Hamburg. Die Stadt soll 7,8 Millionen Euro bezahlt haben, um dort Flüchtlinge unterzubringen – jetzt braucht die Gebäude keiner.

Das Gelände wirkt trostlos und vernachlässigt. Kurz vor der Landesgrenze zu Schleswig-Holstein, am Ende eines von einem Kraftwerk dominierten Gewerbegebiets in Lohbrügge, liegt das ehemalige DIMA-Sportcenter. Russlands heutiger Präsident Wladimir Putin soll hier einst sein Tennisspiel verbessert haben.

Doch wer jetzt durch die Scheiben in die dunkle Halle schaut, kann die glorreiche Geschichte nur noch erahnen. Der Kunstrasen gammelt vor sich hin. Auf den Parkplätzen vor der mächtigen Tennishalle wuchert das Unkraut. Die Türen sind verschlossen.

7,8 Millionen Euro ist der Stadt Hamburg dieses Grundstück samt den vor sich rottenden Gebäuden wert. Für diesen Preis jedenfalls soll die Finanzbehörde am 4. März 2016 die Immobilie gekauft haben, um dort bis zu 700 Flüchtlinge unterzubringen.

Davon ist jedoch längst keine Rede mehr. „Eine Unterkunft an diesem Standort ist nicht geplant, da der Standort dafür unter baulichen Aspekten nicht geeignet ist“, sagt Christiane Kuhrt, Sprecherin des Flüchtlingskoordinators. Unklar ist, was mit der Immobilie passieren soll. „Es gibt noch keine Planungen“, sagt der Sprecher der Finanzbehörde, Daniel Stricker.

Ursprünglich wollte der Besitzer die Gebäude für 75.000 Euro im Monat vermieten

Dem Abendblatt liegen Unterlagen vor, die Fragen darüber aufwerfen, wie Beamte der Finanzbehörde und Mitarbeiter der Sprinkenhof GmbH mit dem Geld der Steuerzahler in diesem Fall umgegangen sind und wie professionell die Verhandlungen vonseiten der Stadt geführt wurden.

Ursprünglich wollte der Besitzer die Gebäude für monatlich 75.000 Euro vermieten. Frühzeitig signalisierten die Vertreter der Stadt jedoch ein Kaufinteresse. Ende Oktober 2015 wurde eine Absichtserklärung übermittelt, die Immobilie für neun Millionen Euro zu erwerben. Wenig später wollte die Stadt nur noch fünf Millionen Euro zahlen, weil ein Gutachten aus einem Zwangsversteigerungsverfahren den Wert auf 3,6 Millionen Euro taxierte.

Wie aus den Unterlagen weiter hervorgeht, ließ die Stadt mindestens einen vereinbarten Notartermin verstreichen. Später wurde wieder über eine Anmietung gesprochen – offenbar auch, um zwischenzeitlich entstandene Schadenersatzansprüche des Besitzers zu vermeiden. Unklar ist, warum die Stadt Anfang März 2016 Gebäude und Grundstück für 7,8 Millionen Euro erwarb, zumal ein Vertragsentwurf vom 13. Januar 2016 einen Kaufpreis von lediglich 6,5 Millionen Euro vorsah.

Hat die Stadt sich erpressbar gemacht?

Nach den Worten von CDU-Fraktionsvize Karin Prien sei es unglaublich, mit welcher Leichtigkeit Verantwortliche der Stadt eine Zusage abgaben, das Grundstück zu kaufen. „Jeder Jurist weiß, dass sich dadurch Schadenersatzansprüche in Millionenhöhe ergeben konnten.“ Es sei zu fragen, ob die Stadt sich durch eigenes Verschulden erpressbar gemacht habe.

„Unverständlich ist außerdem, dass Anfang März, als die Flüchtlingszahlen schon seit Wochen zurückgingen, für ein ungeeignetes Objekt so viel Steuergeld ausgegeben wurde“, sagt Prien und fordert: Die Führung der Finanz- und der Innenbehörde müssten die politische Verantwortung übernehmen. Der CDU-Innenpolitiker Dennis Gladiator sagt: „Der Senat hat wieder einmal im Panikmodus gehandelt und dabei die Bürger und Lokalpolitik ignoriert. Der Kauf war und ist unsinnig, das Geld fehlt nun an anderer Stelle.“