Hamburg. Deutsche Umwelthilfe stellt bei Messungen auffällige Emissionen bei Ölförderung in Allermöhe fest. Aber die Behörden reagieren nicht.
Der Bergedorfer Bürgerschaftsabgeordnete Stephan Jersch (Die Linke) hat sich in einer Schriftlichen Kleinen Anfrage nach einem „Methanleck am Allermöher Deich“erkundigt. Jersch beruft sich auf einen Artikel der „Zeit Online“, in dem von signifikanten Methanlecks bei einer Entwässerungsanlage für das in Allermöhe und Reitbrook geförderte Erdöl am Allermöher Deich die Rede ist. Methan, energiereicher Hauptbestandteil von Erdgas, entweicht in die Atmosphäre und ist ein Treibhausgas, das als Klimakiller entscheidend zur globalen Erderwärmung beiträgt. Der Politiker will nun vom Senat wissen, wie mit dem Umweltproblem bei der Ölförderung in Allermöhe umgegangen wird.
Ölförderung in Allermöhe „größter Methaneinzelemittent in ganz Hamburg“
Zur Feststellung von Methanlecks an der Ölentwässerungsanlage sei es nach allgemeinen Messungen in Hamburg, unter anderem durch den Verein Deutsche Umwelthilfe, gekommen, berichtet Jersch, der sich auf den Zeitungsartikel bezieht, in seiner Anfrage. Demnach handele es sich um den größten Methaneinzelemittenten in ganz Hamburg. Dies hätten laut Jersch Forschende aus München und Utrecht berichtet, die ebenfalls mit Messwagen Methanemissionen festgestellt haben.
„Insgesamt wurden in Hamburg 440 Tonnen Methanemissionen aus menschengemachten Quellen von den Forschenden gemessen“, schreibt Jersch. Der Betrieb am Allermöher Deich habe „trotz Behördenaufforderung keine sofortigen Maßnahmen gegen das Methanleck ergriffen“, teilt Jersch, bezugnehmend auf die „Zeit“, mit. Grenzwerte würde es für Methanausstöße nicht geben.
Jersch wollte unter anderem wissen, ob Hamburger Behörden vom niedersächsischen Landesamt für Bergbau, Energie und Geologie (LBEG), der zuständigen Aufsichtsbehörde, über das Methanleck informiert worden seien. Dies sei nicht der Fall gewesen, heißt es in der nun vorliegenden Antwort der Senatskanzlei. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) habe sich direkt an das LBEG gewandt. „Seitens LBEG wurde das Schreiben der DUH wie eine Beschwerde bearbeitet“, teilt der Senat mit. Gleichzeitig sei auch die Umweltbehörde von der Deutschen Umwelthilfe informiert worden, nicht aber von der zuständigen Aufsichtsbehörde.
Senat streitet Austritt von Methan ab
In der Senatsantwort wird ein Austritt von Methan in Allermöhe abgestritten: „Bei dem in dem Artikel beschriebenen Einzelfall konnte keine Leckage bestätigt werden.“ Gespräche zwischen der Stadt und Neptune Energy über eine unverzügliche Beseitigung der Methanleckage habe es dementsprechend nicht gegeben.
Auch auf Nachfrage unserer Zeitung bei Neptune Energy heißt es, dass sich „keinerlei Auffälligkeiten“ gezeigt hätten, teilt Sprecherin Sandra Finger mit. Die zuständige Aufsichtsbehörde (LBEG) habe das Unternehmen Ende 2022 auf mögliche Methanleckagen an einer der Anlagen in Allermöhe aufmerksam gemacht. Daraufhin sei im Januar „eine spezielle Untersuchung durch eine zertifizierte Fachfirma“ (TP Europe, die Red.) durchgeführt worden.
Neptune Energy: „Negative Auswirkungen auf Mensch und Umwelt vermeiden“
Sandra Finger betont: „Es ist oberste betriebliche Priorität von Neptune Energy, die Anlagensicherheit zu gewährleisten. Dabei gilt es immer, negative Auswirkungen auf Mensch und Umwelt zu vermeiden.“ Um unkontrollierte Methanaustritte zu verhindern, werde unter anderem mit einer durchgehenden Drucküberwachung und Erdgas-Sensorik gearbeitet. „Sollten diese Mechanismen einmal greifen, werden die Anlage beziehungsweise die Anlagenkomponenten automatisch in einen sicheren Zustand gebracht“, teilt Sandra Finger mit.
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Ob es richtig sei, „dass Leckagen, die hochgradig klimaschädliche Stoffe freisetzen, für die es keine Schwellenwerte gibt, nicht instandgesetzt werden müssen?“, wollte Jersch wissen. Antwort des Senats: „Bei Emissionen als Teil des genehmigten Arbeitsprozesses wird Methan nicht im Speziellen erfasst, so dass dafür auch keine gesetzlich geregelten Schwellenwerte existieren. Sofern eine Leckage festgestellt wird, wird der Verursacher regelhaft aufgefordert, diese zu beseitigen.“
Treibhausgase wie Methan werden nicht erfasst
Methan sei Hauptbestandteil des Erdgases und des Erdölgases und wesentliche Ursache für die Festlegung von explosionsgefährdeten Bereichen, heißt es weiter in der Senatsantwort. „Aus diesem Grund gibt es bereits aus Gründen des Arbeitsschutzes Maßnahmen und Vorkehrungen in geschlossenen Systemen (Absaugeinrichtungen) zur Verhinderung gefährlicher Methankonzentrationen.“
Das Statistische Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein erfasse „ausschließlich energiebedingte CO2-Emissionen“, antwortet der Senat auf eine weitere Frage von Jersch. „Weitere Treibhausgase wie Methan werden dort nicht erfasst.“ Der Senat beabsichtige inzwischen allerdings „auch die Reduktion der übrigen Treibhausgasemissionen – wie zum Beispiel Methan – und wird prüfen, wie Hamburg zu dieser Reduktion beitragen kann“.
Widerspruch der Messergebnisse soll aufgeklärt werden
Die Deutsche Umwelthilfe, die Jersch als „kompetenten Partner bei Umweltfragen“ erlebt habe, stehe weiterhin zu ihren Messergebnissen, berichtet der Abgeordnete. „Für mich ist der Vorgang offen“, sagt Jersch. Der Widerspruch der unterschiedlichen Messergebnisse müsse nun schnellstmöglich aufgeklärt werden. Jersch: „Dazu müssen die Messergebnisse der Deutschen Umwelthilfe und der Firma TP Europe überprüft werden.“ Auch wenn Methanaustritte nicht meldepflichtig seien, sollte dieses klimaschädliche Gas „nicht einfach in die Luft gepustet werden, wenn es denn verhindert werden kann“.
Jersch betont, dass die Stadt ein „Instrumentarium vorhalten“ müsse, um Methanlecks selbst detektieren zu können. Zumal der städtische Betrieb Gasnetz Hamburg neuerdings über Methan-Spürautos verfügt, um genau solche Austritte ausfindig machen zu können. Diese Fahrzeuge sollen laut Senatsantwort allerdings ausschließlich zur Kontrolle des Gasverteilnetzes eingesetzt werden. „Was spricht dagegen, dass die Umweltbehörde in Allermöhe so ein Fahrzeug einsetzt?“, fragt Jersch.