Hamburg. Wie kam die Adressliste zu den „Querdenkern“? Mindestens eine Person aus dem engen Kreis der Schulleiter hat die Mail weitergeleitet.

Schon zu Beginn der Herbstferien kursierten an Bergedorfs Schulen anonyme Mails von Corona-Leugnern, die gegen die Maskenpflicht im Unterricht sind. Jetzt gab es sogar einen Aufruf, Pseudo-Masken zu tragen – also nur Netze, die nicht zweckdienlich sind. „Dazu hatte ich letzten Freitag eine Warnmeldung an alle Schulen herausgegeben, doch mindestens eine Person aus dem engen Kreis der Schulleiter hat meine Mail an die Aktivisten dieser ,Querdenker’ weitergeleitet“, sagt Peter Albrecht. Der Pressesprecher der Hamburger Schulbehörde ist entsetzt: „Die nutzen jetzt meinen Verteiler mit allen Hamburger Schulleitungen.“

Die Geschichte sei nicht ungefährlich: „Das ist ein massiver Verstoß gegen die Dienstvorschriften, wir werden jetzt rechtliche Schritte prüfen“, sagt Albrecht. Im Zweifel müsse er sämtliche Accounts sperren, die verantwortungslos missbraucht werden: „Da haben solche Inhalte ohne Unterrichtsbezug nichts zu suchen, weder politische noch private Belange.“

Corona-Leugner nutzen E-Mail-Verteiler der Schulbehörde

Das Thema erreichte am Montag auch Bergedorfs Bildungsausschuss, in dem Sven Kuvecke, der Vorsitzende des Kreiselternrates (KER), berichtete: „Die Situation ist sehr angespannt und anstrengend, zumal jetzt nicht nur die Elternräte, sondern auch Schüler von Corona-Leugnern instrumentalisiert werden. Da gab es bei zwei weiterführenden Schulen über Bergedorfer Schüler-Accounts von 14-Jährigen Verweise auf diesen ,Querdenker’ Dr. Bodo Schiffmann. Da waren sicherlich eher die Eltern im Hintergrund beteiligt“, vermutet der dreifache Vater, der von bewussten Provokationen wisse: „Ein Gymnasium musste zwei Hausverbote aussprechen, weil die Schüler ohne Masken kamen. Deren Mütter standen noch abwartend vor dem Schultor.“

Lesen Sie auch:

Die Nerven liegen also blank, wenn es um die Einhaltung der Schutzverordnung geht. Natürlich könne man verschiedener Meinung sein, aber „ich bitte die Politik, darauf einzuwirken, dass dieser Kulturkampf nicht in den Schulen ausgetragen wird. Es ist eine grauenhafte Zumutung, dass schon Sechstklässler verunsichert werden, wenn sie sich an die Regeln halten“, sagte der KER-Vorsitzende.

Corona-Leugner: CDU will den Verfassungsschutz einschalten

Viele Chats unter Eltern würden eine große Unsicherheit bezeugen, nicht zuletzt Unmut. „Was können wir tun?“, fragte Ausschuss-Vorsitzende Frauke Rüssau (Die Grünen) besorgt. „Schulleitungen und der Jugendbeauftragte der Polizei sollten sich zusammensetzen“, schlug TSG-Vertreterin Elsbeth Elsner vor.

Lars Dietrich von der CDU mag noch einen Schritt weitergehen: „Zwar kennen wir das schon seit 30 Jahren, dass politische Strömungen an Schulen agitieren wollen. Aber hier müssen Schulbehörde und das Amt für Verfassungsschutz informiert werden. Es geht nicht nur um andere Meinungen, diese Leute könnten Schlimmes vorhaben.“