzt sein sollte. Bei der Berechnung wird auch die Energiepreisbremse miteinbezogen. Bei falschen Berechnungen sollte sofort der Versorger kontaktiert werden.

Energieverbrauch soll weiter reduziert werden

Anlässlich der Diskussionen scheint es nahezu trefflich, dass zum Internationalen Energiespartag am 5. März erneut Politik, Industrie sowie Verbraucher dazu aufgefordert sind, den Energieverbrauch zu reduzieren. Das sei ein solidarischer Beitrag zur Versorgungssicherheit, entlaste die Haushalte und senke den CO2-Ausstoß Hamburgs, wirbt Gasnetz Hamburg.

Der städtische Betreiber frohlockt: „Die Hamburger Haushalte sowie das Kleingewerbe haben seit Beginn der aktuellen Heizperiode gemeinsam am Regler gedreht und erfolgreich Energie eingespart. Allein im Zeitraum Oktober bis Dezember 2022 lag die Gaseinsparung bei 16 Prozent (gegenüber dem Mittelwert der Heizperioden 2020 und 2021).“

Dazu sollen auch die milden Temperaturen im Oktober 2022 beigetragen haben: „In diesem Monat verbrauchten die Gaskunden in Hamburg 37 Prozent weniger Energie“, meldet der Anbieter, der für Privathaushalte Einspartipps unter www.gasnetz-hamburg.de/spartipps zusammengestellt hat.