Hamburg. Wohnraum allein ist nur die halbe Miete. Freizeit- und Sozialangebote werden bei Bauplanungen künftig von Beginn an mitgedacht.

Was braucht der Mensch? Und wie viel Platz braucht er, um seine Wünsche zu erfüllen? Mit solchen Fragen beschäftigt sich Regine Schilde, die sich im Bezirksamt Bergedorf um Sozial- und Planungsräume kümmert. Da ist es natürlich ein Leichtes, wenn ein Oberbillwerder geplant wird, aber Nachverdichtungen in anderen Stadtteilen können zur Herausforderung werden.

Insbesondere mit Blick auf die Zahlen vom Statistikamt Nord, das bis 2035 genau 146.839 Menschen im Bezirk prognostiziert. Das sind immerhin 16.579 mehr als noch im Jahr 2019 gezählt wurden – so wird Bergedorf also etwa um die Größe von Schwarzenbek wachsen.

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Bergedorf wird in den nächsten Jahren wachsen

Rasante Zuwächse sind etwa für die Vier- und Marschlande zu erwarten, wo bis 2035 der Statistik nach 8452 Menschen mehr leben werden. Auch Lohbrügge (+3153), Bergedorf-Mitte (+2997) sowie Neuallermöhe und Bergedorf-West (+1979) werden wachsen.

„Dafür gibt das Wohnungsbauprogramm auch Entwicklungsflächen her, da werden 1700 neue Wohnungen in Lohbrügge geplant, 3600 in Bergedorf und gut 100 in Neuallermöhe“, erklärt Schilde jüngst im Jugendhilfeausschuss. Der interessiert sich vornehmlich für die soziale Infrastruktur in diesen Gebieten: Körber-Haus und der (nachträglich eingeplante) neue Jugendclub Am Hohen Stege sind schon gut. Ebenso aber benötigen Schulen und Kita-Angebote Platz, dazu Sportflächen und grüne Freiräume.

Wunsch: Raum für kulturelle und Nachbarschaftsbegegnungen

Erholung und Freizeit mögen sichergestellt sein. Für öffentliche Spielplätze sind etwa 1,5 Quadratmeter pro Einwohner vorgesehen, in wohnungsnahen Parkanlagen sieht das Landschaftsprogramm sechs Quadratmeter pro Person vor. „Wir gehen gerade systematisch alle Entwicklungsflächen durch. Für den Kita-Bedarf zum Beispiel ­wollen wir mit der Sozialbehörde die Fläche am Spielhaus Kurt-Adams-Platz neu überplanen“, erklärt Schilde.

Dass die neue „Steuerungsgruppe Jugendhilfeplanung“ viel bewegen möchte, erfreut die Fachpolitiker: „Wir sind oft mit den Planungen hinterhergelaufen, das scheint sich zum Glück zu ändern“, so der Ausschussvorsitzende Stefan Thomsen. Denn manch einer wundert sich, warum nicht längst schon Hand in Hand gearbeitet wird: „Warum plant man nicht zeitgleich mit einem Wohngebiet? Es ist doch auffällig, dass an den Glasbläserhöfen und am Weidensteg ein großer Spielplatz fehlt, wobei die Kinder jetzt schon groß werden“, meint Petra Petersen-Griem (SPD), die zudem Raum für kulturelle und Nachbarschaftsbegegnungen wünscht.

Vor vier Jahren geplanter Spielplatz am Schilfpark fehlt immer noch

„Das müsste doch längst wie Zahnrad mit Zahnrad ineinanderlaufen“, fordert Jörg Froh (CDU): „Der vor vier Jahren am Schilfpark geplante Spielplatz fehlt immer noch, ebenso die Brücke, die für mehr Aufenthaltsqualität in dem Gebiet sorgen soll.“

Dies sei „alles noch nicht unter der Ägide gelaufen, den Pflichten von B-Plänen nachzukommen“, räumt Regine Schilde ein. Es sei eben nicht immer optimal gelaufen, ergänzt Detlef Trute, der Fachamtsleiter für Sozialraum-Management: „Im Stuhlrohrquartier war die Planung eher suboptimal, aber das wollen wir jetzt verbessern.“

Als gutes Vorbild dient Boberg: Dort hatte ein städtebaulicher Vertrag die soziale Infrastruktur sichergestellt – samt Kita, Jugend- und Sportflächen sowie dem Bürgerhaus. „So empfehlen wir auch künftig ein integratives Wohnungsbauprogramm“, sagt Regine Schilde.

Stadtteilkultur lässt sich schwer planen – sie entwickelt sich

Auf Nachfrage der Grünen bestätigt Sozialdezernentin Sabine Steffen, dass auch an Senioren, Jugendliche und Menschen mit Behinderung gedacht werden müsse: „Die spielen alle mit rein, wir müssen rechtzeitig die Bedarfe erkennen und definieren, aber nicht immer ist sofort Geld oder ein Träger da.“ Eine Herausforderung sei etwa auch die Stadtteilkultur: „Das kann man nicht vorab verordnen, sowas entwickelt sich durch die Menschen. Da es aber
im Nachgang schwierig ist, die passenden Räume zu finden, müssen wir diese Räume vorab mitdenken und Gemeinbedarfsflächen reservieren.“

Ab wann man denn für solche Bedarfe auch Mittel in Hamburg abfordern könne, will Cornelia Frieß (Linke) wissen und fragt: „Was wird wann für Oberbillwerder eingefordert, damit das nachher nicht blöde endet?“ In diesem Punkt sind der Dezernentin die Hände durch die Haushaltsplanung gebunden.

„Wir können ja nur alle zwei Jahre Geld einwerben und dann gucken, was wir damit verwirklichen können. Und vielleicht brauchen wir dazu auch mal ein Votum aus dem Jugendhilfeausschuss“, muntert sie die Politiker augenzwinkernd auf.