Hamburg. Noch sind die Dachdecker dabei, den Mühlenkopf neu einzudecken. Aber bald können Besucher einen Blick in das alte Gebäude werfen.
Nachdenklich schaut sich Mühleneigner Martin Villinger den frisch restaurierten Mühlenturm an. Mit Freude blickt der 66-Jährige auf das nahende Ende der Restaurierung der alten Mühle am Altengammer Elbdeich: „Langsam ist es auch genug. Allein für die Arbeiten rund um die Haube habe ich etwa 120.000 Euro gezahlt. Und die Behörden machen mir die Sanierung auch nicht immer leicht.“ Seit 2011 revitalisiert er überwiegend in Eigenarbeit die denkmalgeschützte Altengammer Mühle von 1876.
Der Mühlenturm wurde vom Team des Dachdeckermeisters Hans-Joachim Bathel saniert: „Wir haben uns vor 23 Jahren auf Reetdächer spezialisiert und sind mit drei Mann hier vor Ort. Beim Turm haben wir Lage für Lage nachgebunden und teils mit Reet ausgebessert. Das ist noch an den hellen Streifen im Reetdach zu erkennen, das gleicht sich aber schnell farblich an“, sagt der 65-Jährige. Etwa 500 Quadratmeter mit einer Stärke von 25 Zentimetern haben er und seine beiden Mitarbeiter in drei Wochen repariert.
Altengammer Mühle: Restaurierung bald abgeschlossen
„Der ganze Turm war eingerüstet, zuerst haben wir die Galerie gebaut, dann das Reet ausgebessert“, erklärt Martin Villinger. Das Reet für den Turm und den alten Mühlenkopf bezieht Bathel aus China. Warum nicht aus Deutschland? „Auf dem Darß und auf Rügen gibt es gute Ware. Aber das Reet verbleibt in der Region und wird dort verarbeitet. Hinzu kommt, dass diese Flächen, wie beispielsweise auf Fehmarn, immer häufiger Naturschutzgebiete werden“, erklärt Bathel.
Also bezog er vor Jahren Reet aus Polen und Ungarn, aufgrund der Fachkräfteabwanderung in diesen Ländern ließ die Qualität jedoch stark nach. Das Reet aus China sei härter und somit erheblich besser. „Die Preise sind in den vergangenen Jahren um fast das Doppelte gestiegen, insbesondere durch den aufwendigen Transport in Containern. Drei Händler in Holland steuern den gesamten Reetmarkt, inzwischen wird auf Stahlschiffen transportiert. Das heißt, die Schiffe werden mit zehn Zentimeter weniger Stahl beladen, dafür etwa acht Meter Reet transportiert“, erläutert Bathel. Gibt es mal eine Ladung mit besonders guter Ware, so kauft er schon mal den Vorrat für 18 Monate auf, das Reet lagert er dann in Scheunen.
Haube soll möglichst noch vor dem Winter wieder auf den Turm
Der zu deckende Mühlenkopf hat eine Fläche von etwa 50 Quadratmetern, bei einer Stärke von 35 Zentimetern brauchen die Reetdachdecker elf bis zwölf Bunde pro Quadratmeter. „Zu dritt arbeiten wir etwa eine Woche hier, das hält dann aber auch für die nächsten 40 Jahre“, berichtet Bathel. Zuerst werden die Bunde auf das Dach gelegt, dann mittels Öse und Haken sowie einer Spindel mit VA-Bindedraht (Edelstahldraht) befestigt und verknotet, anschließend mit einer Kelle in Form geklopft, sodass der Regen kaskadenförmig am Dach außen herunterläuft und keine Feuchtigkeit in das Innere eindringen kann.
Martin Villinger ist froh, wenn er ein günstiges Angebot eines Kranfahrers bekommt, um die Haube noch vor dem Winter wieder auf den Turm zu setzen. Die maroden und zu ersetzenden Holzteile am Mühlenkopf hat er selber ausgewechselt: „Teils mit Unterstützung eines Zimmermanns, aber das meiste habe ich allein gemacht. Die Eichenhölzer lassen sich schwierig bearbeiten und sind auch verdammt schwer. Ich bin froh, dass die Zeit vorbei ist.“ Die Turmwohnung ist noch zu Ende auszubauen, die Haube auf den Turm zu setzen und dann bleibt abzuwarten, wie die Entscheidung mit der zu versetzenden alten Kate nebenan von der Behörde ausfällt.
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Wer einen Blick auf die denkmalgeschützte und nun fast festig restaurierte Altengammer Mühle sowie ins Innere werfen möchte, kann dies am Tag des offenen Denkmals tun: Am Sonntag, 10. September, ab 12 Uhr bis gegen 18 Uhr gibt es am Altengammer Elbdeich 4 selbst gebackene Torten und Kuchen sowie Kaffee.