Hamburg. Der Ex-Chef vom Zollenspieker Fährhaus ist jetzt Leiter der AG Bergedorf-Tourismus. Wie er aus Tagestouristen Urlauber machen will.

Zwei Schaufenster im alten Karstadt-Haus am Sachsentor in Bergedorf, zehn Meter breit und 1,50 Meter tief, sollen Bergedorfs Tourismus weit nach vorne bringen. So plant es jedenfalls Oliver Kahle (64), bis Ende 2020 Betreiber des Zollenspieker Fährhauses und seit Mitte Juni nun Sprecher der AG Tourismus im Bergedorfer Wirtschaftsverband WSB. Der Praktiker hat nichts Geringeres vor, als das Thema Tourismus zu einem der zentralen Bestandteile des geplanten professionellen Stadtmarketings im Bezirk zu machen – mit einem wichtigen zentralen Baustein direkt in der Einkaufsstraße.

Bergedorfs Kultur und Sehenswertes im Karstadt-Schaufenster

In den Karstadt-Schaufenstern am Sachsentor – Gespräche mit dem Eigentümer laufen schon – soll Bergedorfs „Rad-Erlebniskarte“ im Großformat hängen, samt aller ihrer Routen, Ausflugstipps und Sehenswürdigkeiten im Bezirk. Hinzu kommt eine kleine Ausstellung, vor allem aber ein Großbildschirm. „Er zeigt ständig wechselnde kleine Imagefilme, etwa von der Sternwarte, dem Schloss, unseren Vier- und Marschlanden und Bergedorfs Forschungszentren wie dem Erneuerbare-Energie-Campus oder den 3D-Experten vom Laser-Zentrum. Aber auch das vielfältige Kulturangebot in Bergedorf kommt nicht zu kurz“, verspricht Kahle. „Wir zeigen auch, was Lola, Haus im Park oder das SerrahnEins und die vielen anderen kleinen Clubs an Programm bieten. Am besten mit Film-Einspielern von Konzerten, Lesungen oder Shows, die dort demnächst laufen.“

Fahrradgäste für den gesamten Bezirk Bergedorf begeistern

Der ideenreiche Unternehmer will so den Bergedorfern zeigen, wie attraktiv und vielseitig ihr Bezirk ist. Und er erwartet, dass allein das schon Auswirkungen auf den Tourismus hat: „Die Bergedorfer sind die besten Botschafter ihres Bezirkes – wenn sie denn erfahren, was er alles zu bieten hat.“ Doch das allein genügt Oliver Kahle natürlich nicht: „Gleichzeitig müssen wir die unzähligen Fahrrad-Gäste, die täglich und besonders an den Wochenenden vor allem von Hamburg aus in die Vier- und Marschlande radeln, für den gesamten Bezirk Bergedorf begeistern“, sagt der erfolgreiche Gastronom, der dieses Potenzial schon vor zehn Jahren für das Zollenspieker Fährhaus gesichert hat. „Damals schloss ich Rahmenverträge mit Radreise-Veranstaltern. So wurde mein Hotel zum Basislager für diverse Gruppen, die vom Zollenspieker aus eine Woche lang Hamburg erkundet haben.“

„Es geht darum, aus Tagesgästen Urlauber zu machen“

Ähnlich könnte die Entwicklung für den gesamten Tourismus im Bezirk durch ein paar gezielte Projekte laufen, meint Kahle: „Im Kern geht es doch darum, aus Tagesgästen Urlauber zu machen. Und da spielen uns in Bergedorf der rasante Trend zum E-Bike und nicht zuletzt auch die Corona-Krise in die Hände. Die Menschen haben entdeckt, dass Urlaub vor der Haustür schön sein kann. Gleichzeitig wohnen sie in den Ferien lieber in der Natur, als in der Enge der Großstadt. Und dank der E-Bikes können auch Senioren viel größere Entfernungen zurücklegen als vorher mit dem normalen Fahrrad.“

In Tatenberg will er deshalb eine Art Empfangsstation aufbauen – mit großer Karte samt Ausflugstipps (mit QR-Codes) für den gesamten Bezirk Bergedorf, mit Unterstand gegen Regen und Ladestationen für E-Bikes, vielleicht auch einem Angebot von Getränken und Speisen. „Über Tatenberg kommen die meisten Gäste nach Bergedorf. Aber kaum einem von ihnen ist bewusst, dass der Bezirk weit mehr zu bieten hat, als nur die Natur der Vier- und Marschlande“, weiß Kahle, der für die Tourismus AG bereits mit der Suche nach einem geeigneten Grundstück begonnen hat.

„Das wird unser Pilotprojekt, den Gästen den gesamten Bezirk mit all seinen Attraktivitäten vorzustellen. Vielleicht werden wir es schon nächstes Jahr einweihen.“ Weitere könnten am Anleger der Zollenspieker Fähre, am Altengammer Elbdeich nahe Geesthacht und möglicherweise auch an dem Bille-Wanderweg Richtung Reinbek entstehen, vielleicht nahe der Pionierbrücke.

Für die Umsetzung braucht es Profis

Damit das alles auch Wirklichkeit wird, setzt Oliver Kahle darauf, Bergedorfs Tourismus-Entwicklung eng mit dem geplanten Stadtmanagement zu verzahnen. „Solche Projekte erschließen dem gesamten Bezirk bis hin zum Einzelhandel und der Kultur neue Kundenpotenziale. Aber die Umsetzung geht nicht ehrenamtlich, es braucht Profis.“ Und ein modernes Stadtmarketing, wie Bergedorf es jetzt plant, schließe Tourismus ohnehin grundsätzlich mit ein.