Hamburg. Vor drei Jahre entsprach keiner der 439 Busstopps den Anforderungen. Daran hat sich nur wenig geändert. Nun reagiert die Politik.

Die Zahl der barrierefreien Bushaltestellen im Bezirk Bergedorf muss wachsen. Darin waren sich alle Fraktionen in der Sitzung des Verkehrsausschusses der Bergedorfer Bezirksversammlung einig. Dort stand das Thema am Montagabend auf der Tagesordnung.

CDU und Linke hatten dazu einen Antrag, die Koalition aus SPD, FDP und Grünen ein Auskunftsersuchen eingebracht. Aus dem ging hervor, dass zum Zeitpunkt der jüngsten Erhebung durch den Hamburger Verkehrsverbund (HVV) im Jahr 2017 nur etwa ein Prozent der etwa 800 Haltestellen im Bezirk Bergedorf gemäß dem HVV-Leitfaden ausgebaut sind.

„In den Vier- und Marschlanden entsprach zu diesem Zeitpunkt keine der 439 Bushaltestellen dem Zielstandard vollständig“, teilte die Behörde für Verkehr und Mobilitätswende auf Grundlage von Auskünften des HVV mit.

Zahl der barrierefreien Bushaltestellen soll erhöht werden

Diese Angaben irritierten die Mitglieder aller Fraktionen: „Ich bin verwundert, dass nur so wenig Haltestellen dem neuen Standard entsprechen sollen. Ich hätte die Zahl in den Vier- und Marschlanden auf etwa 25 Prozent geschätzt“, sagte Jörg Froh (CDU). Und auch Stephan Meyns (FDP) stellte fest: „Wenn die Mobilitätswende gelingen und mehr Leute gerade auch im ländlichen Bereich auf den ÖPNV umsteigen sollen, steht es absolut außer Frage, dass mehr Haltestellen ausgebaut werden müssen.“

Allerdings stellte er im selben Atemzug auch klar, dass nicht außer Acht gelassen werden dürfe, dass ein barrierefreier Ausbau gerade in den Vier- und Marschlanden an manchen Stellen denkbar schwierig sei, wie beispielweise in Deichlagen.

Standards für barrierefreie Haltestellen sind hoch

Und in der Tat gelte es hier zu differenzieren, stellte das Bezirksamt klar. Der Erhebung zugrunde gelegt sind die Standards, die laut HVV-Leitfaden eine Haltestelle erfüllen muss, um als barrierefrei zu gelten. Dazu zählen unter anderem bauliche Merkmale wie eine Mindesthöhe des Bordsteins von 16 Zentimetern über Fahrbahnniveau, um einen niveaugleichen Ein- und Ausstieg in das Fahrzeug zu ermöglichen.

Zudem ist der Einbau eines Sonderbordes erwünscht, der unter anderem als Anfahrhilfe für Busse wirkt. Weiterhin ist eine Gesamttiefe der Wartefläche von mindestens 2,50 Metern vorgesehen, um Rollstuhlfahrern sowie Einstiegshilfe genug Platz zu bieten.

Anforderungen teils aus Platzgründen nicht umsetzbar

Ist aber eines dieser Merkmale nicht vollständig erfüllt, wird die Haltestelle in der Erhebung nicht mehr als barrierefrei gewertet, erläuterte Tiefbauchef Lars Rosinski. So sei es an einigen Haltestellen allein aus Platzgründen nicht umsetzbar, die geforderte Breite der Wartefläche zu erfüllen oder nur möglich, ein Hochbord mit einer Höhe von bis zu zwölf Zentimetern einzubauen. Und schon gelte die Haltestelle nach den Standards als nicht barrierefrei, so Rosinski.

Demnach dürfte die Zahl der tatsächlich barrierefreien Haltestellen in Bergedorf nicht nur bei einem Prozent liegen, sondern deutlich darüber - auch wenn es definitiv noch einiges zu tun gebe, stellte Rosinski fest.

Bei Grundinstandsetzungen werden Haltestellen mit überplant

Da sei man dran: Bei einer Grundinstandsetzung, wie beispielweise im vergangenen Jahr an der Kurt-A.-Körber-Chaussee, würden die Haltestellen grundsätzlich barrierefrei ausgebaut. Auch bei Deckensanierungen werde versucht, die Haltestellen mit umzubauen, erklärte der Tiefbauchef. Beispiele aus 2020 seien hier der Jean-Dolidier-Weg mit vier Haltestellen sowie der Curslacker Neuer Deich mit den zwei Stopps etwa Höhe der Einmündung zum Kursfürstendeich.

Insgesamt wurden im vergangenen Jahr gut zehn Haltestellen im Bezirk umgebaut. Das sei auch in etwa die Zahl, die pro Jahr im Bezirk gut zu bewerkstelligen sei, schätzt Rosinski.

Weiteres Geld für Umbau der Bushaltestellen erforderlich

So stellen auch CDU und Linke in ihrem Antrag fest: „Nicht jedem ist bekannt, dass die Herstellung von neuen Bushaltestellen sowie die Umgestaltung von vorhandenen, nicht barrierefreien Haltestelle aus dem laufenden Unterhaltungstitel des Bezirksamts finanziert werden müssen.“ Die Mittel seien allerdings bereits schon jetzt nicht auskömmlich. Daher sei es dringend erforderlich, zusätzliche Haushaltsmittel für die Mobilität im ÖPNV einzuwerben.

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Derzeit sei der HVV dabei, die seit 2018 um- oder neugebauten Haltestellen nachzuerheben. Dieser Vorgang dauere an. Die nächste Vollerherbung ist für das Jahr 2022 geplant, heißt es in der Antwort auf das Auskunftsersuchen.

Bezirksamtsleiter soll sich in Hamburg für Bergedorf einsetzen

Die Politik ist sich einig, dass bis dahin die Zahl der barrierefreien Haltestellen im Bezirk Bergedorf weiter gewachsen sein muss. Einstimmig brachten die Fraktionen daher den Antrag von CDU und Linken auf den Weg und weiteten ihn von den Vier- und Marschlanden auf den gesamten Bezirk Bergedorf aus.

Damit wird Bezirksamtsleiter Arne Dornquast aufgefordert, sich bei den zuständigen Behörden dafür einzusetzen, dass weiteres Geld für die Herstellung von barrierefreien Haltestellen in Bergedorf bereitgestellt wird. Zudem soll die Verwaltung eine Prioritätenliste erarbeiten, um festzustellen, welche Haltestellen dringend umgebaut werden sollten. Dazu werde man sich mit den Verkehrsbetrieben Hamburg-Holstein abstimmen, kündigte Lars Rosinski an. Dem Regionalausschuss soll von den Bemühungen berichtet werden.