Bergedorf. Dem verstorbenen ehemaligen Weltklasse-Boxer wurde ein Teil eines Lottogewinns gestohlen. Nun hat der Prozess begonnen.

Der Angeklagte Rifaat T. blickt angestrengt zum Richter. Er lauscht, ab und zu schüttelt er fast unmerklich den Kopf. Ihm und Kaddour D. ist die Anspannung am Montagmorgen im Bergedorfer Amtsgericht deutlich anzumerken. Den Männern wird vorgeworfen, gemeinsam mit zwei weiteren Tätern, am 26. August 2020 in die Doppelhaushälfte der im Mai verstorbenen Box-Legende Jürgen Blin eingebrochen zu sein.

Box-Legende Blin: Aus Lottogewinn kein Geheimnis gemacht

Am helllichten Tag versuchten Einbrecher damals, die Eingangstür des Hauses an der Straße Am Langberg in Boberg aufzuhebeln. Blin war an jenem Nachmittag nicht zu Hause, erzählte jedoch später, er habe sich bereits seit längerer Zeit beobachtet gefühlt. Dass er über viel Geld verfügte, war zu vermuten: Mehr als eine Million Euro hatte er zuvor im Lotto gewonnen – und daraus kein Geheimnis gemacht.

Laut Anklage soll D. (51) damals die Haustür mit einem Regenschirm verdeckt haben, während T. (55) vergeblich versuchte, sie aufzuhebeln. Etwa anderthalb Stunden später, so die Erkenntnis der Ermittler, starteten die Einbrecher einen zweiten Versuch und machten sich an einem der Fenster zu schaffen. Sie hebelten es auf und gelangten so in das Haus. Drinnen durchsuchten sie Wohn- und Schlafzimmer. Mit einem gefundenen Schlüssel öffneten sie den Tresor im Keller, stahlen 220.000 Euro Bargeld und den Schlüssel für ein Bankschließfach, bevor sie flüchteten.

Der ehemalige Box-Europameister Jürgen Blin 2018 im Keller seines Hauses in Boberg. 1971 hatte er sieben Runden gegen den großen Muhammad Ali im Ring überstanden.
Der ehemalige Box-Europameister Jürgen Blin 2018 im Keller seines Hauses in Boberg. 1971 hatte er sieben Runden gegen den großen Muhammad Ali im Ring überstanden. © picture alliance / Christian Charisius/dpa | Christian Charisius

Was die Einbrecher nicht wussten: Das Haus wird kameraüberwacht. Klar und deutlich zeigen die Aufnahmen, wie drei Männer mit leuchtend blauen Mützen vor dem Haus stehen. Auch ein gepunkteter Regenschirm ist zu sehen. Die Täter entkamen zwar, mithilfe der Videoaufnahmen startete die Polizei jedoch eine öffentliche Fahndung. Mit Erfolg: Eine Person gab mehrere Hinweise, die zu den Angeklagten führten.

Ein mutmaßlicher Täter lässt sich von Star-Anwälten vertreten

Der Magdeburger Kaddour D. wurde daraufhin im Oktober 2020 verhaftet, Anfang 2021 jedoch gegen eine Kaution wieder auf freien Fuß gesetzt. Rifaat T., der an der Tat maßgeblich beteiligt gewesen sein soll, konnte erst in diesem Jahr festgenommen werden. Gegen ihn liegt ein weiterer Haftbefehl vor.

Der erste Verhandlungstag startete jedoch holprig. Kaddour D. lässt sich von dem Hamburger Star-Anwälten Uwe Maeffert und Lino Peters vertreten. Gleich zu Beginn forderten sie eine Aussetzung der Verhandlung: Die Einsicht in wichtige Dokumente sei verwehrt worden. Auch ein umfassendes Geständnis, das der Kasseler Rifaat T. Ende Juli abgelegt haben soll, lag noch nicht schriftlich vor.

Box-Legende Blin: Neuer Prozesstermin angesetzt

Die Verteidiger der beiden Angeklagten forderten eine Abtrennung der Verfahren, was das Gericht nach einer Beratung beschloss. Kaddour D. verließ daraufhin den Saal – für ihn wird ein neuer, eigener Termin angesetzt. Für Rifaat T. sollte es jedoch weitergehen – auch ohne, dass sein Geständnis schriftlich vorlag. Die Polizeibeamtin Antje B., die ihn vernommen hatte, sollte aus dem Verhör berichten. Sie erklärte jedoch, „dazu keine Aussagegenehmigung“ zu haben.

Nun wurde ein neuer Termin angesetzt: Am 21. Oktober um 9.30 Uhr soll der Prozess gegen Rifaat T. weitergehen.