Hamburg. Klaus Ummo Hirt verweigert sich dem Hamburger Klimaschutzgesetz. Der Grundeigentümer-Verband kritisiert die Umweltbehörde.

Kaum Informationen, viel zu kurze Übergangsfristen und dann will ihm die Stadt Hamburg auch noch zusätzliche Ausgaben in vierstelliger Höhe aufbürden: Wenn Klaus Ummo Hirt über das neue Hamburger Klimaschutzgesetz redet, dann ist er schnell auf Zinne. Der Nettelnburger entzieht sich den neuen Öko-Pflichten, indem er noch vor dem Start des Paragrafenwerkes seine Heizung modernisieren lässt – und damit die Mehrkosten spart.

Grundsätzlich hält Hirt die klimafreundliche Modernisierung von Ein- und Mehrfamilienhäusern sowie Gewerbeimmobilien für sinnvoll. Er hat allerdings ein für ihn wichtiges Gegenargument: „Ich bin 78 Jahre alt. Was habe ich noch davon?“ Wirtschaftlich würde sich die Investition nicht mehr amortisieren, sagt er, und gibt zu, „dass das ein bisschen selbstsüchtig ist“.

Haus in Hamburg wurde bereits für 160.000 Euro klimafreundlich saniert

1980 hat er sich mit seiner mittlerweile verstorbenen Frau das Haus in Nettelnburg-Süd bauen lassen. Heute lebt er zusammen mit seiner Gefährtin des Herzens in ihrem Haus und nur wenige Meter entfernt von seinem Haus, das er vermietet hat.

2017 hat Hirt sein Haus umfassend modernisieren lassen, „vom Keller bis zum Dach“. 160.000 Euro kostete das Vorhaben, für das er wegen energieeffizienten Sanierungen einen Zuschuss von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) erhielt. Im Herbst des vergangenen Jahres beginnt er, sich mit der Sanierung seiner Heizungsanlage zu beschäftigen. Er stößt auf das neue Hamburger Klimaschutzgesetz, doch er findet keine Informationen. „Auf der Website der Umweltbehörde steht nur etwas, das sich wie ein Werbetext liest“, sagt Hirt. Handwerker, bei denen er Auskunft erwartet, wissen wenig zu berichten.

Behörde wehrt sich gegen Vorwurf der mangelhaften Informationspolitik

Die Umweltbehörde verweist auf Anfrage unserer Zeitung auf die Website www.hamburg.de/klimaschutzgesetz. „Wir informieren auf verschiedenen Kanälen über Maßnahmen des Klimaplans und auch die Regelungen zum Klimaschutzgesetz“, wird ergänzt.

Bis zu 15.000 Euro hätte Hirt für die Öko-Variante einer modernisierten Heizung zahlen müssen, berichtet er von seinen weiteren Recherchen. Ein Heizungsbauer will ihm jetzt für 7000 Euro die Anlage sanieren. „Die Heizung ist 16 Jahre alt. Sie hätte noch ein paar Jahre halten können“, bedauert Hirt. Der Gesetzgeber billigt ihm nur eine kurze Frist zu. Am 31. Juni muss die neue Anlage abgenommen sein.

Probleme besonders für ältere Hausbesitzer und junge Familien

Torsten Flomm, Vorsitzender des Grundeigentümer-Verbandes Hamburg sieht mit dem neuen Klimaschutzgesetz „Probleme, die auf viele Hausbesitzer zukommen werden, aber bisher weitgehend unbekannt sind“. Für ältere Menschen wie Klaus Ummo Hirt rechnet sich eine klimafreundliche Sanierung nicht. Außerdem bekommen sie häufig altersbedingt keine Kredite mehr, mit denen sie das Vorhaben finanzieren könnten.

In Bedrängnis kann es auch junge Familien bringen, deren Hausfinanzierung oft auf Kante genäht ist. Zwar gibt es Ausnahmeregelungen, aber diese Probleme gelten nicht als gesetzliche Ausnahmetatbestände.

Gesetz wurde im „Hau-Ruck-Verfahren“ durchgezogen

Ehrgeizige Klimaziele hat sich die Hamburger Umweltbehörde gesetzt, was Flomm nicht infrage stellen will. Das Gesetz, so kritisiert er, sei jedoch „im Hauruck-Verfahren“ ohne vorherige Anhörung der Verbände durchgezogen worden. Die Informationspolitik sei für ihn „eine Katastrophe“.

Stress mit dem neuen Klimaschutzgesetz gibt es auch im Umfeld von Hirt. Seine Lebenspartnerin verweigert sich ebenfalls den Öko-Anforderungen und will ihre Heizung vor dem 1. Juli modernisieren lassen.

Probleme haben auch Besitzer von Häusern mit Stromdirektheizungen

Und sein Bruder besitzt ein Haus mit Stromdirektheizung. Die war für kurze Zeit en vogue, als Atomkraftwerke in Tageszeiten geringer Auslastung billige Energie lieferten. Ab 31. Januar 2025 dürfen diese Anlagen nicht mehr erneuert werden. Im Klartext heißt das, dass eine neue Heizungsanlage mit einem anderen Energieträger, etwa Gas eingebaut werden muss. Der bald nur aus erneuerbarer Energie produzierte Strom wird durch einen fossilen Brennstoff ersetzt. „Stromdirektheizungen sind mit Blick auf die Gesamtenergieeffizienz nicht optimal“, erklärt die Umweltbehörde dazu auf Anfrage.

Mit einem Teil des neuen Hamburger Klimaschutzgesetzes hat die Umweltbehörde bereits zurückrudern müssen. Sie hatte ein Verbot der Erneuerung von Ölheizungen ab 2022 sowie des Neubaus von Ölheizungen ab 2026 in das Paragrafenwerk geschrieben. Das wurde im Februar 2020 von der Bürgerschaft verabschiedet und damit vor dem im August 2021 vom Bundestag verabschiedeten Gebäude-Energie-Gesetz.

Hamburger Gesetz verstößt in Teilen gegen Bundesrecht

In dem Gesetzeswerk des Bundes gibt es diese Vorschrift zu Ölheizungen allerdings nicht. Da Bundes- das Landesrecht bricht, ist damit das Hamburger Aus für Ölheizungen vom Tisch. Das musste der Senat auf eine kleine Anfrage des CDU-Bürgerschaftsabgeordneten Stephan Gamm Anfang Februar 2021 einräumen.

Trotz des erzwungenen Rückziehers der Behörde von Senator Jens Kerstan (Grüne) sind Anbieter des fossilen Brennstoffs verärgert. „Das trägt zur Verunsicherung bei“, kritisiert Rainer Diederichs vom Institut für Wärme und Mobilität (IWO) der deutschen Mineralölwirtschaft.

Bald wird mit flüssiger Biomasse angereichertem Heizöl angeboten

Derzeit würden Anbieter an mit flüssiger Biomasse angereichertem Heizöl arbeiten, das den vom Hamburger Klimaschutzgesetz geforderten Anteil von 15 Prozent regenerativer Energie erfülle. Zum Start des Gesetzes am 1. Juli werde das Produkt marktreif sein.

Mit moderner Brennstofftechnik seien Klimaschutzziele erreichbar, ergänzt Diederichs. Und bei einer Kombination mit einer Solaranlage könne es für diesen Teil auch eine staatliche Förderung geben.