Bergedorf. Elke Büdenbender spricht im neuen Körberhaus über den Tod ihrer Eltern – und eine beunruhigende Phase ihrer Schwangerschaft.

Hell erleuchtet begrüßte das vor wenigen Tagen eröffnete Körberhaus an der Holzhude die zahlreichen Gäste zu diesem besonderen Gespräch: Elke Büdenbender, Ehefrau des Bundespräsidenten, war in Bergedorf zu Gast, um mit Sterbebegleiterin Johanna Klug und Mediziner Eckhard Nagel sowie Moderator Lukas Sam Schreiber über „das eigene Sterben“ zu reden.

Die namhaften Teilnehmer, das berührende Thema sowie die Möglichkeit, sich selber einzubringen, waren es wohl, die für ein ausverkauftes Haus gesorgt hatten. Die Juristin Elke Büdenbender (60) sowie der mit ihr befreundete Transplantationsmediziner Prof. Eckhard Nagel (62) hatten zu Beginn der Corona-Zeit die Idee zu dem inzwischen realisierten Buchprojekt „Der Tod ist mir nicht unvertraut“: ein Gespräch über Leben und Tod. Gemeinsam mit Johanna Klug (28), die sich bereits als Autorin mehrerer Bücher über das Leben und Sterben sowie als Sterbebegleiterin einen Namen gemacht hatte, kamen sie nun, moderiert von Podcaster und Autor Lukas Sam Schreiber (31), darüber ins Gespräch. Auf der erleuchteten Leinwand im Hintergrund des neuen Körbersaals war zudem ein QR-Code mit Hinweis auf die App www.derletztetag.de zu sehen, in der sich die Teilnehmer fast spielerisch mit dem eigenen Tod auseinandersetzen konnten. Während der Veranstaltung wurden einzelne Angaben gezeigt, die Menschen in der App gemacht hatten, beispielsweise Wünsche zum letzten Essen, der Kleidung oder allgemein dem letzten Wunsch.

„Unglaublich viele Menschen sind allein gestorben“

Elke Büdenbenders erster Gedanke galt ihren bereits verstorbenen Eltern und der Corona-Zeit mit den vielen Toten: „Unglaublich viele Menschen sind allein gestorben, das hat mich zutiefst berührt.“ Nach den ernsten Eingangsstatements sorgte Johanna Klug bei den überwiegend älteren Zuhörern für ein Schmunzeln. Sie berichtete von der 15-jährigen Sarah, die an Kinderdemenz leidet: „Ich habe sie vor fünf Jahren kennengelernt und begleite sie, sie ist der positivste Mensch, den ich kenne. Sie wird aufgrund der Krankheit alles wieder verlernen, was sie einmal konnte. Am Anfang hat sie mir den Spitznamen ‚Radieschenkopf‘ gegeben, daran erinnert sie sich bei jedem Treffen wieder.“

Bei dem Thema Aussöhnung mit dem Tod und diesem vernünftig zu begegnen betonte Mediziner Nagel: „Schwierigkeiten habe ich bei diesem Thema, wenn es um Kinder geht.“ Und Büdenbender ergänzte: „Das Sterben zur Unzeit ist nicht gut, das kann man auch nicht gutreden. Ich bin nicht versöhnt mit dem frühen Tod meiner Mutter, bei meinem Vater, der sehr alt wurde, ist es anders.“ Eigene Erfahrungen mit dem Tod hatten sowohl Büdenbender als auch der Medizinethiker Eckhard Nagel. „Während meiner Schwangerschaft mit unserer Tochter hatte ich ein Nierenversagen, musste an die Dialyse und war unendlich traurig deswegen. Die Angst, das eigene Kind möglicherweise nicht aufwachsen zu sehen, war furchtbar“, sagte sie. Aber sie sei dankbar für das Gesundheitssystem und ihren Mann Frank-Walter, der ihr vor gut zwölf Jahren eine Niere gespendet hat, so Büdenbender, die daraus für sich die Lehre gezogen hat: „Das alles hat mich bestärkt, mein Leben so zu leben, wie ich es für richtig halte.“

Auch Mediziner Nagel musste sich mit dem Sterben auseinandersetzen

„Das klingt nach einer Sinnesschärfung“, resümierte Lukas Schreiber, und die Juristin stimmte ihm zu: „Ein gutes Wort dafür.“ Auch Nagel kennt solche Erfahrungen: „Als ich mit meiner Frau am 31. Dezember 1989 die Deutsche Einheit feiern wollte, habe ich plötzlich Blut gehustet, dachte, es wäre ein Karzinom und für uns alle war unklar, ob ich das Jahr 1990 noch erleben werde. Glücklicherweise war es eine behandelbare Tuberkulose.“ Nagel: „Es tieft das Leben, wenn man über Leben und Sterben nachdenkt. Denn alt und gesund kann auch heißen, dass ich mit Einschränkungen lebe und es mir gut geht.“

Im Fragenteil stellte die Leiterin des Körberhauses, Eva Nemela, die erste und alle Gäste hörbar aufatmen lassende Frage: „Wie beginnt man mit den Eltern ein Gespräch über das Sterben?“ Möglichst früh darüber reden, war ein Teil der Anregung, Büdenbender betonte: „Ich wusste genau, was meine Eltern wollten. Mein Vater wollte unbedingt verbrannt werden, er ist mit über 90 Jahren verstorben.“ Die Idee, zu Weihnachten die Geschichten von Johanna Klug zu verschenken, gehörte ebenfalls dazu, dann könne man über das Thema entspannt reden. Lukas Schreiber beispielsweise war mit seiner an Alzheimer erkrankten Mutter „Probe liegen“ auf dem Friedhof.

Ebenfalls angesprochen wurde das Thema Sterbehilfe und schmerzfreies begleitetes Sterben, wobei sich Nagel ganz klar positionierte und betonte: „Wir Mediziner haben den hypokratischen Eid geleistet, unsere Patienten können bei uns sicher sein, dass wir niemals deren Tod herbeiführen werden.“ Die Wichtigkeit der Patientenverfügung und der Entbindung der Garantenpflicht, die Familienmitglieder davor schützt, wegen Unterlassung strafrechtlich verfolgt zu werden, wurde angesprochen. Viele Anregungen und Überlegungen, die die Gäste des intensiven Podiumsgespräches nachdenklich in den Winterabend gehen ließen.