Schwarzenbek. Verkehrsplaner Andrew Yomi hat Pläne für einen Stadtverkehr in Schwarzenbek vorgestellt. Politiker beraten nun über Vorschläge.

Vier Regionalbuslinien durchziehen die Stadt: Aus Geesthacht kommt die Linie 8870, aus Bergedorf die 8810, die weiter Richtung Mölln führt. Dazu die 8860 aus Lauenburg und die 8880, die über den Zubringer Nord nach Trittau führt. Trotz der sternförmig am Bahnhof zusammengeführten Linien, haben vor allem die Wohngebiete im Süden und Westen der Stadt, aber auch das Industriegebiet im Osten keinen Anschluss an den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV).

„Schwarzenbek ist die einzige Stadt im Kreis ohne eigenen Stadtverkehr“, stellte Andrew Yomi, Verkehrsplaner des Kreises Herzogtum Lauenburg fest: „Auch wenn die Rahmenbedingungen durch die zentrale Lage und die vier Buslinien andere sind.“ Nachdem Yomi vor einem Jahr bereits vor den Mitgliedern des Finanzausschusses, die den Verkehrsplaner eingeladen hatten, für die Einführung eines Stadtbusverkehrs geworben hatte, konkretisierte er nun im Haupt- und Planungsausschuss seine damaligen Ausführungen.

Weite Wege für Bürger bis zur nächsten Bushaltestelle

In Schwarzenbek könnte bald ein Midi-Bus mit Elektroantrieb fahren. 
In Schwarzenbek könnte bald ein Midi-Bus mit Elektroantrieb fahren.  © Andrew Yomi/Kreisverwaltung | Andrew Yomi/Kreisverwaltung

300 Meter, so Yomi, sei die Strecke, die ein Busnutzer bereit sei, bis zur nächsten Haltestelle zu gehen. Doch wer etwa am Klaus-Groth-Weg im „Mühlenviertel“ wohnt, muss rund 800 Meter bis zur nächsten Bushaltestelle an der Möllner Straße (Friedhof) laufen, direkt bis zum Bahnhof sind es knapp 150 Meter mehr. Noch weiter ist es für Bürger, die etwa an der Markriede (1,3 Kilometer bis zur Bushaltestelle am Rathaus) oder der Albert-Schweitzer-Allee (1,5 Kilometer bis zur Haltestelle am Friedhof) wohnen. Diese Gebiete möchte Yomi mit den Stadtbuslinien erschließen. Insgesamt stellt sich der Verkehrsplaner drei Stadtbuslinien vor, die sowohl das Mühlenviertel als auch den Wohnpark Sachsenwald und das Industriegebiet entlang der Grabauer Straße erschließen und jeweils mit Anschlüssen an den Regionalexpress am Bahnhof starten und enden.

„Der Kunde möchte grundsätzlich ein verlässliches Angebot mit einem Taktverkehr, bei dem die Busse zu regelmäßigen, wiederkehrenden Zeiten fahren“, so Yomi. Ein Angebot mit wechselnden Uhrzeiten, das es nur in den Morgen- oder Abendstunden für Pendler gebe, werde laut dem Experten von den Kunden auch nicht angenommen. Da die Straßen für normale Omnibusse oder gar Gelenkbusse jedoch nicht ausgelegt sind, empfiehlt Yomi Midi-Busse für maximal 30 Fahrgäste einzusetzen. Vier Busse, drei auf den Linien, einer als Reserve, würden ausreichen.

Stadt Geesthacht hat fünf Stadtbuslinien

„Schwarzenbek ist die einzige Stadt im Kreis ohne eigenen Stadtverkehr“, sagt Andrew Yomi, Verkehrsplaner
„Schwarzenbek ist die einzige Stadt im Kreis ohne eigenen Stadtverkehr“, sagt Andrew Yomi, Verkehrsplaner © Marcus Jürgensen | Marcus Jürgensen

Die Kosten werden zunächst über die Fahrgastentgelte abgedeckt. Der Kreis zahlt einen Defizitausgleich, an dem die Städte mit 30 bis 40 Prozent beteiligt sind. Als größte Stadt im Kreis mit fünf Stadtbuslinien zahlt Geesthacht pro Jahr 300.000 Euro für seinen Busverkehr, die Stadt Ratzeburg dank einer sehr guten Auslastung hingegen nur 50.000 Euro pro Jahr. Schwarzenbek sei in etwa mit Mölln zu vergleichen, die ihren Stadtbusverkehr mit jährlich etwa 270.000 Euro unterstützen. Diese Kosten könne man jedoch noch senken, so der Verkehrsplaner. Sein Angebot: Schwarzenbek könnte gemeinsam mit Bargteheide in Stormarn, die Ende 2021 ebenfalls einen Stadtbusverkehr einführen wollen, eigene Elektro-Busse kaufen und dafür Fördermittel einwerben. Für die kurzen Strecken innerhalb der Stadt reiche zum Laden eine einfache Wall-Box aus. Das Busunternehmen würde dann nur noch die Fahrer stellen – was die jährlichen Kosten senken würde.

Drei nicht so gut versorgte Bereiche der Stadt ließen sich hingegen schnell für den ÖPNV erschließen: Für den Bau zweier zusätzlicher Haltestellen an Hamburger und Lauenburger Straße sind bereits Haushaltsmittel vorgesehen. Für die Linie 8810 schlägt Yomi ebenfalls eine Änderung vor: Sie sollte künftig über die Kollower und Berliner Straße geführt werden, um die Wohngebiete im Süden der Stadt anzubinden.

Politiker hoffen auf Haltestellen am Zubringer Nord

Genau davor schrecken die Politiker jedoch zurück: An der Kollower Straße sowie den angrenzenden Straßen herrscht hoher Parkdruck. Die Autos der Anwohner stehen dort dicht gedrängt am Straßenrand. Um den Bus über die Kollower Straße zu führen, müsste dort ein Halteverbot erlassen werden. Das weiß auch Yomi: „Sie werden sich nicht nur Freunde machen, wenn sie in Wohnstraßen Parkplätze in Haltestellen umwandeln und Halteverbote aussprechen.“ Bei Neuansiedlungen sei jedoch ein Stadtverkehr oft ein Entscheidungskriterium, so der Planer: „Sie müssen sagen, was ihnen wichtiger ist: Autoverkehr und Parkplätze oder ein ÖPNV-Angebot.“

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Wie schon vor einem Jahr bedankten sich die Politiker bei Yomi für seine Anregungen, wollen diese nun in den Fraktionen besprechen. Fraglich ist, ob sie sich zu einem Stadtverkehr durchringen können, zumal mit dem nun genehmigten Bau der Umgehungsstraße auch wieder Bushaltestellen am Zubringer Nord eine Option sind. Mit ihrem Wunsch, in Höhe der Albert-Schweitzer-Allee eine Haltestelle einzurichten, waren die Politiker vor Jahren an der Verkehrsaufsicht des Kreises gescheitert.

Weil es eine Haupteinfallstraße ist, sind dort am Straßenrand haltende Linienbusse verboten. Für eine Busbucht hätte die Stadt aber aufwendig den Lärmschutzwall abtragen und abstützen müssen. Damals hatten die Experten aber versprochen, die Einrichtung von Haltestellen an den Abbiegespuren zu prüfen, wenn die Umgehungsstraße fertiggestellt ist. Damit würden sich die Wege aus Wohnpark Sachsenwald oder Mühlenviertel zwar nicht auf 300 Meter, aber bis auf 450 bis 800 Meter verkürzen.