Bergedorf. Auf drei Flächen wird hier in Bergedorf aktuell Kunst angeboten. Um das Angebot zu halten, werden Ideen gesammelt. Was geplant ist.

Klein, aber bunt und quirlig: Bergedorf hat sich zu einem lebendigen Kunst-Paradies entwickelt. Allein im Einkaufszentrum CCB sind längst nicht mehr nur Konsumgüter zu finden, gleich drei künstlerische Orte bietet das CCB-Management: Bis Ende November will das Künstler-Kollektiv „going public“ seine Werke in der ehemaligen Budni-Filiale im Fachmarktzentrum zeigen.

Dazu kommt seit Oktober die poppige Kreativschmiede „Königskinder“ von Aysche Brockmann, die im ersten Stock Kindern von Migranten die Möglichkeit gibt, ihre Talente zu erproben – für kleines Geld bietet sie Malunterricht an. Und nur wenige Meter weiter gibt es das Offene Atelier Bergedorf, das Anke Noppen seit einem Jahr ehrenamtlich betreibt und alle ein bis zwei Wochen die Werke neuer Künstler aus der Region ausstellt. Alle drei Projekte indes haben die Sorge, dass die weitere Finanzierung ausbleibt und sie Ende 2022 aufhören müssen.

Leerstände in Bergedorf bieten Raum für eine kreative Zwischennutzung

Etwa 90 Prozent der Kosten konnten bislang über das Förderprogramm „Frei-Fläche: Raum für kreative Zwischennutzung“ gedeckt werden. Und die Hoffnung besteht, dass die Hamburger Kreativgesellschaft erneut mit der Stadt verhandelt, Restmittel einsetzt und/oder das Programm verlängert wird. Denn woher sonst sollen weiterhin 2800 Euro an Nebenkosten bezahlt werden? Die lassen sich auch kaum senken, müssen sich doch alle im CCB an Energie- und Reinigungskosten, Rolltreppenwartung und dem Überwachungsdienst beteiligen.

„In den seltensten Fällen können Kunstschaffende auch noch eine Wandgebühr bezahlen“, weiß Anke Noppen, die den Bergedorfern bisher mehr als 60 Künstler „sichtbar machen konnte“, meint die 56-Jährige. Derzeit sind es die drei Fotografen Sabine Delle, Marek Audrisch und Volker Hochmuth. Und die Liste bis Jahresende ist mehr als voll: Afrikanische Bilder, Sockenkunst, digitale Fotowerke und Aquarelle mögen noch folgen.

Geplant in Bergedorf: 40 Jahren Hamburger Pressefotografie

Am liebsten möchte Noppen auch noch ihre eigenen Werke zeigen über die Mythologie der Weiblichkeit. Dazu eine Ausstellung zu 40 Jahren Hamburger Pressefotografie, die unter anderem der frühere bz-Fotograf Ronald Sawatzki präsentieren will: „Das hätte unterstützenden Charakter für die Kultur. Und Leerstände sind ja auch für die Bergedorfer Geschäftsleute nicht gut“, sagt er – immerhin hatte Sawatzki mit seiner „Hommage an Hamburg“ über die Fabrik der Künste schon einmal 6000 Euro bei der Kulturbehörde einwerben können.

Sie liebt Tiere und Porträts: Mary-Lou Ploss (26) aus Lohbrügge bietet am 16. Dezember einen Malworkshop zum Thema Weihnachtslandschaft an.
Sie liebt Tiere und Porträts: Mary-Lou Ploss (26) aus Lohbrügge bietet am 16. Dezember einen Malworkshop zum Thema Weihnachtslandschaft an. © BGZ | strickstrock

Zumindest die Nebenkosten müssen gedeckt werden

Denn es bleibt bei den Nebenkosten, da kann Center-Manager Lutz Müller nun mal nicht hexen. Dabei ist er ein riesiger Fan der drei Künstler-Flächen: „Das Thema läuft sehr gut und ist von Anfang an ein großer Erfolg mit toller Qualität. Wir haben einen hervorragenden Zuspruch, das spricht auch für Bergedorf“, schwärmt er von den „sinnvoll bespielten Leerflächen“. Dennoch würden zeitgleich Vermietungsgespräche laufen, würden Interessenten aber noch um Bankkredite ringen, beklagen zudem einen Personalmangel – „ganz besonders, wenn sie schon weitere Filialen in Hamburg haben und wirklich dringend Leute brauchen“, so Müller.

Anke Noppen (56) gründete vor einem Jahr das Offene Atelier im CCB.
Anke Noppen (56) gründete vor einem Jahr das Offene Atelier im CCB. © BGZ | strickstrock

„Ein Mietvertrag über zehn Jahre schließt natürlich jeden Pop-up-Store aus“, betont Center-Manager Lutz Müller, der sich dennoch beim Eigentümer für die Künstler einsetzen will: „Vielleicht müssen wir Flächen verlagern. Aber wenn wir die Köpfe zusammenstecken, werden wir schon einen kreativen Weg finden“, macht er Hoffnung auf einen Verbleib – wenn kurze Kündigungszeiten akzeptiert werden.

Im Frühjahr könnte es eine Ausstellung historischer Luftfotos aus Bergedorf geben

„Ich bleibe gelassen“, meint Anke Noppen, die problemlos ein Programm für ein weiteres Jahr auf die Beine stellen könnte. So habe Bergedorfs SPD angefragt, im Offenen Atelier ein neues Format auszuprobieren, um Streitgespräche diskutieren zu können. Zudem könnte es im Frühjahr eine Ausstellung historischer Luftfotos aus Bergedorf geben, die der Pressefotograf Jürgen Joost gesammelt hat.

„Wenn wir nicht im CCB bleiben können, frage ich mal beim Haus im Park an, ob wir im Sommer das Foyer am Gräpelweg nutzen können“, meint Anke Noppen. Sie hofft, durch einen Umzug auch die Künstler-Community mitnehmen zu können: „Wir sind hier ein toller Melting-Pot geworden und wollen in einem Real-Labor neue Gesellschaftsformen diskutieren und ausprobieren.“