Hamburg. In der Einkaufsmeile Sachsentor gibt es kaum Verlass auf die Ladenöffnungszeiten. Was sich die Händler wünschen, was sie machen.
Wer spätnachmittags im Sachsentor Blumen kaufen möchte, steht zurzeit vor verschlossener Tür: Noch bis zum 1. September öffnet Blume 2000 nur von 9 bis 15 Uhr, sowohl wochentags als auch am Sonnabend. Nach Informationen unserer Redaktion soll dies aufgrund von Urlauben und gleichzeitigen Vertretungsdiensten in anderen Hamburger Filialen der Blumenkette unumgänglich gewesen sein, eine offizielle Bestätigung gibt es von Blume 2000 dazu nicht. Lediglich zwei Mitarbeiterinnen bleiben aktuell für die Bergedorfer Einkaufsmeile übrig.
Weil nebenan die Dat-Backhus-Filiale (frühere Bäckerei Erdmann) schon seit Oktober 2021 aufgrund von akuter Personalnot bereits um 14 Uhr schließt, ist eine sehr prominente, frequenzstarke Ecke Bergedorfs nachmittags zumindest einseitig verwaist. Das kann so gar nicht im Sinne der Kunden sein, auch nicht für die Interessenvertretung der Einzelhändler, den Wirtschaftsverband WSB. „Eine einheitliche Öffnungszeit an normalen Wochentagen bis 18 oder 19 Uhr sollte schon unser Anspruch sein“, sagt WSB-Geschäftsführer Marc Wilken.
Einzelhandel Bergedorf: Es gibt keine einheitlichen Öffnungszeiten
Allerdings: Die verschärfte Personalproblematik seit Pandemiebeginn können auch Wünsche nicht auflösen. Aktuell gibt es bei den Geschäften, die einigermaßen regulär geöffnet haben, deutliche Unterschiede. Beispiel Bekleidungsgeschäfte: Martina Willhoeft, Inhaberin vom Herrenausstatter Willhoeft und der Damen-Boutique Azul, weiß aus der Historie: „Es war schon immer sehr ungleich im Sachsentor, was dieses Thema anging.“ Sie könne sich an Zeiten mit bis zu 50 verschiedenen Öffnungszeiten erinnern.
Das spiegelt sich bei den Modenabietern zurzeit gut wider – auch bei Martina Willhoeft selbst: Ihr Herrenausstatter im Sachsentor 22 öffnet wochentags stets von 9.30 bis 18.30 Uhr, am Sonnabend von 10 bis 18 Uhr, während Azul im Sachsentor 7 wochentags von 10 bis 18 Uhr und am Sonnabend von 10 bis 16 Uhr Kunden erwartet. Diese Zeiten könne sie personell immer besetzen, manchmal mit „erfinderischen Methoden“, die Martina Willhoeft aber nicht näher erläutern möchte.
Einzelhandel Bergedorf: Viele suchen Personal, keiner findet
Der generelle, aber manchmal auch akut auftretende Personalmangel, wenn zusätzlich in der Urlaubszeit beispielsweise jemand krank ausfalle, sei ein gewaltiges Problem, sagt Martina Willhoeft und: „Es wäre ein gutes Zeichen an die Kunden, wenn wir alle verlässlich offen wären, es gewisse Kernöffnungszeiten gäbe. Aber es ist gewiss jetzt auch richtig, dass der WSB hier den Einzelhändlern nichts vorschreiben kann.
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Denn schon unter den Modeanbietern herrscht Uneinigkeit: Die H&M-Filiale am Sachsentor beispielsweise öffnet in der Woche von 10 bis 20 Uhr, am Sonnabend von 10 bis 19 Uhr. Oder das Beispiel Schuhhäuser: Höber im Sachsentor 75 begrüßt täglich Kunden von 10 bis 18 Uhr, Schuh Bode (Sachsentor 13) bleibt in der Woche eine halbe Stunde länger geöffnet. In der Sachsentor-Passage wiederum lässt Manfred Stoesky seine Kundschaft erst um 11 Uhr und dann bis 18.30 Uhr (am Sonnabend 11 bis 17 Uhr) in sein Geschäft Malibu. Früher ginge es nicht, Stoesky ist zuvor mit dem Wareneinkauf beschäftigt. „Dass manche Geschäfte im Sachsentor vorzeitig schließen, ist keine Frage der nachlassenden Moral, sondern einfach eine Notwendigkeit, weil Personal fehlt. Ich weiß, dass viele suchen“, so Stoesky.
Einzelhandel Bergedorf: Kunden erkennen gewisses Durcheinander
Ralph Ottensmeyer aus der Schreibkultur Hamburg (Sachsentor 65) hat eine gewisse Ratlosigkeit festgestellt. „Die Kunden sagen schon, dass es bei den Öffnungszeiten im Sachsentor ein gewisses Durcheinander gibt. Man wisse nicht so genau, wen man tatsächlich im Geschäft antreffe“, sagt der Mann, der seit Geschäftseröffnung im Herbst 2020 konstant Montag bis Freitag von 9.30 bis 18.30 Uhr sowie am Sonnabend von 10 bis 16 Uhr Stifte, Schultüten-Accessoires, Schreibblöcke und vieles mehr anbietet. Auch Ottensmeyer sieht wenig Möglichkeiten für eine einheitliche Regelung, befürwortet aber maßgeblich Kerngeschäftszeiten zwischen 10 und 18 Uhr.
Doch auch an anderen Ecken Bergedorfs müssen sich Kunden demnächst umstellen: Die Damen-Boutique La Cara wird – ebenfalls aufgrund von Personalmangel – ab Oktober montags geschlossen bleiben, wie Inhaberin Karin Krenzien sagt. „Wir möchten unsere Kunden jetzt schon mal darauf vorbereiten, ich möchte einfach mal von der 60-Stunden-Woche weg“, sagt sie, die sonst auf die Dienste einer Aushilfe und einer Teilzeitkraft bauen kann. So etwas hätte es unter ihrer 14-jährigen Führung der Boutique in der Bergedorfer Schlossstraße 33 noch nie gegeben. Jedoch betont Karin Krenzien, dass für sie montags keineswegs frei sei. Dieser Tag werde nun für Wareneinkauf und -bestellung sowie für die Pflege des Social-Media-Auftritts genutzt. Ab Oktober gilt dann bei La Cara: Dienstag bis Freitag 10 bis 18 Uhr, Sonnabend 10 bis 16 Uhr. Wie lange, das weiß sie noch nicht.