Hamburg. Neue Ölheizungen sollten bereits 2022 verboten sein. Gesetz der Großen Koalition vereitelt Plan von Rot-Grün. CDU kritisiert Kerstan.

Bitterer Rückschlag für den grünen Umweltsenator Jens Kerstan und seine Klimapolitik: Das von Rot-Grün gerade erst im Hamburger Klimaschutzgesetz festgeschriebene Verbot des Neuanschlusses von Ölheizungen ab 2022 und der Erneuerung bestehender Anlagen ab 2026 wird in Hamburg wohl keine Wirkung entfalten. Grund: Der Bund hat im Sommer ein eigenes Gebäudeenergiegesetz (GEG) mit deutlich weicheren Vorschriften und längeren Fristen verabschiedet, das im November in Kraft tritt. Da es darin keine Öffnungsklausel gibt, macht das Bundesgesetz das Landesgesetz hier wirkungslos.

Nach dem Bundesgesetz dürfen Ölheizungen ab 2026 nur noch als Mischsysteme eingebaut werden, in denen ein Teil der Wärme auch aus erneuerbaren Energien stammt. In Gebäuden, bei denen dies nicht möglich ist, können nach dem von der Großen Koalition beschlossenen Gesetz auch weiterhin reine Ölheizungen eingebaut werden. Die deutlich strengere Hamburger Regel mit dem Verbot ab 2022 ist damit gekippt.

Folgen für den Hamburger Klimaplan sind bisher kaum öffentlich diskutiert worden

„Wir hatten uns bis zuletzt im Bund für die Länderöffnungsklausel eingesetzt. Sonderregelungen in den Ländern werden aber nicht zugelassen“, sagte Kerstan dem Abendblatt. „Das ist ein Rückschlag für den Klimaschutz. Die Pariser Ziele werden wir nur durch konkrete Maßnahmen in den Ländern und Städten erreichen. Dies auszubremsen, ist eine unverantwortliche Politik.“

Das Bundeswirtschaftsministerium teilte auf Abendblatt-Anfrage mit, dass die Bundesregelung sicherstellen solle, dass „Anlagenhersteller, die produzierende Bauwirtschaft, Immobilienwirtschaft und Dienstleister gleichmäßige Rahmenbedingungen für die Produktentwicklung und die Produktion für den deutschen Markt vorfinden“.

Die Folgen des bereits im Sommer beschlossenen Bundesgesetzes für den Hamburger Klimaplan sind bisher kaum öffentlich diskutiert worden. Dabei hatte Kerstan das Ölheizungsverbot als „wichtigen Baustein“ seiner Klimapolitik dargestellt. Führende Vertreter der Umweltbehörde hatten das CO2-Einsparvolumen durch den Ersatz von Ölheizungen durch Fernwärme oder Wärmepumpen im Januar auf 270.000 bis 425.000 Tonnen beziffert. Wie sich das verspätete und nicht mehr vollständige Ölheizungsverbot im Hamburger Klimaplan bemerkbar macht, ist noch unklar.

BUND nimmt Senat in die Pflicht

Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) forderte angesichts dieser Entwicklung den Senat zu einer "fachlichen und finanziellen" Sicherstellung des Hamburger Klimaplan auf. "Es drohen bei den anstehenden Senatsberatungen über den Doppelhaushalt 2021/2022 gravierende Kürzungen bei den Klimaschutzmitteln", sagte Manfred Braasch, Landesgeschäftsführer des BUND Hamburg, am Dienstag. "So kann Klimaschutz nicht funktionieren."

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    Die Umweltbehörde müsse offenlegen, wie die Einsparlücke von rund 400.000 Tonnen CO2 durch den Wegfall des Ölheizungsverbots aufgefangen werden könne. "Wenn schon zum Start der Umsetzung eines ohnehin nicht ausreichenden Klimaplans gravierende Schwierigkeiten auftauchen, müssen alle Alarmlampen angehen und der Senat muss nachsteuern", so Braasch.

    "Bewusste Täuschungen": CDU mach Kerstan Vorwürfe

    Die CDU wirft dem grünen Umweltsenator indes vor, die Öffentlichkeit bewusst getäuscht zu haben. Denn in einer aktuellen Antwort auf eine Kleine Anfrage des CDU-Umweltpolitikers Stephan Gamm räumt der Senat ein, dass „mögliche Kollisionen“ mit dem Bundesgesetz bereits vor Verabschiedung des Hamburger Klimaschutzgesetzes bekannt gewesen seien. Deswegen habe man sich ja für eine Öffnungsklausel eingesetzt.

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    „Die Einbringung des Hamburgischen Klimaschutzgesetzes in die Bürgerschaft, das wissentlich in Teilen unzulässig sein würde, stellt einen neuen Tiefpunkt der parlamentarischen Arbeit dar“, sagt der CDU-Abgeordnete Gamm. „Bewusste Täuschungen, Halbwahrheiten, Ignoranz und die Abwesenheit von politisch verantwortlichem Handeln scheinen als Mittel gerechtfertigt zu sein, um eine falsche und ideologische Politik durchzusetzen“. Kerstan habe „im Wahlkampf das frühzeitige Verbot von Ölheizungen als eine seiner zentralen Klimaschutzmaßnahmen propagiert, obwohl ihm schon damals klar war, dass dies rechtlich nicht zulässig sein wird“, so der CDU-Politiker. „Damit hat er politisch verantwortungslos gehandelt und aus Kalkül alle Hamburger und das Parlament bewusst getäuscht.“

    Umweltbehörde weist Vorwürfe zurück

    Die Umweltbehörde weist dies zurück. „Diese Vorwürfe sind Unsinn“, sagte ihr Sprecher Jan Dube. „Das GEG des Bundes wurde erst im Juli 2020 verabschiedet. Statt im Nachhinein Hamburgs ehrgeizige Pläne zu kritisieren, hätte Hamburgs CDU das Klimaschutzgesetz unterstützen und sich bei ihren Unionskollegen im Bund für eine Länderöffnungsklausel stark machen können.“ Es sei „merkwürdig, dass die Partei, die im Bund unser Klimaschutzgesetz ausbremst, dieses jetzt kritisiert“.

    Wohnen und Heizen in Privathaushalten seien für etwa 22 Prozent des CO2-Ausstoßes in Hamburg verantwortlich, so Dube. Mit Teilen des GEG lege die Bundesregierung den Ländern beim Klimaschutz „enge Fesseln“ an. Zugleich betonte er, dass zuletzt weniger als jährlich zehn Ölheizungen in Hamburger Neubauten installiert worden seien. „Der Wechselbonus Öl auf Gasanschluss der Gasnetz GmbH wurde seit Einführung im September 2019 bisher 2350-mal genutzt“, so der Sprecher. „Das ist aus unserer Sicht ein sehr großer Erfolg.“ Insgesamt gebe es in Hamburg derzeit noch rund 30.000 Ölheizungen.

    Ob und wie sich das neue Bundesgesetz womöglich auch auf die von Rot-Grün erlassene Solardachpflicht ab 2023 auswirkt, wird derzeit geprüft.