Hamburg. Sie sind voller Elan, wollen alten Menschen helfen und natürlich Geld verdienen: Ausländische Auszubildende erlernen Pflegeberufe.

Den längsten Weg hat der 28-jährige Rustam Efendi hinter sich: Satte 11.015 Kilometer Luftlinie liegen zwischen Jakarta und Bergedorf. Aber auch Harare (8198 Kilometer) und Kathmandu (6618 Kilometer) sind nicht gerade um die Ecke. So kommt es zu einer bunten Mischung: Aus sechs Nationalitäten setzen sich die 14 Auszubildenden zusammen, die sich derzeit im Behrmann-Stift um alte, kranke und pflegebedürftige Menschen kümmern. „Das ist toll bei uns, aber manchmal ist es ganz schön kompliziert mit der Bürokratie und den Arbeitsgenehmigungen“, sagt Leiterin Vera Lütke Wissing lachend. Sie freut sich, wenn internationaler Wind durch die Flure weht.

Geschichten von Heimweh und der Schönheit des ersten Schnees

Anfangs hatte er schon Heimweh nach Nepal, „ich hab täglich mit meiner Familie telefoniert“, gesteht Kabiraj Poudel, der über einen Freund von der „guten Lebensqualität in Deutschland“ gehört hatte. Auf jeden Fall könne man hier „mehr Geld für weniger Arbeit verdienen“, wurde dem 28-Jährigen gesagt. Und in der Tat: Nach dreijähriger Ausbildung zum Pflegefachmann kann er mit einem Einstiegsgehalt von 2928 Euro brutto rechnen.

Überhaupt einen Job zu bekommen, ist der Traum von Margaret Chemalike, denn „bei uns herrscht große Arbeitslosigkeit und ohne Korruption bekommst du in Simbabwe gar nichts“, erzählt die 28-Jährige.

Sie alle sprechen ein wunderbares Deutsch und haben schnell gelernt. Zwei Jahre lang ist der Indonesier Rustam Efendi bereits in Deutschland, zunächst als Au-pair: „Da habe ich mich um ein autistisches Kind in Hamburg gekümmert. Danach kam ein freiwilliges soziales Jahr in einer Wohngruppe für behinderte Menschen“, sagt der Mann aus den Tropen, der sich über vier Jahreszeiten freut: „Mein erster Schnee war sehr schön!“

„Ich mache aber lieber was mit Menschen“, sagt Marita Kiliptari

Während die Armenierin gerade noch auf Hochzeitsreise in Spanien ist, kann sich Pflegedienstleiterin Carolin Welnhofer-Schultz noch über gleich zwei Azubis aus Georgien freuen. „Bei uns sieht man keinen Rollstuhl auf der Straße, auch psychisch Kranke werden eher weggesperrt. Vielleicht, um sie zu schützen“, meint Beka Labauri (27), der aus Tiflis stammt und nun ins Neuallermöher Studentenwohnheim zieht.

„Im ganzen Land gibt es höchstens zwei Altenhäuser. Bei uns ist es peinlich, wenn die Familie sich nicht selbst kümmern kann“, meint Marita Kiliptari, die in Batumi, einer Hafenstadt am Schwarzen Meer großgeworden ist und als 26-Jährige bereits ein Jura-Studium hinter sich hat: „Ich mache aber lieber was mit Menschen als Verträge zu kontrollieren.“

Die Jüngste der Azubi-Truppe kommt aus Bergedorf: „Meine Oma hatte Multiple Sklerose, da habe ich sie oft gepflegt“, erzählt Tabea Wolski (18). Und dass sie im Behrmann-Stift lernt, liegt am Opa: „Der heißt Christian Mühle und war Fleischermeister in Bergedorf. Und der lobt das Haus hier, kennt es noch von seinen Fleisch-Lieferungen.“

Pflege in der Familie ist nicht immer optimal

So haben alle ihren eigenen Weg zur Justus-Brinkmann-Straße gefunden, auch die beiden Praxisanleiterinnen: Yonca Krahn (28) besuchte die Ernst-Henning-Schule und hat nebenbei von ihren Eltern Türkisch gelernt. Und die Polin Michelle Kazalski findet es schlimm, „wenn kranke Leute, die Hilfe brauchen, peinlich sind. Meine Oma hatte jahrzehntelang Alzheimer, aber keiner in der Nachbarschaft sollte das wissen“, erzählt die 26-Jährige.

Alle sind sich einig, dass die Pflege in der Familie „nicht immer einfach und optimal ist, vor allem bei nächtlichen Schmerzen und Inkontinenz“, sagt Carolin Welnhofer-Schultz. Und so sind auch die Bewohner im Alters- und Pflegeheim froh und dankbar über Fachkräfte, die professionell helfen können – sogar weltweit.