Hamburg. Stockende Videokonferenzen, teils keine Telefonverbindung: Eine Umfrage zeigt ernüchternde Ergebnisse.
Die notorisch schlechten Internet-Verbindungen in Hamburgs Osten sind gerade dabei, den Unternehmen im Großraum Bergedorf nachhaltig zu schaden. Betroffen sind längst nicht nur die Vier- und Marschlande, sondern praktisch alle Stadtteile des Bezirks Bergedorf und auch die benachbarten Städte und Gemeinden. Dieses vernichtende Urteil zieht der Wirtschaftsverband WSB aus der gerade abgeschlossenen Befragung seiner Mitglieder und von Unternehmern jenseits der Hamburger Landesgrenze.
Die Lage ist so schlecht, dass die Auswertung sogar den Untertitel „Kein Internet – kein Wachstum“ bekam. Denn praktisch alle 85 befragten Firmen berichten von regelmäßigen Verbindungsabbrüchen mitten in Videokonferenzen, von Datenübertragungen im Schneckentempo und am Telefon sogar teils gar keinem Verbindungsaufbau, seit die Telefonie ebenfalls über die Internet-Datenleitung läuft.
Glasfaser-Ausbau im Bezirk Bergedorf muss vorangetrieben werden
„Viele der Befragten dachten bisher, sie wären Einzelfälle. Schließlich leben wir in Bergedorf nicht irgendwo weit draußen auf dem Land, sondern sind Teil der Metropole Hamburg“, sagt WSB-Geschäftsführer Marc Wilken. „Aber die Realität sieht anders aus. Bergedorf ist der mit Abstand am schlechtesten versorgte Teil Hamburgs. Gut stehen der Westen und der Norden da. Harburg hat Defizite, aber längst keine so schlechte Breitbandversorgung mit Glasfaser wie wir.“
Nicole Wünsch, Inhaberin der Agentur „marketing teufel“ an der Bergedorfer Schlossstraße und neben der Bergedorfer Firma GSD-Software Entwicklerin der WSB-Umfrage, erlebt die Folgen täglich: „Ich moderiere teils internationale Online-Konferenzen. Aber wenn ich das aus meinem Bergedorfer Büro mache, reißt die Verbindung immer mal wieder ab. Das ist geschäftsschädigend.“ Gleiches gelte für die Telefonie: „Bei jedem fünften Versuch vom Festnetz anzurufen, bekomme ich gar kein Amt, seit die über die Glasfaserleitungen läuft.“ Auch die Mobilfunk-Abdeckung sei in Bergedorf lückenhaft.
Viele Unternehmen in Bergedorf sehen sich in der Weiterentwicklung behindert
Ebenso vernichtend fällt das Urteil der befragten Unternehmen aus: Über die Hälfte ist regelmäßig von Störungen der Internetverbindung betroffen, wobei sie vor allem über Verbindungsabbrüche und langsame Übertragungsgeschwindigkeiten klagen. Bei 16 Prozent hakt die Telefonie. Die Folge: Mehr als jedes fünfte Unternehmen am Standort Bergedorf sieht sich in der Weiterentwicklung behindert, unter den im bundesweiten Wettbewerb stehenden ist es sogar jedes vierte. 40 Prozent sehen klare Wettbewerbsnachteile gegenüber anderen Standorten in Deutschland.
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Die Forderung: Der Glasfaser-Ausbau und das 5G-Netz müssen in Hamburgs Osten dringend vorangetrieben werden. „Ein Anbieterwechsel verändert nichts, auch das hat unsere Umfrage ergeben. Alle sind gleichschlecht aufgestellt“, sagt Wilken. „Wir fordern den Senat auf, Transparenz herzustellen, wie die Lage der Internet-Versorgung in Bergedorf wirklich ist. Ich glaube nämlich, dass in Hamburgs Behörden niemand weiß, wie überlastet das Netz hier wirklich ist.“