Bergedorf. An die Wohnungstür eines ehrenamlichen Flüchtlingshelfers in Bergedorf-West haben unbekannte Hakenkreuze und wüste Beschimpfungen geklebt. Am Sonnabend will die NPD vor dem Containerdorf auf dem P&R-Platz demonstrieren.

Er will Menschen helfen, die vor Krieg, Gewalt und Verfolgung geflohen sind. Jetzt ist Reza Oghbaei (31) selbst zum Ziel von Fremdenfeinden geworden. Unbekannte Täter haben dem Gründer der Bürgerinitiative „Asylbewerberunterkunft Bergedorf-West“ Zettel mit Hakenkreuzen und der Aufschrift „Negerfreund“ sowie „Judensau“ an die Haustür geklebt.

Der Schock sitzt tief. Doch noch mehr beunruhigt ihn die wachsende Feindlichkeit gegen Flüchtlinge, die von Rechtsextremisten geschürt wird.

NPD-Demo vor neuem Flüchtlingsdorf

Wie die Hamburger Polizei bestätigt, ist für Samstag um 13 Uhr eine Demonstration vor dem gerade entstehenden Flüchtlingsdorf auf dem P&R-Parkplatz in Bergedorf-West angemeldet. Das Motto der Kundgebung lautet: „Multikulti ist asozial: Wehrt Euch gegen Asylbetrug“.

Nach Informationen unserer Zeitung ist der ehemalige NPD-Landeschef Thomas Wulff ein Anmelder. Nachdem er sich gegen eine „Entnazifizierung“ der Hamburger NPD gewandt hatte, war der bei gewaltbereiten Kameradschaften beliebte „Steiner“ aus der Partei geworfen worden.

Noch keine Gegendemonstrationen angemeldet

Die Polizei legt offiziell Gelassenheit an den Tag: „Wir rechnen mit zehn Teilnehmern auf Seiten der NDP. Eine Gegendemonstration ist uns nicht gemeldet worden“, sagt Sprecherin Ulrike Sweden.

Der Hamburger Verfassungsschutz sieht die Demonstration als ersten Höhepunkt des rechtsextremen Wahlkampfs in Hamburg. „Die NPD hofft, unzufriedene Bürger insbesondere aus dem Wohnumfeld zu gewinnen“, sagt Sprecher Marco Haase. Eine Verbindung der Hamburger NPD zur neuen rechtspopulistischen Bewegung Pegida („Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes“), die vor allem in Dresden fremdenfeindliche Demos organisiert, „sieht der Verfassungsschutz derzeit nicht“, so Haase. Hamburgs NPD sei eher ein „trauriger Haufen, der trotzdem viel Unheil anrichten kann“.

Wie das geht, beschreibt Extremismus-Forscher Alexander Häusler mit Blick auf die Dresdner Montags-Demos von Pegida: Unter den zuletzt 10.000 Teilnehmern gebe es „eine merkwürdige Mischung aus empörten Wutbürgern und Rechtsaußen-Aktivisten“.

In Bergedorf formiert sich Widerstand

Von der Kirche Bergedorfer Marschen über die Vereine „Bergedorfer für Völkerverständigung“ und „Umfairteilen“ bis zur Antifa formiert sich Wiederstand. Sie rufen auf, den Nazis „ihren Auftritt zu vermiesen“.

Auch Reza Oghbaei zeigt Flagge. Er selbst ist vor 29 Jahren als Flüchtling aus dem Iran nach Deutschland gekommen. Und weil man ihm und seiner Familie damals so viel Unterstützung entgegengebracht hat, will er nun auch helfen. „Das ist meinem Respekt und meiner Dankbarkeit Deutschland gegenüber geschuldet“, betont er.

Initiative zählt schon 300 Unterstützer

Aus diesem Grund hat Oghbaei vor drei Wochen eine Bürgerinitiative für die gerade entstehende Flüchtlingsunterkunft in Bergedorf-West gegründet, in deren Nähe er selbst wohnt. Er will Kleider- und Geldspenden sammeln sowie Basis-Deutschkurse für die Flüchtlinge anbieten. Die Ersten sollen vom 22. Dezember an in die Container auf dem ehemaligen P&R-Parkplatz am Friedrich-Frank-Bogen einziehen.

Bei Facebook hat der studierte Islamwissenschaftler dafür eine Gruppe mit dem Namen „Asylbewerberunterkunft Bergedorf-West“ gegründet. Schon jetzt zählt sie mehr als 300 Unterstützer, „und es werden täglich mehr“, sagt Oghbaei.

Breite Entrüstung wegen Anfeindungen

Bei Facebook hat Oghbaei auch die Fotos von seiner am Sonntag mit Hakenkreuzen und Beschimpfungen wie „Negerfreund“ und „Judensau“ verunstalteten Haustür gepostet. Ein Sturm der Entrüstung folgte darauf. So schreibt ein Facebook-User: „Sowas will ich auch an meiner Tür. Es ist der ultimative Beweis, dass man alles richtig macht!“. Von einem anderen heißt es: „Wir sind mehr. Jetzt erst recht.“

Mehr über die Bürgerinitiative und deren Kleidersammlung für Flüchtlinge, lesen Sie in der Printausgabe der Bergedorfer Zeitung/Lauenburgische Landeszeitung von Freitag, 12. Dezember E-Paper / Abo.