Bergedorf. Wie soll Bergedorfs City der Zukunft aussehen? Analyse deckt etliche Defizite in auf. Das planen Stadtentwickler.

Fast eineinhalb Jahre sind vergangen, seit in den beiden Bergedorfer Karstadt-Häusern für immer die Lichter ausgingen. Und dieser Schock scheint die Einkaufsstraßen bis heute zu prägen. Doch der Eindruck täuscht: Im Hintergrund wird längst an Bergedorfs City der Zukunft gearbeitet – sogar in derart vielen Projekten, dass es schwer ist, den Überblick zu behalten.

Damit das nicht im Chaos endet, laufen die meisten Fäden bei Jan Krimson zusammen. Der Experte von der Hamburger Stadtentwicklungsgesellschaft steg verantwortet mit seinem Team bereits die Fördergebiete Bergedorf-Süd sowie Serrahn. Und weil beide Teil der City der Zukunft sind, hat seine steg mit zwei Partnern im Februar den Zuschlag bekommen, auch für die Entwicklung der Bergedorfer Einkaufsstraßen samt ihrem erweiterten Umfeld den Turbo anzuwerfen.

Gastronomie in Bergedorf soll erweitert werden

Konkret arbeitet Krimson derzeit am sogenannten Integrativen Innenstadtkonzept, das die Strategie festlegt, in welche Richtung sich die City bis 2030 entwickeln soll. Die Basis dafür ist eine Problem- und Potenzialanalyse, die jetzt druckfrisch im Bezirksamt vorliegt – und nach Ostern der Politik und der Öffentlichkeit vorgestellt wird.

„Handlungsbedarf wird vor allem bei der Ausweitung der Gastronomie gesehen, besonders unter freiem Himmel“, verriet Jan Krimson erste Details im jüngsten Wirtschaftsausschuss der Bezirksversammlung. Zudem sollten im Einzelhandel „anonyme filialisierte Konzepte zurückgedrängt werden – zugunsten einer kleinteiligen ,Hofladen-Struktur’, also Shop-in-Shop-Konzepten“. Sowas öffne die Tür für eine „urbane Produktion“, also Handwerksbetriebe mit Publikumsverkehr oder auch Co-Working, also auf Zeit mietbare Büroarbeitsplätze mit Internet-Anschluss.

Bergedorfs City braucht mehr Angebote für junge Menschen

Ferner werde es um das bessere Erschließen der Wasserflächen zum Verweilen und Spielen gehen, um öffentliche WCs, den Ausbau der Wegenetze. Krimson: „Es ist entscheidend, das Schloss samt seines Parks besser mit der City zu vernetzen. Und in Bergedorfs Innenstadt braucht es deutlich mehr Angebote für junge Menschen.“

Viele Ideen, die bis Ende 2022 nun in eine konkrete Handlungsstrategie und manches Pilotprojekt münden sollen. Realisieren muss das dann ein professionelles Bergedorfer Citymanagement, das vermutlich schon in diesem Sommer seine Arbeit aufnimmt. „Ich warte jeden Tag auf Post aus Berlin“, sagt Marlene Sandecki, Wirtschaftsförderin des Bezirksamts. Sie hat bei der Bundesregierung aus dem Förderprogramm Innenstädte eine Anschubfinanzierung für die ersten zwei Jahre beantragt. Sandecki ist sicher, dass das Geld fließen wird. „Und weil wir im Antrag gleich um Freigabe für einen vorzeitigen Maßnahmenbeginn gebeten haben, können die ersten jetzt entwickelten Pilotprojekte direkt angeschoben werden.“

Für die Zukunft der City in Bergedorf muss auch Hamburg mitziehen

Kommt es so, wäre der professionell gesteuerte Start der Bergedorfer City der Zukunft gesichert. Das Geld aus Berlin – rund eine Million Euro – wird aber nur für etwa zwei Jahre reichen. Damit es weiter geht, muss auch Hamburgs Senat mitziehen: Der soll Bergedorfs Innenstadt nach dem Willen von Bezirksamt und hiesiger Politik zum Fördergebiet erklären, konkret in das Rahmenprogramm Integrierte Stadtteilentwicklung (Rise) aufnehmen. Damit wäre ein Großteil der Kosten für etwa acht Jahre gedeckt. Ob und wann der Senat dafür grünes Licht gibt, ist noch offen. Wirtschaftssenator Michael Westhagemann hat Bergedorfs City bisher jedenfalls noch keinen Besuch abgestattet.

Trotzdem arbeitet Jan Krimson längst mit konkreten Projekten – auch um Bergedorfs City und ihre Potenziale als Oberzentrum mit einem Einzugsbereich von mehr als einer Viertelmillion Menschen im Hamburger Rathaus sichtbar zu machen. So gibt es seit Dezember eine Flächen- und Erdgeschosskoordination, kurz Fleks. Ihr Ziel: leerstehende Läden schnell und flexibel mit neuen Mietern oder Projekten beleben. Was an den Fußgängerzonen zwischen Mohnhof und Lohbrügger Markt zu haben ist, zeigt das digitale Leerstandskataster (steg-hamburg.de/fleks). Aktuell sind dort sieben Flächen sofort und weitere 10 perspektivisch frei.

Shopping-Welt aus Bergedorf im Internet präsent

Zweites gerade angelaufenes Projekt für Bergedorfs City ist das digitale Schaufenster: Zusammen mit dem Hamburger Start-up-Unternehmen ViWiQ bringt Jan Krimson die Vielfalt der Bergedorfer Shopping-Welt ins Internet. Die Idee: Kunden die Möglichkeit zu geben, zwischen Schaufensterbummel und dem Shoppen im Netz zu wählen – oder sich von zu Hause zumindest einen Überblick zu verschaffen, was in den Läden zum An- und Ausprobieren vorhanden ist. Eine erster Eindruck ist bereits zu finden unter mein-bergedorf.de.

Trotz derart vieler Projekte rund um Bergedorfs City der Zukunft in seiner Hand, ist Jan Krimson für eines nicht zuständig: die Entwicklung der beiden ehemaligen Karstadt-Immobilien. Aber auch hier geht es rasant voran. Der Eigentümer hat zusammen mit dem Bezirksamt eine Doppelstrategie entwickelt: Der kleine Karstadt am Bergedorfer Markt wird voraussichtlich noch in diesem Jahr abgerissen. Was an seiner Stelle entsteht, soll im Sommer öffentlich vorgestellt werden – und ist dann offen für Vorschläge der Bergedorfer.

Pläne für das große Karstadt-Haus und das Sachsentor-Parkhaus

Beim großen Karstadt im Sachsentor dauert es zwar etwas länger. Aber auch hier geht es voran: Noch vor Weihnachten soll ein städtebaulich-freiraumplanerischer Wettbewerb skizzieren, wie diese Immobilie umgestaltet wird – und was auf das dahinter liegende Sachsentor-Parkhaus folgt, wenn dort 2025 die Abrissbagger anrücken.