Hamburg. Ehemaliger Schwergewichts-Europameister verstarb mit 79 Jahren. Weltweite Bekanntheit erlangte er durch das Duell mit Muhammad Ali.

Kurz vor Weihnachten des vergangenen Jahres, als das Abendblatt ihn in seinem Haus in Boberg besuchte, machte Jürgen Blin den Eindruck eines Mannes, der Frieden geschlossen hatte mit seinem Leben. Was nicht ganz einfach gewesen sein dürfte, schließlich hatte dieses Leben einige Niederschläge beinhaltet für das Hamburger Boxidol. Angefangen von einer schweren Kindheit mit einem alkoholkranken Vater über den Tiefpunkt mit dem Suizid seines Sohnes Knut im Mai 2004 bis hin zu der Posse im vergangenen Jahr, als ihm Diebe 300.000 Euro Bargeld aus dem Safe in seinem Haus stahlen, die er dort nach einem Lottogewinn deponiert hatte.

Was den gebürtigen Fehmarner jedoch zeit seines Lebens auszeichnete, war sein Kampfgeist. Blin verstand es, immer wieder aufzustehen, sich weder von Familienfehden noch von gierigen Promotern unterkriegen zu lassen und stets seinen Stolz zu bewahren.

Am Sonnabendnachmittag allerdings hat der gelernte Fleischermeister seinen letzten Kampf verloren. Jürgen Blin verstarb im Krankenhaus Reinbek im Alter von 79 Jahren an den Folgen eines schweren Nierenleidens. Seit mehreren Wochen hatte er sich einer Dialyse unterziehen müssen, die ihm nicht gut bekam. Zuletzt kamen Entzündungen von Bauchfell und Lunge dazu. Auf dem Sterbebett wurde er von seinem Sohn Jörg begleitet.

Jürgen Blin gewann 1972 den EM-Titel

Seine weltweite Bekanntheit erlangte Blin, der nach dem Tod seiner Ehefrau Brigitte vor vier Jahren mit seiner neuen Partnerin Heide Arinka glücklich war, durch sein Duell mit Muhammad Ali. Am Zweiten Weihnachtstag 1971 unterlag er dem US-Superstar im Züricher Hallenstadion durch K. o. in Runde sieben. Es war der einzige seiner Kämpfe, in dem er den Kopf über sein Herz siegen ließ und nach dem Niederschlag nicht wieder aufstand, obwohl er es gekonnt hätte. „Ich wusste, dass ich keine Chance zum Sieg hatte, deshalb bin ich unten geblieben, um nicht schwer k. o. zu gehen“, sagte er.

Das Duell mit Ali war zwar der größte und auch einträglichste Kampf seiner Karriere (Kampfbörse 180.000 D-Mark), in der er 48 Profikämpfe bestritt, von denen er 30 gewinnen konnte. Der härteste aber war es nicht. Im Juni 1972 feierte er mit dem Punktsieg in Madrid gegen Lokalmatador und Europameister José Manuel Urtain den größten Erfolg seiner Karriere. Dem Briten Joe Bugner lieferte er im Mai 1971 in dessen Heimat London ein Duell, das er nur dort nach Mehrheitsentscheid verlieren konnte. „Urtain und Bugner waren richtige Brocken, die ein kräftiges Pfund hauten. Und auch Gerhard Zech, gegen den ich viermal geboxt habe, hat mich viel härter getroffen als Ali“, sagte er im Dezember vergangenen Jahres.

Die körperlichen und geistigen Spuren, die die harten Kämpfe des Lebens hinterlassen hatten, waren damals schon unübersehbar. Aber das Fazit, das er zog, machte Hoffnung, dass er in Frieden seine letzte Reise würde antreten können. „Mir geht es gut, ich habe trotz allem viel Glück gehabt im Leben und bin sehr zufrieden damit, wie alles gelaufen ist“, sagte er. Das boxerische Erbe Blins, dessen Söhne Jörg und Frank erfolgreiche Unternehmer sind, ist bereits verteilt, sein Enkel Joscha Blin (24) gab im Dezember 2021 sein Profidebüt.

Wann die Beerdigung stattfindet, ist noch unklar. Seinen Wunsch dafür hat er aber hinterlegt: dass möglichst viele Weggefährten zur Trauerfeier kommen mögen. Wer weiß, wie beliebt Jürgen Blin in Boxerkreisen war, wird daran nicht zweifeln.