Hamburg. Bis April gibt es ein temporäres Dach für alle Rollsportler. TSG Bergedorf und Stadtteil Neuallermöhe profitieren vom Exklusivangebot.
Lässig, geschmeidig und möglichst stylish auf den Rollen über Rampen, Geländer oder den länglichen Betonblock, auch "ledge" genannt, gleiten oder hüpfen. Oder einfach mal mit Tempo und Mut in die bis zu 90 Grad steile "quarter Pipe" hineinfahren und ein kleines, akrobatisches Element zeigen. Ein Riesenspaß für 6- bis 40-Jährige im Herzen Neuallermöhes mit Blick auf vorbeifahrende S-Bahnzüge - doch bei Regen, Nässe, manchmal sogar Schneefall und anderen wettertechnischen Unbeständigkeiten des Winters macht Skateboard, Stuntscooter, Inlineskates oder BMX fahren schon weniger Spaß, ist aufgrund der Rutschgefahr bisweilen gefährlich. Dachten sich auch alle, die am Sophie-Schoop-Weg ganz viel ihrer Freizeit verbringen. Auf der Anlage der TSG Bergedorf realisieren sie nun Deutschlands ersten überdachten Fun- und Skaterpark.
Am Sonnabend soll das spektakuläre Angebot nach vier Tagen Aufbau freigegeben werden. 2,8 Tonnen Aluminiumgerüste auf einer Gesamtlänge von 400 Metern werden dann von Fachfirmen sowie vielen Auszubildenden und Ehrenamtlichen der TSG auf der "neuen" Seite des Parks aufgebaut worden sein. In den nächsten Monaten kann der Fun- und Skaterpark zudem bei einsetzender Dunkelheit genutzt werden, da eine Beleuchtungsanlage in der Dachkonstruktion installiert wurde.
Skaterpark in Neuallermöhe mit neuer Überdachung
„Mindestens mal bis April werden die Dächer stehen“, sagt Tobias Münster, "dann müssen alle wieder beim Abbau helfen." Münster, in vielen Funktionen bei der TSG engagiert, unter anderem als stellvertretender Vereinsjugendleiter und einer der Chefplaner des Dachs, weiß von Vergleichbarem lediglich in der Wüste: In Dubai, Luxus-Hochburg der Vereinigten Arabischen Emiraten, sind zwei Anlagen („Arabian Ranches“, „Town Square“) überdacht.
„Wir können ja derzeit nicht in die geschlossenen Hallen“, sagt Münster, „im Prinzip kam die Idee aus den Reihen der Jugendlichen.“ Die stellten sich nämlich die Frage, wie sie bei Wind und Wetter ihrem liebsten Hobby weiter frönen können. Denn immerhin ist trotz massivem 2. Lockdown dieser Freiluft-Sport weiterhin erlaubt. Allerdings gelten auch auf der kostenfrei nutzbaren TSG-Anlage weiterhin Kontakt- und Hygieneregeln: Nie mehr als 50 Skater gleichzeitig, zudem ist das Juzena, das Jugendzentrum in Trägerschaft der TSG , auf dem Gelände geschlossen.
Temporär installierte Dach kostet 40.000 Euro
40.000 Euro kostet das temporär installierte Dach. Finanziert wird das Ganze von der Hilfsorganisation "Ein Herz für Kinder" und aus Eigenmitteln der TSG beziehungsweise Juzena. Und die Bürgerstiftung gebe nach Aussage von Carola Kludasch auch noch zwei Outdoor-Zelte hinzu - falls der Regen doch mal zu heftig peitschen sollte.
Dass der Neuallermöher Park, der von den Einheimischen offiziell und liebevoll „Allerfornia" – in Anspielung auf das Skater-Paradies und den US-Sonnenstaat Kalifornien (California) – getauft wurde, über Bergedorf hinaus zieht, zeigt die Frequenz speziell der vergangenen Monaten: „Seit Mai, als wir nach dem ersten Lockdown wieder öffnen durften, hatten wir bis Anfang November 18.000 Besucher“, berichtet Carola Kludasch, Chefin des „Juzena“. Auch die Einlassbeschränkung tat dem Zulauf keinen Abbruch, wie Tobias Münster weiß: „Erstaunlich war das Interesse aus ganz Hamburg, zum Beispiel aus Stadtteilen wie Lokstedt, Winterhude oder Eppendorf. Die sind dann gleich Mitglied bei der TSG geworden“, schildert der 42-Jährige einen hübschen Nebeneffekt.
Dieser Andrang erzeugte noch einen positiven Effekt: „Dieses Freizeitangebot ist gut und wichtig für den Stadtteil, über den viele sonst ja nur Schlechtes gelesen hatten“, sagt Tobias Münster.
Der Leistungs- und breitensportliche Aspekt wird abgedeckt
Der Fun- und Skaterpark Neuallermöhe untergliedert sich mittlerweile in zwei Teile. Im Jahr 2014 wurde der alte Teil direkt vor dem Juzena-Eingang gebaut, 2018 dann die Fläche auf 2600 Quadratmeter erweitert. "Wir decken sowohl den leistungs- als auch den breitensportlichen Aspekt ab", weiß Skateboard-Fahrer Gordon Wallace, der beim Dachbau mithilft, "machen auch bestimmte Aktionen für Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien." Nicht eben selten fahren auch Rollstuhl-Skater über die Hindernislandschaft. Und aus einem Trend wurde mittlerweile eine offizielle Sportart: "Stuntscooter" fahren soll tatsächlich auf den Betonbahnen von Neuallermöhe geboren worden sein. Dabei handelt es sich um eine robustere Variante des Tretrollerfahren.
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Ein frisches Dach, das vor Regengüssen und Co schützt, macht den Skaterpark noch attraktiver. Ein weiterer Indikator für alle Skateboard-Interessierten: Auch in diesem Jahr (18. bis 20. Juni) soll die "World Rookie Tour", weltweit die größte Action-Sport-Serie, wieder in Neuallermöhe Station machen. Dort zeigen die besten Talente auf vier Rollen ihr Können - im Sommer dann wieder ohne Dach.