Hamburg. In Bergedorf erfüllen nur vier Stationen die strengen Kriterien des HVV, im Landgebiet keine einzige. Sind besserungen in sicht?
Nur etwa jede 100. Bushaltestelle in Bergedorf wird den Anforderungen an Barrierefreiheit des Hamburger Verkehrsverbunds (HVV) und der Behörde für Verkehr und Mobilitätswende gerecht. In den Vier- und Marschlanden erfüllt keine der Haltestellen den Anforderungskatalog, den der HVV schon vor mehreren Jahren mit den ihm angehörigen Verkehrsunternehmen und Interessenvertretungen mobilitätseingeschränkter Menschen entwickelt hat. Das ist das Ergebnis eines Auskunftsersuchens der Bergedorfer Koalition von SPD, Grünen und FDP, das der Hauptausschuss der Bezirksversammlung jetzt behandelt hat.
Nach diesen Angaben erfüllen in Bergedorf gerade mal vier der rund 400 Haltestellen die Erfordernisse der Barrierefreiheit: Die Station Boberg an der Boberger Kreuzung in Richtung Billstedt, die Station Goerdelerstraße in der Straße Am Beckerkamp in Richtung Billstedt, die Station Lehfeld am Curslacker Neuer Deich in Richtung Geesthacht/Lauenburg und die Station Reimboldweg am Gojenbergsweg in Richtung Friedhof.
Nur vier Haltestellen im Bezirk Bergedorf sind barrierefrei
Viele der Haltestellen fallen schon wegen ihrer geringen Bordsteinhöhe durch das Raster der Kriterien. Um als barrierefrei zu gelten, muss eine Haltestelle einen mindestens 16 Zentimeter hohen Bordstein haben, was in Bergedorf nur selten der Fall ist. Die meisten Haltestelle liegen unter 14 Zentimeter Bordsteinhöhe, viele haben nicht einmal 10 Zentimeter, und im Landgebiet gibt es diverse Stationen unter 4 Zentimetern oder ganz ohne Bordstein.
Da die in den Fahrzeugen verfügbaren Rampen nur 80 Zentimeter lang sind, können Rollstuhlfahrer den Höhenunterschied oftmals nicht überwinden. Allerdings räumt die Verkehrsbehörde ein, dass durch zusätzliches Absenken der Busse an der rechten Seite auch Bordsteinhöhen unter 16 Zentimeter überwunden werden können, besonders bei Hilfsmitteln wie Rollatoren, die eine etwas höhere Bodenfreiheit haben als Rollstühle.
Weiteres häufiges Manko: Es gibt kein Blindenleitsystem
Ein nicht vorhandenes Blindenleitsystem ist ein weiteres häufiges Manko. So kommt es, dass auch die zahlreichen Haltestellen des Bergedorfer ZOB am S-Bahnhof nicht als barrierefrei eingestuft sind – ganz abgesehen von dem Missstand, dass der einzige Aufzug dorthin häufig defekt ist und die Rolltreppen nach einem Unfall seit Mai vergangenen Jahres noch nicht wieder laufen.
Laut Verkehrsbehörde ist es Aufgabe der Straßenbaulastträger – an Hauptverkehrsstraßen Hamburgs Landesbetrieb Straßen, Brücken, Gewässer (LSBG), an kleineren Straßen der Bezirk Bergedorf –, einen den Standards gemäß HVV-Leitfaden entsprechenden barrierefreien Ausbau sicherzustellen. Laut Personenbeförderungsgesetz seien LSBG und Bezirke verpflichtet, bis Ende 2022 verbindlich aufzuzeigen, wie Barrierefreiheit erreicht werden soll.
Das Bezirksamt steht dieser gesetzlichen Maßgabe recht entspannt gegenüber, wie eine Stellungnahme zu den Haltestellen in der Heinrich-Osterath-Straße zeigt. Dort wurden kürzlich acht Haltestellen saniert, aber es fehlen überall Blindenleitsysteme und mehrfach barrierefreie Zuwegungen. „Die Haltestellen sind in Abstimmung mit den Verkehrsbetrieben Hamburg-Holstein (VHH) geplant und umgesetzt worden“, heißt es hierzu vom Bezirksamt. Ein Umbau sei nicht vorgesehen.