Hamburg. Immobilien-Experten stellen Untersuchung zu alten Warenhaus-Standorten vor. Für viele heißt die Perspektive “Mixed-Use-Konzept“.
Der Schock wird die Bergedorfer treffen, sobald der Einzelhandel wieder öffnen darf: Dann bleiben die beiden ehemaligen Karstadt-Häuser dicht – für mindestens vier Jahre. So lange dauert es im Durchschnitt, bis derartige Top-Lagen in Deutschlands Innenstädten neu belebt sind. Allerdings nicht als Warenhaus und auch nur vielleicht als Shopping-Center.
Die Perspektive heißt „Mixed-Use-Konzept“: Eine Drogerie und ein bis zwei Filialisten aus dem Einzelhandel im Erdgeschoss, Büros, Wohnungen, vielleicht Gastronomie, Hotel oder Senioren-Einrichtung in den Etagen darüber. Würde ein neues Warenhaus auf ganzer Karstadt-Fläche sein Glück versuchen, die Warscheinlichkeit einer Pleite läge bei über 30 Prozent.
Ehemalige Karstadt-Häuser in Bergedorf bleiben länger leer
Diese Zahlen und ihre Analyse stellen die Immobilien-Experten von PricewaterhouseCoopers am morgigen Mittwoch im Stadtentwicklungsausschuss der Bezirksversammlung vor. Beginn ist um 18 Uhr. Den Link zur öffentlichen Sitzung gibt es per E-Mail an ausschussdienst@bergedorf.hamburg.de.
In ihrem 48 Seiten starken Gutachten „Die Zukunft der Warenhaus-Immobilien“ haben die Berliner Wirtschaftsprüfer Daten aus 50 deutschen Innenstädten ausgewertet, die seit 2010 vom Aus ihres zentralen Warenhauses betroffen waren. Ihr Fazit: Die Blütezeit der Warenhäuser ist schon lange Vergangenheit. Nachdem Verbrauchermärkte und Shopping-Center über Jahrzehnte wichtige Marktanteile weggeschnappt hatten, versetzt ihnen der wachsende Online-Handel jetzt nur noch den letzten Stoß. Allerdings residieren Karstadt & Co. in ebenso markanten wie zentralen Immobilien der Einkaufsstraßen. Leerstände hier werden so zum Symbol einer sterbenden City, mindestens in den Köpfen der Kunden.
Schlüssel zum Erfolg liegt im Mix verschiedener Nutzungen
Doch ganz so negativ ist die Realität nicht, schreiben die Autoren der Studie mit Blick auf die Investorenseite: Seit 2016 sei zu erkennen, dass viele Nachnutzungen wieder öffnen. „Zu vermuten ist, dass Projektentwickler und Investoren das Potenzial der oftmals attraktiven Innenstadt-Immobilien erkannten und sich – möglicherweise auch getrieben durch Alternativlosigkeit – an solche Projekte heranwagten.“ Es sei zu beobachten, dass immer mehr Geld in diesen Markt fließe.
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Der Schlüssel für einen erfolgreichen Neustart der alten Kaufhaus-Immobilien liegt nach Überzeugung von PricewaterhouseCoopers im Mix verschiedener Nutzungen. Das reduziere das Risiko der Vermietung deutlich und ermögliche längere Vertragslaufzeiten. Eine Neuausrichtung, die allerdings erhebliche Umbauten erfordere und in einem Drittel der Fälle sogar den kompletten Abriss nötig mache.
Großraum Sachsentor ist wichtig für das Lebensgefühl der Menschen
Für die Bezirksversammlung markiert der Vortrag den Auftakt einer neuen Stadtentwicklungspolitik: War die Zukunft der Bergedorfer Innenstadt lange als alleinige Aufgabe der Wirtschaft abgetan worden, hat sich nun die Erkenntnis durchgesetzt, dass der Großraum Sachsentor für das Lebensgefühl der Menschen wichtig ist, die Bergedorf als ihre Stadt in der Metropole wahrnehmen sollen.