Bergedorf. Seit dem Brand Mitte August an der Holtenklinker Straße 108 reißen die Beschwerden der Bewohner nicht ab. Viele Mieter fühlen sich vom Eigentümer und Hausverwaltung schlecht behandelt. Ob Brandschutz, Wasserversorgung oder behindertengerechte Ausstattung - die Mängelliste ist lang.

„Mach’ dir nicht so viele Gedanken.“ Heidemarie Weber (68) streicht ihrem Mann Klaus (71) über die Schulter. Doch der kann sich nur schwer beruhigen. Der lungenkranke Mann, 24 Stunden an ein mobiles Beatmungsgerät angeschlossen, fühlt sich allein gelassen, nicht ernst genommen. „Von wegen betreutes Wohnen. Das ist ein schlechter Witz. Hätte ich die Wahl, ich würde hier sofort wieder ausziehen. “

Damit ist der Schwerbehinderte nicht allein. Nicht wenige Mieter des Mehrgenerationenhauses Holtenklinker Straße/Ecke Brookdamm fühlen sich von der zuständigen Hausverwaltung Keye und den Vermietern schlecht behandelt. „Bis vor ein paar Tagen standen hier der gesamte Keller und die Tiefgarage unter Wasser, weil Rohre geplatzt waren. Die haben hier doch nur gepfuscht beim Bau“, schimpft Weber. Die Tiefgarage sei der blanke Hohn. „Versuchen Sie dort mal, auf eine Parkfläche zu fahren und auszusteigen. Da haben Sie nur wenige Zentimeter Platz. Und hier wohnen doch nur Behinderte, die sowieso schon Probleme mit der Bewegung haben.“

Selbst die Wasserversorgung im Mehrgenerationenhaus verstößt gegen geltendes Recht. Der Vermieter muss verbrauchsabhängig abrechnen. Momentan gibt es aber nur eine zentrale Wasseruhr, da sämtliche Wohnungswasserzähler falsch installiert wurden. Das bestätigt die Sprecherin von Hamburg Wasser, Isabelle Lork. „Wir haben den Vermieter aufgefordert, die Mängel schleunigst zu beheben.“

Seit dem Brand Mitte August an der Holtenklinker Straße 108 reißen die Beschwerden der Bewohner nicht ab. Nach Berichten unserer Zeitung besichtigte der Chef der Bergedorfer Berufsfeuerwehr, Ernst Redwanz, das Objekt im Oktober, stellte schwerwiegende Brandschutzmängel fest. Das Bezirksamt schritt ein, und auch die Wohnungsbaukreditanstalt (WK), die das sogenannte Servicewohnprojekt mit etlichen Tausend Euro förderte, prüfte rechtliche Schritte.

Allerdings bringen die Informationen seitens der Behörden nur wenig Licht ins Dunkel. Heißt es beim Bezirksamt, wegen der Genehmigung des Gebäudes im sogenannten vereinfachten Prüfverfahren habe man nur begrenzte Handlungsmöglichkeiten, der Vermieter sei verantwortlich, gibt Meike Kirchner, Sprecherin der Wohnungsbaukreditanstalt immerhin zu: „Wir haben einen Fehler gemacht.“ Durch einen Experten sei die Förderungswürdigkeit des Objektes geprüft worden. Weshalb dem Experten nicht auffiel, dass sich Rollstuhlfahrer in dem angeblich barrierefreien Bau nicht bewegen können, da es im gesamten Gebäude nur eine automatisch öffnende Tür gibt, konnte WK-Sprecherin Meike Kirchner nicht beantworten. „Wir haben dem Vermieter eine Liste mit Nachbesserungsforderungen geschickt. Nun müssen wir sehen, was er leisten kann und was nicht.“

Auch ob und wann die Anstalt öffentlichen Rechts die aus Steuergeldern finanzierten Fördermittel für den Pfuschbau zurückfordert, ist unklar. „Wir müssen dem Vermieter natürlich ein wenig Zeit geben, um nachzubessern. Die Rückforderung der Gelder ist das allerletzte Mittel“, sagt Kirchner.

Aufseiten der Vermieter ist man sich indessen keiner Schuld bewusst. Der Sprecher des Vermieterpaares Monika und Stefan Thamer, Klaus Krüger, sagt: „Unser Architekturbüro und die bauausführende Firma haben nach den geltenden baurechtlichen Bestimmungen gebaut. Berufsfeuerwehr und Wohnungsbaukreditanstalt haben das Gebäude nach Fertigstellung besichtigt und keine Mängel festgestellt.“ Nun würde auf eigene Kosten nachgebessert, wozu man rechtlich allerdings nicht verpflichtet sei. Seit Feststellung der Brandschutzmängel im vergangenen Oktober ist an der Holtenklinker Straße jedoch nichts passiert. Auch Krüger kann nicht sagen, wann die Nachbesserungsarbeiten beginnen. Nur dass das bald geschehe, verspricht er.

Die Hausverwaltung Keye nährt indessen den Zorn der Mieter weiter. Neben anderen Dingen hatten die Mieter auf einer Hausversammlung im November den Einbau eines Schlosses in die zentrale Kellertür gefordert. Schließlich trieb offensichtlich ein Brandstifter sein Unwesen. Der Brand im August mit zehn Verletzten ging auf sein Konto. Im Keller lagert Brennbares. Das Schloss wurde eingebaut. Doch auf Nachfrage der Mieter nach Schlüsseln hieß es seitens der Hausverwaltung nur, von Schlüsseln sei nie die Rede gewesen. „Das ist doch die blanke Verhöhnung“, schimpft Heidemarie Weber. Die Kellertür, nun mit Schloss aber ohne Schlüssel, lässt sich noch immer nicht abschließen. Bei der Hausverwaltung Keye war bisher niemand zu einer Stellungnahme bereit.

Der Bergedorfer Rechtsanwalt Erik Cohausz rät den Mietern, sich zivilrechtlich zu wehren: „Das geht ungleich schneller als der verwaltungsrechtliche Vorgang.“