Bergedorf. Gut 17.000 Besucher waren 2022 im Schloss und im Rieck-Haus. Was Museumschefin Schanett Riller weiter vorantreiben will.
Es ist ein unerwartet positiv: Die Museumsflächen im Bergedorfer Schloss sowie dem Rieck-Haus haben im vergangenen Jahr mit 17.189 Besuchern ein sehr starkes Ergebnis eingefahren. Die Chefin der Museumslandschaft für Bergedorf und die Vierlande, Dr. Schanett Riller, nannte diese Zahlen im Kulturausschuss und stellte auch den Stand der in Vorbereitung befindlichen Dauerausstellung vor.
„Ich hätte nicht mit so einer schnellen Erholung der Besucherzahlen gerechnet“, freut sich Riller über das Vorjahreshoch, das zweitbeste Ergebnis ihrer Amtszeit seit 2013. Während der Corona-Pandemie und den diversen Schließungen lagen die Zahlen im 3000 bis 4000 Besucher-Bereich. Als echter Glücksfall hat sich im Jahr 2022 die Strategie erwiesen, geflüchteten Menschen aus der Ukraine freien Eintritt und Führungen durch das Museum im Bergedorfer Schloss anzubieten.
Ins Schloss und ins Freilichtmuseum kamen 2022 mehr als 17.000 Gäste
Zum Freilichtmuseum Rieck-Haus nach Curslack kamen im vergangenen Jahr 3773 Besucher. Dieses Resultat ist umso erwähnenswerter, da dreimal nacheinander das publikumsträchtige Erdbeerfest abgesagt werden musste. Dies würde erfahrungsgemäß weitere Besucher ziehen, so Riller, die in normalen Jahren mit einer Besucherzahl von 4500 Menschen kalkulieren kann.
Auch das ist ein interessanter Wert: 370 Veranstaltungen unter der Regie der Museumslandschaft gab es im Jahr 2022. Darunter sind nicht nur die neun prominent beworbenen Ausstellungen – davon sieben Kunstausstellungen – und Feste zu verstehen, sondern auch Führungen durchs Schloss, Ewer-Törns mit verschiedenen Start- und Endpunkten, 25 Kindergeburtstage in der Sternwarte, dazu noch der Adventsmarkt, Handarbeitstage und vieles mehr. Riller: „Unsere zunächst geplanten fünf bis sechs Ewer-Törns waren so schnell ausgebucht, dass wir die Anzahl verdoppeln mussten.“ Ebenfalls extrem nachgefragt waren in Kooperation mit dem Schlossrestaurant In aller Munde die Nachtwächter-Rundgänge durch Bergedorf.
In der neuen Dauerausstellung sollen alle Bergedorfer Stadtteile berücksichtigt werden
Momentan liegt das Hauptaugenmerk der 49-Jährigen auf den Vorbereitungen der neuen Dauerausstellung, die in „den kommenden zwölf Monaten“ eröffnen wird. Auch auf hartnäckigste Nachfragen von Rudi Walter (Die Linke) hin, möchte Schanett Riller aufgrund zu vieler Unwägbarkeiten wie beispielsweise Lieferzeiten für Ausstellungstechnik, der laufenden Objektsuche sowie Corona-Ausfällen im Mitarbeiterstab nicht genauer werden: „Wir sind fertig, wenn wir fertig sind, und das soll auch so schnell wie möglich sein.“ Deswegen werde vorerst auch auf Sonderausstellungen verzichtet.
Heimat ist das Leitmotiv der neuen Dauerausstellung, denn dafür gebe es ja Material aus 850 Jahren Stadtgeschichte – genug, um zu erforschen, was denn nun für den Bergedorfer an sich identitätsstiftend sein könnte: „Die Dauerausstellung sollte erzählen, was Bergedorf ist.“ Dazu hilft auch dieses: Schanett Riller und ihr Team haben festgestellt, dass einige der 14 Bergedorfer Stadtteile bislang in ihrem Haus gar keine Erwähnung finden. Das soll sich ändern wie auch mehr Informationen zur eigentlichen Schlossgeschichte.
Hohes Wohlfühlpotenzial, große Lebensqualität
Ein neues Leitsystem zur Orientierung für die Besucher und mehr Medieneinsatz sowie interaktive Angebote sollen auch hinzukommen – allerdings mit überschaubarem Textanteilen, „denn wir sind ein Museum und kein Buch, wollen Geschichte anhand von Objekten darstellen und keine Nacherzählungen leisten“, stellt Schanett Riller heraus. Digitalen Ausstellungsobjekten möchte sich die 49-Jährige ebenso wenig verschließen wie generell Anregungen von Externen.
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Dabei präsentierte Schanett Riller erste Umfrageergebnisse von 300 Befragten, die nähere Erkenntnisse zur Bergedorfer Identität bringen sollen. „95 Prozent der Befragten fühlen sich wohl in Bergedorf, 77 Prozent würden Bergedorf jedem anderen Wohnort vorziehen“, so Riller. Häufig genannte Wohlfühlmotive seien die Natur, die Elbe, die kurzen Wege und auch die Nähe zu Hamburg.
„Politik hat sich nicht in Inhalte des Museums einzumischen“
Den erneut kritisch Hinweis von Rudi Walter, auch Bergedorfs Historie als Industriestandort müsse Berücksichtigung in der neuen Dauerausstellung an einem historischen Ort finden, dafür eventuell weniger Energie in die Kunstausstellungen im Schloss gesteckt werden, konterte Schanett Riller so: „Das sehe ich anders. Künstler wissen die Wechselausstellungen zu schätzen. So viele wie 2022 hatten wir nie, und wir sind im Vorwege auch gut ausgebucht.“ Was den Industriestandort anginge, lud Riller den Linken-Politiker ein: „Kommen Sie in die Dauerausstellung. Dann erfahren Sie mehr.“ Der Museumschefin sprang in diesem Punkt Clara Lenne (SPD) zur Seite: „Die Politik hat sich nicht in die Inhalte des Museums einzumischen.“
Noch ein kleiner Vorausblick: Als Publikumsgarant könnte die ab dem 1. April 2023 geplante Wanderausstellung „Bibelfliesen“ im Rieck-Haus gelten. Dazu sucht die Museumslandschaft noch eben solche Objekte mit Regionalbezug. Zudem kehrt mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit das Erdbeerfest am Wochenende 17. und 18. Juni fest in den kulturellen Terminkalender zurück. Riller kündigte eine mögliche Preiserhöhung von 4 auf 5 Euro aufgrund gestiegener Preise für Veranstaltungstechnik, Musikangebote und einen Bus-Shuttle-Service des HVV zwischen Rieck-Haus und Bergedorfer Bahnhof an. Bergedorfs Museumschefin möchte das Fest ohne Fördertopfgelder bestreiten.