Hamburg. Sperrungen gelten für den gesamten Verkehr, schwere Lkw müssen die Brücke sogar komplett umfahren. Autobahn GmbH empfiehlt Homeoffice.
Nur wenige Stunden nach dem spektakulären Brückeneinsturz in Dresden ist die Hamburger Norderelbbrücke auf der Autobahn A1 für den Schwerlastverkehr gesperrt worden. Jeder Laster über 40 Tonnen muss sich jetzt über die Elbbrücken durch die Stadt oder über die B404 bei Geesthacht quälen. Es geht um immerhin bis zu 20 übergroße Lkw täglich.
Gleichzeitig wurde am Donnerstag zunächst eine der drei Spuren in Richtungen Norden für weitergehende Untersuchungen dichtgemacht. In der Nacht zum Freitag folgte dann auch die Sperrung einer weiteren Spur in Richtung Süden, sodass auf der Norderelbbrücke in beide Richtungen nun nur noch jeweils eine Spur frei bleibt. Die Sperrung jenes zweiten Überholfahrstreifens soll bis voraussichtlich 15 Uhr bestehen bleiben.
Schon am Freitagmorgen kam es dadurch zu stockendem Verkehr und Rückstaus bis Billstedt in Richtung Süden sowie in Richtung Norden bis Harburg. „Das wird sich im Tagesverlauf voraussichtlich auch noch bis zum Maschener Kreuz auswirken“, sagte ein Sprecher der Verkehrsleitzentrale dem Abendblatt am frühen Freitagmorgen. Ein Verkehrschaos zum Start ins Wochenende ist auch durch die langwierige Sperrung der A7 und des Elbtunnels nach einem Lkw-Unfall in der Nacht damit wahrscheinlich.
Norderelbbrücke: Nur eine Spur auf A1 Richtung Süden – Autobahn GmbH empfiehlt Homeoffice
„Für die weitergehende Prüfung ist es notwendig, auch den zweiten Überholfahrstreifen Richtung Bremen ab 4.30 Uhr bis voraussichtlich 15 Uhr zu sperren“, hieß es zur Norderelbbrücke in einer Mitteilung der Autobahn GmbH von Donnerstagnachmittag. Aufgrund der laufenden Baumaßnahme Höhe Moorfleet Fahrtrichtung Bremen bedeute das, dass auf der A1 in der genannten Zeit nur einer von drei Fahrstreifen angeboten werden könne.
„Es ist daher mit erheblichen Staulagen zu rechnen“, hieß es. Pendler sollten möglichst im Homeoffice arbeiten. Ein Ausweichen auf das Hamburger Stadtgebiet sei wegen zahlreicher anderer Baustellen und einer bereits hohen Verkehrsbelastung nicht zu empfehlen.
Grund der Sperrung sind Schäden am Tragwerk der Brücke. Die hatte die Autobahn GmbH schon bei einer Überprüfung im Juli festgestellt. Sie hat jetzt reagiert, Experten erscheint das Risiko offenbar als zu groß. Die Folge der gesperrten Spur: Der Verkehr auf der A1 staute sich Richtung Norden am Donnerstag bis zu rund zwölf Kilometer fast bis zum Maschener Kreuz.
Nach Dresden: Norderelbbrücke für schwere Laster gesperrt
Die Infrastruktur in Deutschland ist vielerorts marode. Gleise und Signaltechnik bei der Bahn, Brücken und Straßen – über Jahre hat die Politik Investitionen und Unterhalt schleifen lassen. Parallel nahm der Autoverkehr zu, und die Laster wurden zunehmend schwerer. Viele Brücken und Straßen aus den 1960er- oder -70er-Jahren sind nicht für die Belastung von heute gebaut worden. Die Folge: Es kommt zu Staus, teils jahrelangen Sperrungen und Umleitungen. Der Sanierungs-, Ausbau-, Neubau- und Nachholbedarf in Deutschland ist gigantisch.
Und so treibt die Deges, also die „Deutsche Einheit Fernstraßenplanungs- und -bau GmbH“, unter anderem den Bau von zwei neuen Autobahnbrücken in Hamburg voran. Die Süder- und die Norderelbbrücke sind marode – und sollen in den nächsten Jahren bei laufendem Verkehr erneuert werden. Dabei müssen Anwohner und Unternehmer mitspielen – und der Deges Häuser, Gewerbebetriebe und Industrieflächen verkaufen. Noch laufen die ersten Verhandlungen. Parallel treibt die Deges die Planungen und vorbereitenden Arbeiten für den Bau der zwei neuen Elbbrücken voran.
Neue Brücken zu bauen dauert rund sieben Jahre
Das staatliche Unternehmen rechnet mit einer Bauzeit von rund sieben Jahren. Das Problem: Die Planfeststellungsbeschlüsse seitens der Stadt „für den Neubau der großen Elbquerungen und des Autobahndreiecks Norderelbe“ seien erst für „Mitte des Jahres 2026 geplant“, informierte das Bundesverkehrsministerium den Hamburger CDU-Bundestagsabgeordneten Christoph Ploß. Und solange die Planung nicht rechtsverbindlich steht, dürfte der Bund die Finanzierung kaum zusagen.
Das geht Ploß, Obmann der CDU/CSU-Fraktion im Verkehrsausschuss des Bundestages, nicht schnell genug: „Mit Verkehrseinschränkungen auf der A1 droht vor allem dem Hamburger Osten ein Verkehrsinfarkt. Angesichts der enormen Bedeutung der Norderelbbrücke für den Verkehr in und um Hamburg ist die Trödelei des rot-grünen Senats bei der Planung der Ersatzbauten ein sehr großes Problem“, sagt der CDU-Politiker. „Wenn die Ampelkoalition nicht endlich mehr in die Infrastruktur statt in das leistungsfeindliche Bürgergeld investiert, wird es noch mehr Staus in der Hamburger Metropolregion geben. Deutschland wird mit dieser Ampelpolitik als Logistik- und Wirtschaftsstandort weiter zurückfallen!“
CSU stellte zwölf Jahre in Folge die Bundesverkehrsminister
Was Ploß nicht sagt, ist, wer vor der „Ampel“ und dem amtierenden Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) die Verantwortung für Autobahnen, Bundesstraßen und Bahnverkehr hatte: Von 2009 bis 2021 stellte mit der CSU die Schwester-Partei von Ploß‘ CDU durchgehend die Bundesverkehrsminister. Die hießen Ramsauer, Dobrindt, Schmidt und Scheuer. Ausbaden müssen die Versäumnisse der vergangenen Jahre jetzt andere. So befürchtet der Hamburger Senat in den kommenden Jahren angesichts der maroden Elbbrücken massive Staus und Störungen im Wirtschaftsverkehr – mit Folgen auch für den Containerabtransport aus dem Hafen. Die Rede ist von einem drohenden Verkehrsinfarkt.
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Schon im Juli hatte sich die Autobahn GmbH besorgt über die Norderelbbrücke gezeigt. „Diese Brücke trägt mittlerweile Lasten, für die sie nie gedacht war“, sagte der Sprecher der Autobahn GmbH Nord, Christian Merl, dem Abendblatt. Die Verkehrsmengen hätten enorm zugenommen. Statt wie ursprünglich vierspurig führten nun sechs Spuren über die Brücke und in manchen Nächten gingen mehr als 20 Schwertransporte darüber.
136.000 Fahrzeuge täglich unterwegs
136.000 Autos und Lkw belasten die A1 im Bereich der Norderelbbrücke täglich. Jedes fünfte Fahrzeug ist ein Lastwagen. Damit zählt der Autobahnabschnitt zu den meistbefahrenen Straßen in Deutschland. Für 2030 wird sogar mit bis zu 160.000 Kfz täglich und einem Schwerverkehrsanteil bis zu 27 Prozent gerechnet.
Brücken wie die über die Norderelbe müssen alle sechs Jahre einer Hauptuntersuchung unterzogen werden, einer Art Brücken-TÜV. Alle drei Jahre gibt es eine einfache Prüfung. Dabei werden neue Schäden mit den zuletzt aufgenommenen abgeglichen und festgestellt, ob Sanierungen anstehen oder gar Sperrungen nötig sind. Für die Süder- und die Norderelbbrücke steht fest: Sanierungen reichen nicht mehr aus, sie müssen erneuert werden.