Hamburg. St. Petri und Pauli sagt wegen Corona kurzfristig alle Gottesdienste ab, andere Kirchen öffnen. Große TV-Andacht im NDR aus Lohbrügge.
Kehrtwende in der Bergedorfer Kirchengemeinde St. Petri und Pauli zu Weihnachten: Trotz intensiver Vorbereitung fallen alle sechs Gottesdienste am Heiligabend aus, auch die auf dem Kirchenvorplatz. Coronabedingt wird es nur online abzurufende Videos geben. Die Absage gilt sogar schon ab dem vierten Advent: Vom 20. Dezember bis 10. Januar sind alle Veranstaltungen in der Kirche gestrichen.
Auslöser ist die Sorge des Kirchengemeinderates vor ungewollten Begegnungen vieler Gäste beim Warten vor dem Einlass oder beim Verlassen der Kirche. Auch der Appell des Bischofsrates der Nordkirche hat zur Absage geführt. Der Rat hatte sich am Dienstag zwar weiter für kurze Präsenzgottesdienste mit kleiner Gästezahl möglichst unter freiem Himmel ausgesprochen, jetzt aber angefügt: Wenn Kirchengemeinderäte oder Pastoren davon Abstand nähmen, „dann haben sie dafür selbstverständlich unsere Rückendeckung“.
NDR zeigt prominent besetzten Gottesdienst aus Lohbrügge
Anordnen dürfen die Bischöfe die Form der Gottesdienste nicht. In der Kirche gilt jede Gemeinde als Körperschaft öffentlichen Rechts und ist selbst für den Umgang mit den Gottesdiensten verantwortlich. Die Folge ist ein großes Hin und Her: Etliche Gemeinden werfen ihre Planungen über den Haufen, andere bleiben bei Präsenzgottesdiensten.
Schon vor einer Woche hatte der Lohbrügger Pastor Jonas Goebel das Umschwenken auf Online-Gottesdienste gefordert. Er wird Heiligabend nun den prominentesten präsentieren: Von 14.30 Uhr an strahlt das NDR-Fernsehen die zuvor in seiner Kirche gedrehte Aufzeichnung aus, in der Radio- und TV-Moderator Carlo von Tiedemann (77) die Weihnachtsgeschichte liest und Sängerin Jessy Martens „Stille Nacht“ anstimmt. Die 33-Jährige hatte bereits auf der Trauerfeier für den gestorbenen Schauspieler Jan Fedder („Großstadtrevier“) im Michel gesungen.
Bundesbürger beurteilen Kirchengang in Corona-Zeiten gespalten
Im ARD-„Deutschlandtrend“ zeigten sich die befragten Bundesbürger bei der Frage, ob es richtig ist, dass Gottesdienste unter bestimmten Hygienevorgaben weiter abgehalten werden dürfen, gespalten. 50 Prozent unterstützten dies, 47 Prozent lehnten es ab. Für Bergedorfs Katholiken kommt eine Absage nicht infrage. Für die Kommunion soll kurz die Maske gelupft werden.
Über Wochen hatte die Gemeinde St. Petri und Pauli der Corona-Pandemie die Stirn geboten und mit viel Engagement versucht, den Bergedorfern ihren Heiligabend in der Kirche zu retten. Doch Hygienekonzepte, geplante Open-Air-Gottesdienste und penible Ticket-Vergabe für die deutlich reduzierte Platzzahl haben nichts genützt.
Pastor Andreas Baldenius bedauert Absage
„Das tut mir persönlich sehr weh“, sagt Pastor Andreas Baldenius. „Ich bin ein echter Weihnachts-Junkie. Mir machen die vielen festlichen Gottesdienste vor proppevollem Haus immer viel Spaß.“ Die Entscheidung sei letztlich aber unausweichlich gewesen: „Obwohl unsere Gottesdienste dank der umfangreichen und behördlich genehmigten Hygienemaßnahmen für alle Besucher unbedenklich gewesen wären: Die Gefahr lauert in diesen Tagen leider auf dem Weg zu uns und zurück nach Hause“, sagt Baldenius.
Als kleinen Trost fürs Fest daheim gibt es von diesem Sonnabend an in St. Petri und Pauli das Heft „Weihnachtsschätze für zu Hause“ mit Liedern, Texten, Bildern und natürlich der Weihnachtsgeschichte. Abzuholen ist es in der Kirche, die am Wochenende stets von 11 bis 16 Uhr und wochentags von 12 bis 17 Uhr geöffnet ist.
So planen Bergedorfs weitere Kirchen
Zudem sattelt auch St. Petri und Pauli nun noch schnell auf Video-Gottesdienste um, wie sie unter anderem die Auferstehungskirche am Kurt-Adams-Platz in Lohbrügge längst vorbereitet. Was dort im NDR-Fernsehen zu sehen sein wird, müssen Andreas Baldenius und Kollegin Chang-Mi Dallat mit kleinem Team realisieren. Über www.stpetriundpauli-bergedorf.de sind die Online-Gottesdienste von diesem Sonntag an abrufbar.
Ähnlich plant St. Michael am Gojenbergsweg 26. Auch dort hat der Kirchengemeinderat Donnerstag entschieden, die Gottesdienste Heiligabend statt vor 40 Menschen in der Kirche nun um 15, 18 und 23 Uhr samt Krippenspiel-Film per Zoom anzubieten, die Einwahl erfolgt über www.st-michael-bergedorf.de. Das gilt auch für den ersten Weihnachtstag, 11 Uhr, – aber nicht für den 4. Advent und Sonntag, 27. Dezember. Dann lädt St. Michael für 10 Uhr nach vorheriger Platzreservierung weiterhin in die Kirche.
Lichtermeerandacht rund um Franz-von-Assisi-Kirche
Weiter auf Präsenz-Gottesdienste – auch am Heiligabend – setzt Lohbrügges Christus-Kirchengemeinde in der Erlöser- und der Gnadenkirche. Auch dort ist zuvor eine Reservierung Pflicht: www.christuskirchengemeinde-lohbruegge.de.
Zum Spaziergang mit verschiedenen Stationen rund um die Franz-von-Assisi-Kirche am Grachtenplatz lädt die Gemeinde Bergedorfer Marschen für Heiligabend 14.30 und 17 Uhr ein. Zudem ist um 23 Uhr eine Lichtermeerandacht vor oder hinter der Kirche geplant. Anmeldungen sind nicht erforderlich.
Freie Evangelen feiern auf dem Fleetplatz an S-Bahnstation
Die Freie Evangelische Gemeinde Neuallermöhe wird Heiligabend mit einem Open-Air-Gottesdienst um 15 Uhr auf dem Fleetplatz an der S-Bahnstation Allermöhe feiern. Eine Anmeldung ist laut Kirche nicht erforderlich, Mund-Nasen-Schutz aber Pflicht. Zudem gibt es einen Spätgottesdienst um 22 Uhr im Gemeindehaus am Wilhelm-Osterhold-Stieg 36. Anmeldung dazu unter www.neuallermoehe.feg.de.
Nettelnburgs Bugenhagengemeinde lädt schon für den 23. Dezember, 18 Uhr, zu „Sing an Pray“ an Feuerkörben unter freiem Himmel mit der Jugendgruppe ein. Heiligabend gibt es um 14, 15, 16 und 17 Uhr sowie 23 Uhr Gottesdienste im Kirchenzelt, ebenso am 25., 26. und 27. Dezember um 10 Uhr – alle mit Meldepflicht unter anmeldung@kirche-nettelnburg.de. Gestreamt wird nur die Christvesper Heiligabend um 11 Uhr.
Katholische Kirchen halten an Präsenzgottesdiensten fest
Insgesamt 27.000 Katholiken zählt zudem die Pfarrei Heilige Elisabeth. „Die Hälfte wohnt in Bergedorf, und wir sagen die Gottesdienste für sie nicht ab, sondern nutzen unsere Kirchen“, betont Pastor Markus Diederich. In allen drei Kirchen sind am Heiligabend 70 bis 80 Gläubige willkommen. Für St. Marien am Reinbeker Weg wurden die Angebote verdoppelt: Um 14 und 15.30 Uhr beginnen die Krippenfeiern, um 17 und 18.30 Uhr die Gottesdienste. In St. Christophorus an der Riehlstraße ist für 15 Uhr eine Krippenfeier geplant, vorwiegend draußen. Die Gottesdienste beginnen um 21 und 22.30 Uhr.
Ebenfalls Mützen und dicke Schals sollten die Katholiken in Neuallermöhe anziehen, wo gleich drei Krippenfeiern (14, 15, 16 Uhr) im Freien geplant sind und dabei ein Video der Kita-Kinder gezeigt wird. Ein Gottesdienst folgt um 22 Uhr in der Edith-Stein-Kirche.
Zur Kommunion darf Mund-Nasen-Schutz gelüftet werden
Vorab müsse sich jeder Besucher im jeweiligen Kirchenbüro per E-Mail oder telefonisch anmelden. Dann werden die kostenlosen Tickets bestätigt: Der Absender der E-Mail lautet „Jesaja by Lesting Media“, der Betreff „Jesaja-Ticket“. Ein Ausdruck oder die Anzeige auf dem Smartphone sind vorzulegen. Mund-Nasen-Schutz ist Pflicht.
Bei der Kommunionausteilung soll es bleiben. Sie werde so angepasst, dass ein Hinzutreten in angemessenem Abstand möglich sei. Die Abstände würden markiert. „Nach dem Empfang treten die Gläubigen einen Schritt zur Seite, um ungestört die Mund-Nase-Bedeckung anheben und den Leib des Herrn empfangen zu können“, heißt es in der Anleitung.